Kult! 2/2011 (Nr. 4) April 2011

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Ein Amerikaner in der DDR

Leben und Wirken des Sängers und Schauspielers Dean Reed

Der amerikanische Sänger, Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Dean Reed (geboren am 22.9.1938 in Denver) war ein echter Superstar. Allerdings nicht in seiner Heimat Colorado, sondern in der DDR. Reed besaß Talent und verfügte über eine charismatische Ausstrahlung, die auch im Rest der Welt zum Star hätte reichen können. Doch er war bekennender Marxist, Aushängeschild des anderen Amerika. "Der rote Elvis" wird er in einem Buch und in einem Dokumentarfilm über ihn genannt, für die "New York Times" war er der "Johnny Cash des Kommunismus". Den DDR-Oberen, die Dean Reed hofierten, hätte nichts Besseres passieren können: ein vermeintlicher Weltstar und dennoch ein Kämpfer für die Sache. Doch die Geschichte endete tragisch, mit dem Suizid des Künstlers. Bereits 2004 sicherten sich Tom Hanks und DreamWorks die Filmrechte an seiner Biogafie.

Den ersten Zeitungsartikel über Dean Reed konnte man 1956 in der amerikanischen "Newsweek" lesen. Hier ging es jedoch nicht um den späteren Sänger und Schauspieler. Der gerade 18-Jährige machte aus einem anderen Grund von sich reden: Er wettete, bei einem 110-Meilen-Lauf schneller als ein Maultier zu sein. Ein spaßiger Wettkampf, den Reed nach 22 Stunden knapp gewonnen hatte. Im selben Jahr begann er ein Studium der Meteorologie an der University Of Colorado in Boulder. Die Uni ist stolz auf ihre prominenten Schüler, im Foyer sind heute Fotos und biografische Notizen an die Wände gepinnt. Reed hängt genau zwischen Robert Redford und Matt Stone, dem Co-Creator der "South Park"-Serie. Dabei war Reed keine zwei Jahre Student, und er hatte gute Gründe, die Uni zügig wieder zu verlassen. Denn Dean Reed, der als Zwölfjähriger eine Gitarre geschenkt bekam und mit 16 seinen ersten eigenen Song schrieb, mauserte sich zu einem veritablen Musiker, auf den schließlich das Capitol-Label in Los Angeles aufmerksam wurde. Der Legende nach nahm der junge Sänger einen Anhalter mit, der ihn schließlich an die Plattenfirma vermittelte. Zwischen 1958 und 1962 nahm Dean Reed neun Singles auf, doch der große Wurf blieb aus. "The Search" landete auf Platz 96 der Billboard-Charts, aber nach einer Woche war der Song wieder verschwunden. Diese frühen Aufnahmen galten lange Zeit als verschollen, erst 2006 hatte sie das engagierte Label Bear Family Records für die Kopplung THE RED ELVIS! THE VERY STRANGE STORY OF DEAN REED zusammengetragen.

Als Dean Reed schon in der DDR lebte, wurde immer wieder kolportiert, dass sein Song "Our Summer Romance" bis auf Platz 2 der amerikanischen Charts vordrang, was glatt gelogen war; es passte aber gut zur Legende, trotz Superstarstatus seine Heimat in Richtung Ostblock allein aus Protest gegen den Vietnamkrieg verlassen zu haben. Dabei war "Our Summer Romance" wirklich ein großer Hit, allerdings in Südamerika, wo Reed kurze Zeit später zum absoluten Star avancierte. Die Chilenen wählten ihn 1961 in der Zeitschrift "Ecran" mit riesigem Vorsprung zum beliebtesten Sänger, erst dann folgten Elvis Presley, Ray Charles, Paul Anka und Neil Sedaka. Auch in Mexiko eroberte Reed die Herzen der meist weiblichen Fans im Sturm. Oder in Argentinien, wo er ab 1965 jeden Samstag eine eigene Fernsehshow präsentierte. In Martinez, einem Vorort von Buenos Aires, ließ sich Dean Reed mit seiner ersten Frau Patricia Hobbs, die er ein Jahr zuvor in Mexiko geheiratet hatte, auch häuslich nieder. Doch das vermeintliche Glück hielt nicht lange. Die Jahre in Südamerika öffneten dem Künstler die Augen. Er registrierte Elend und Armut ringsum und gab der bitteren Realität eine Stimme. Dean Reed verstand sich jetzt als Freiheitskämpfer. Er spielte Gratiskonzerte in ärmlichen Stadtvierteln und Slums, in Fabriken und Gefängnissen. Schon 1962 sprach er sich in den Medien gegen amerikanische Nuklearwaffentests aus. Als er sich im selben Jahr während der Fußball-Weltmeisterschaft in Chile mit dem sowjetischen Torwart anfreundete, schrieb die CIA ihre erste Aktennotiz über ihn. 1965 reiste Reed als Mitglied der argentinischen Delegation zum Weltfriedenskongress nach Helsinki. Dort traf er die sowjetische Kosmonautin Valentina Tereschkowa, die er für seine Samstagabendshow interviewte. Damit hatte der Sänger den Bogen überspannt, denn das Bild des "gefährlichen Roten" geriet beim argentinischen Volk gehörig ins Wanken. Dean Reed wurde verhaftet, Rechtsradikale beschossen sein Haus. 1966, als der argentinische Militärchef Juan Carlos Ongania putschte und das Amt des Präsidenten übernahm, wurde Reed mit seiner Frau wegen "prokommunistischer Aktivitäten" des Landes verwiesen. Angeblich soll die CIA die Ausweisung angeordnet haben, bewiesen ist es nicht.

Zunächst landete Dean Reed in Spanien, doch es blieb bei einem kurzen Aufenthalt. Diktator Franco setzte ihn auf die "schwarze Liste", Reeds Einsatzmöglichkeiten blieben damit überschaubar. In jene Zeit fällt seine erste Tournee durch die Sowjetunion. Während der Helsinkier Friedenskonferenz entstanden Kontakte zu den russischen Delegierten. Reed war der zweite Amerikaner, der in der UdSSR jemals Konzerte gab, lediglich Pete Seeger war vor ihm dort gewesen. In zwei Monaten absolvierte er 39 Auftritte, den ersten im Moskauer Estradentheater, die weiteren in sieben anderen Städten: ein Siegeszug ohnegleichen. Zehntausende pilgerten in die Stadien, um den Cowboy live zu erleben. Als er in Moskau den Majakowskiring entlangschlenderte, kollabierte der Straßenverkehr. Seit dieser ersten Tournee im Herbst 1966 genoss Dean Reed eine unglaubliche Popularität, immer wieder gab es Folgegastspiele, Fernsehauftritte und LP-Produktionen. Millionenfach ging Dean-Reed-Vinyl über die Ladentische. Die UdSSR blieb nicht das einzige Ostblockland, in dem der "Mann aus Colorado", wie später seine DDR-Unterhaltungssendung hieß, ein echter Popstar war.

Doch zunächst führten ihn ganz pragmatische Gründe nach Italien. In Roms Cinecitta fand er Arbeit als Schauspieler und war in einigen Spaghetti-Western und ähnlich gelagerten Filmen zu sehen. Der Bekannteste war die Klamotte "Adios, Sabata", in der Reed an der Seite von Yul Brynner spielte. Noch heute ist der Western im Fernsehen zu sehen, zeitweilig war er auch auf DVD verfügbar. Außerdem veröffentlichte Reed eine Single mit zwei Songs in italienischer Sprache. Dreieinhalb Jahre blieb er in dem südeuropäischen Land. Vor der amerikanischen Botschaft protestierte er gegen den Vietnamkrieg, wodurch er seine Arbeitserlaubnis verlor. Eine Rückkehr nach Südamerika scheiterte wegen eines Einreiseverbots schon am Flughafen von Buenos Aires. Wieder in Rom ansässig, nahm Reed vor allem Schauspielangebote aus Spanien wahr. Auch sonst kam er weit herum. Nach Schweden reiste er zur 5. Stockholmer Konferenz, nach Russland zur Konferenz anlässlich des 100. Todestags [Geburtstags; d.Red.] Lenins, und er fuhr nach Chile, wo er den Wahlkampf der Unidad Popular unterstützte und bei der Amtseinführung Salvador Allendes im November 1970 vor Ort war. Kurz zuvor stellte sich Reed vor das amerikanische Konsulat und wusch symbolisch die US-Flagge, weil sie mit Blut befleckt war. Eine Aktion von kurzer Dauer, Reed wurde erneut verhaftet. Anfang 1971 blieb Reed vier Monate lang ohne Unterbrechung im Land, um der Unidad Popular ein weiteres Mal zu helfen, diesmal bei den Gewerkschafts- und Kommunalwahlen.

Über diese Zeit drehte Reed einen Dokumantarfilm, den er bei der 14. Dokumentar- und Kurzfilmwoche in Leipzig vorstellte. Dies war die erste Begegnung mit seiner neuen Heimat. Seinen ersten Auftritt in der DDR hatte er am 18.11.1971 in Ostberlin, zur Eröffnung einer Angela-Davis-Ausstellung sang Reed einige Lieder. Zwei Tage später fuhr er zum Filmfestival nach Leipzig, entzückte das Publikum im Allgemeinen und eine Frau im Speziellen: Wiebke Dorndeck. Ein halbes Jahr später siedelte Reed in die DDR über, ein weiteres Jahr danach wurde Wiebke Reeds zweite Ehefrau. 1976 kam Tochter Natalie auf die Welt (es war Reeds zweite Tochter, sein erstes Kind war die 1968 von seiner ersten Frau Patricia geborene Ramona), 1977 verabschiedete er sich von Wiebke mit einem Gedicht. Zu dieser Zeit war Reed längst ein Star zwischen Anklam und Zwickau. Ähnlich wie zuvor in Südamerika und in der Sowjetunion eroberte er nun in der DDR die Herzen. Trotz seiner ständigen Sympathiebekundungen für den im Ostblock gelebten Sozialismus - was den Menschen im kleinen Land bisweilen gehörig auf die Nerven ging - blieb Dean Reed ein waschechter Amerikaner mit einem Hauch weiter Welt; ein authentischer Sympathisant, der cooler war als alle die anderen DDR-Stars und -Sternchen zusammen. Ein echter Cowboy mit Sexappeal. Er genoss bedingungslose Liebe seiner Fans, die jedoch nicht ewig hielt.

Für die DDR-Führung war die neue Aufenthaltswahl des Dean Reed ein Geschenk des Himmels, denn nun konnte das Volk ganz offiziell für einen Star amerikanischer Herkunft schwärmen. Von Beginn an standen Reed alle kulturellen und medialen Möglichkeiten offen, sofort wurde er durch die wenigen Unterhaltungsshows des DDR-Fernsehens geschleust. Die staatliche Filmproduktion Defa verpflichtete ihn für die Spielfilme "Aus dem Leben eines Taugenichts" und "Kit & Co". Das Amiga-Schallplattenlabel stellte 1973 Dean Reeds erste DDR-LP in die Geschäfte, aus Mangel an eigenen Aufnahmen eine Übernahme aus den Moskauer Melodia-Studios. Während der Dreharbeiten zu "Kit & Co" lernte Reed seine spätere Ehefrau Renate Blume kennen. Sie ist noch heute eine speziell im Osten sehr bekannte Schauspielerin. 1981 heiratete das Paar in Berlin-Köpenick, zu sehen im Fernsehen und zu lesen in der Zeitung. Das war ein Novum, denn ostdeutschen Boulevardjournalismus gab es eigentlich nicht. Seinen endgütigen Durchbruch in der DDR schaffte Reed 1975 mit dem Kinofilm "Blutsbrüder". Hier spielte er an der Seite von Gojko Mitic (siehe kult! Nr. 2), als importierter Jugoslawe der zweite Exot in der ostdeutschen Schauspielerprovinz. Mitic, der 1966 mit "Die Söhne der Großen Bärin" bei der Defa debütierte, war mittlerweile zum Chefindianer des DDR-Kinos geworden. Fast jedes Jahr startete ein neuer Indianerfilm, mit dem zehnten hatten sich die Filmemacher aus Potsdam-Babelsberg selbst übertroffen: Mit Reed an der Seite von Gojko Mitic verfügte "Blutsbrüder" über gleich zwei Publikumslieblinge. Das Drehbuch hatte Dean Reed selbst geschrieben.

Regie führte der Amerikaner erstmals 1977 bei der ostdeutschen TV-Produktion "El Cantor", für die er außerdem das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielte. Der ambitionierte Fernsehfilm hatte das unfassbare Schicksal des chilenischen Sängers Victor Jara zum Thema, der 1973 nach Pinochets Putsch gegen Allende verhaftet, gefoltert und ermordet wurde. Komisches Talent bewies Reed hingegen in den Kinofilmen "Soviel Lieder, soviel Worte" (Defa, 1976) sowie in "Sing, Cowboy, sing" (Defa, 1981). "Sing, Cowboy, sing" sollte eine Westernklamotte werden, für die Reed einmal mehr Regie führte, das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielte. Er verpflichtete für die weiteren Hauptrollen den tschechoslowakischen Schlagerstar Václav Neckář und den ostdeutschen Bluessänger Stefan Diestelmann, der wenig später die DDR verließ. Speziell Kinder hatten wohl ihren Spaß an dem trashigen Klamauk, der Autor dieses Artikels sah den Film 14-jährig und konnte schon nicht mehr lachen. Dennoch sahen über eine Million Kinobesucher den Film. Die gefürchtete Kritikerin Renate Holland-Moritz, die grundsätzlich kaum ein gutes Haar an Defa-Filmen ließ, schrieb 1981 im Satiremagazin Eulenspiegel: "Reed kann leider zwischen intelligentem Witz und abgeschmackter Trivialität so wenig unterscheiden wie zwischen echtem Gefühl und billigem Sentiment. Die Gags, die hier einander folgen, gelangen selten über die Gürtellinie. Was lustig gemeint ist, wirkt lächerlich." Mal abgesehen davon, dass die Kritikerin ganz sicher Recht hatte, war ein ein neuer medialer Umgang mit dem kommunistischen US-Star. Galt in den Siebzigern wegen Reeds Exotenbonus bedingungslose Ehrfurcht, ging man in den Achtzigern mehr und mehr auf Distanz. "Sing, Cowboy, sing" blieb dann auch Dean Reeds letzte Arbeit für die Defa. Zwar plante er seit 1983 die Umsetzung seines Filmprojektes "Bloody Heart, das die Geschehnisse um Wounded Knee im Jahre 1973 (Belagerung und Beschießung protestierender Indianer) thematisierte, doch es gab immer wieder Verzögerungen und Schwierigkeiten bei der Realisierung. Schließlich verhinderte der frühe Tod des Künstlers den Drehbeginn. Dabei sollte genau dieser Film Reed als ernstzunehmenden Regisseur etablieren.

Neben seinen Filmarbeiten verfolgt Dean Reed mit Nachdruck seine Karriere als Sänger. Über Jahre tourte er ununterbrochen in der DDR, der ČSSR und der UdSSR. Im DDR-Fernsehen bekam der Sänger eine eigene Show, "Der Mann aus Colorado". Außerdem veröffentlichte Dean Reed regelmäßig Tonträger. In der Sowjetunion sind 14 Singles und sechs LPs erschienen, in der ČSSR acht Singles und fünf LPs, in der DDR zwölf Singles und sieben LPs. Meist nahm Reed seine Alben in einem tschechischen Studio auf, die Labels lizensierten dann jeweils die Aufnahmen für das eigenen Land. Bei aller Beliebtheit, die der Sänger bei seinen Fans genoss, hatte er aber nie einen wirklichen Hit. Vielleicht wehrte sich deshalb das staatliche DDR-Label Amiga, das von Dean Reed geplante Album ES GIBT EINE LIEBE, DIE BLEIBT zu veröffentlichen. Von nicht umgesetzten Amiga-Projekten kann so mancher Künstler ein Lied singen, doch Dean Reed wandte sich an den SED-Chefideologen und Kulturoberen Kurt Hager, der die Produktion schließlich durchsetzte. Die LP erschien 1984 in kleiner Auflage und könnte theoretisch immer noch in den Geschäften stehen. Das Album verkaufte sich nämlich nicht. Hört man die Schallplatte heute, lässt sich feststellen, dass sie gar nicht so schlecht war. Vielleicht hätte die LP fünf Jahre früher erscheinen müssen, denn die kontinuierlichen Popularitätseinbußen ziehen sich wie ein roter Faden durch Reeds künstlerisches Wirken im letzten DDR-Jahrzehnt. Zwar wurde das Interesse an ihm künstlich hochgehalten, doch die Bevölkerung (ein immer kleiner werdender Fankreis ausgenommen) hatte mit dem Cowboy nichts mehr am Hut. Seine große Personality-Show "Sing, Dean, sing" (Sommer 1981) aus dem Palast der Republik glich einem Abschied auf Raten: Die Bühnen wurden kleiner, die Auftritte gerieten provinzieller.

"Ich bin Marxist, egal was ich singe", sagte Dean Reed einmal in einem Interview. Und das war genau so gemeint. So heuerte er 1976 als Inoffizieller Mitarbeiter bei der Staatssicherheit an, als "IM Victor" sollte er über Besuche bei US-Diplomaten berichten. Diese Verbindung hielt jedoch keine zwei Jahre, angeblich hatte sich Reed bei Erich Honecker persönlich beschwert, woraufhin man den Sänger in Ruhe ließ. Dean Reed engagierte sich nun von der DDR aus bei Protestaktionen in Nahost, Nord- und Südamerika. 1977 folgte er einer Einladung der PLO in den Libanon, er sang 1978 in Minnesota für protestierende Farmer, reiste 1983 illegal nach Chile und bestritt nicht genehmigte Konzerte. Speziell sein 1978er Engagement für die amerikanischen Farmer sorge für Wirbel in den Medien. Mit 19 weiteren Demonstranten wurde Reed verhaftet, im Wright-County-Gefängnis Buffalo trat er mit neuen anderen Protestlern in den Hungerstreik. Nachdem sich auch Künstler wie Joan Baez und Pete Seeger für seine Freilassung stark machten, kam Reed nach elf Tagen Haft wieder frei. Im gesamten Ostblock war er nun nicht mehr nur ein Star, sondern ein Held. Spätere Festnahmen wie 1983 in Chile oder 1984 in Uruguay wurden dagegen von den Menschen kaum goutiert, sie hatten ganz andere Sorgen und von der Omnipräsenz Reeds allmählich die Nase voll. Ob Komsomolkongress in Moskau, Weltfestspiele in Havanna, FDJ-Kundgebung in Ost-Berlin oder Friedenslauf am Leninplatz - Dean Reed war unvermeidlich. Ein Bäckereikombinat in Pasewalk trug jedoch nicht seinen Namen, wie der "Spiegel" einmal behauptete... Reeds geschärfter Blick für die Ungerechtigkeiten der Welt machte ihn offensichtlich blind für die Probleme vor seiner eigenen Haustür, für die Wirklichkeit des real existierenden Sozialismus in seiner Wahlheimat.

Dabei war Dean Reed gar nicht so realitätsfremd, wie nach dem Mauerfall behauptet wurde. So verlangte er in seinen früheren Protestschreiben Atomtest-Stopps in Ost und West und kritisierte den Einmarsch der Roten Armee in der Tschechoslowakei genauso wie den Vietnamkrieg. In seinen Stasi-Akten ist ein Affront mit einem Verkehrspolizisten im Jahr 1982 vermerkt: Reed hatte die DDR mit einem faschistischen Staat verglichen und dem Polizisten gegenüber geäußert, dass es ihm und weiteren 17 Millionen Einwohnern "bis hier stehe". Außerdem verlangte Reed seine Verhaftung (zu der kam es aber nicht), wie es hier "gang und gäbe wäre". Die SED wiederum ermahnte ihn, weil er in seinen Konzerten das "Kinderlied" der ausgebürgerten Liedermacherin Bettina Wegner sang. Letztlich ließ sich Dean Reed aber immer wieder vor den Propaganda-Karren spannen, Menschenrechtsverletzungen in der UdSSR tat er als kleine Fehler ab - und als er 1986 ein amerikanisches TV-Interview gab, verteidigte er den Mauerbau und die sowjetische Intervention in Afghanistan. Reed, der offenbar eine Rückkehr in die USA plante, wollte den Beitrag für ein mögliches Comeback nutzen, doch der Fernsehjournalist führte ihn als privilegierten Oststar vor. Die US-Zuschauer waren über Reeds Äußerungen empört, sie schickten Hassbriefe und Morddrohungen nach Berlin-Rauchfangswerder, wo er ein Haus besaß.

Von einem "tragischen Unglücksfall" sprachen die DDR-Medien, als man den Tod des nicht einmal 48-jährigen Künstlers verkündete. Am 13. Juni 1986 wurde er in der Nähe seines Hauses in einem See tot geborgen. Reed hatte sich mit Schlaftabletten vollgepumpt, die Pulsadern aufgeschnitten und ist schließlich ertrunken. Sein Abschiedsbrief wurde beschlagnahmt - angeblich, um seine Frau Renate zu schützen, gegen die er schwere Vorwürfe erhob. Das Verschweigen der tatsächlichen Todesumstände bot Raum für Spekulationen, die mitunter bis heute anhalten. So wurden Stasi und KGB als mögliche Mörder genannt, weil sie Reeds Rückkehr in die USA verhindern wollten. Andere vermuten, dass die CIA beteiligt war, die ebenfalls eine Rückkehr verhindern wollte. Natürlich wurde in der DDR sein Andenken gepflegt: Reeds Grundstück in Rauchfangswerder zierte eine Büste, eine Oberschule in Potsdam sowie einige Brigaden benannten sich nach ihm. Doch drei Jahre später war es auch mit der DDR vorbei, die Betriebe mit den Dean-Reed-Brigaden wurden geschlossen, und die Potsdamer Schule trägt seit 1994 einen neuen Namen.

Dean Reed bleibt trotzdem unvergessen. Dafür sorgen schon bestimmte Boulevardmedien, die in schöner Regelmäßigkeit Dean Reeds Abschiedsbrief "neu entdecken". Inzwischen liegen einige seiner Filme auf DVD vor, es gibt viele seiner Songs auf diversen CD-Kopplungen. Dokumentarfilme und Sachbücher thematisieren das ungewöhnliche und viel zu kurze Leben des Amerikaners, der "als einzige Gesellschaftsordnung" die der DDR pries und dennoch US-Staatsbürger blieb. Den Ritterschlag würde Dean Reed posthum erfahren, würde Hollywood-Star Tom Hanks endlich mit den Dreharbeiten zu "Comrade Rockstar" beginnen. Gerüchte darüber gibt es immer wieder, doch die erste Klappe ist noch immer nicht gefallen. Späten Ruhm über einen Hollywoodstreifen hätte Dean Reed allemal verdient.

Christian Hentschel

Lieferbare Dean-Reed-Medien

Musik von Dean Reed auf CD

Filme mit Dean Reed auf DVD

Filme über Dean Reed auf DVD

Bücher über Dean Reed

Dean Reed im Internet

  • www.deanreed.de
  • www.derroteelvis.de

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Letzte Änderung: 2011-05-19