Berliner Morgenpost 29.06.1986

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Amerikanischer Sunnyboy wurde nicht glücklich in der DDR

Popstar Dean Reeds Tod bleibt voller Geheimnisse

Ein Bericht von Wolfram Schroeder

Den "Johnny Cash des Kommunismus" hatte die "New York Times" ihn genannt. Seit 1972 lebte der Sänger, Schauspieler und Filmregisseur Dean Reed in der "DDR". Und in seiner "Wahlheimat" wurde er nun auch begraben, nachdem er am 13. Juni bei einem erst vier Tage später von der Nachrichtenagentur ADN gemeldeten "tragischen Unglücksfall" ums Leben gekommen war.

Über die Ursache seines Todes kreisen auch in Ost-Berlin viele Gerüchte. Erst hieß es, er habe sich erhängt. Dann, er sei tot aus dem Zeuthener See, an dem er in Rauchfangswerder ein Haus hatte, geborgen worden. Als Motiv wurde Liebeskummer genannt. Seine amerikanische Managerin verbreitete dann allerdings hier die Vermutung, dass der DDR-Geheimdienst seine Hand im Spiel gehabt habe. Denn Reed hatte bei einem USA-Besuch im Oktober vergangenen Jahres in aller Öffentlichkeit von Heimweh und der Absicht einer Rückkehr in sein Geburtsland gesprochen.

Ohne die Spekulationen noch weiter treiben zu wollen, kann man wohl davon ausgehen, dass der sehr sensible Künstler letztlich in der DDR nicht glücklich gewesen ist. Er selbst hat mehrfach beklagt, dass seine Popularität in der Sowjetunion wesentlich größer sei und er sich dort auch wohler fühle: "Unsere Völker sind sich ähnlich, sind naiv, glauben noch, können weinen". Und wer ihn in letzter Zeit fragte, was ihn denn in einem Land hielte, dem viele Schauspieler und Schriftsteller den Rücken gekehrt haben, bekam die eher klägliche Antwort: "Ich lebe hier, weil meine Frau von hier ist".

Die Steuern gingen nach Amerika

Seine Liebe zur DDR ist auch nie so weit gegangen, dass er ihre Staatsbürgerschaft angenommen hätte. Vielmehr meldete er sich Jahr für Jahr bei der Ost-Berliner US-Botschaft, ließ seinen Pass verlängern und füllte seine Steuererklärung aus.

In der DDR hatte er jedoch die Liebe gefunden. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau, einer Amerikanerin, heiratete er bereits 1973 ein Mannequin, trennte sich aber schon bald wieder. Dann lernte er die attraktive Schauspielerin Renate Blume kennen, konnte sie seinem Schauspieler-Rivalen, dem ebenfalls in der DDR lebenden jugoslawischen Indianer-Darsteller Gojko Mitic, ausspannen. Er liebte vor allem ihre schönen dunklen Augen, hielt sie für die "berühmteste Schauspielerin der DDR" und sagte voller Stolz: "Sie ist die einzige hier mit einem Lenin-Preis. Ich bin der einzige Amerikaner mit einem Lenin-Preis. Wir sind das einzige Ehepaar, bei dem beide einen Lenin-Preis haben".

Eine gewisse Naivität schwingt sicher in diesen Worten mit - Dean Reed war Zeit seines Lebens ein sympathischer Träumer und in politischen Dingen meist etwas weltfremd anmutender Idealist. Geprägt wurde er dadurch, dass er 1938 auf einer Ranch in Colorado das Licht der Welt erblickt hatte: "Ich bin als Cowboy geboren. Schon als Kind bin ich geritten. Bin immer draußen gewesen, immer auf Pferden. Ich brauchte nur meinen Cowboyhut aufzusetzen und zu singen." Und der Verlust all dessen, was seine Kindheit ausgemacht hatte, bedrückte ihn auch. "Das ist das Traurigste in meinem Leben, das ich, außer meiner Mutti, meine Familie verloren habe, weil sie glauben, ich sei ein Verräter."

Sein Vater wollte aus Dean einen Offizier der US-Army machen, steckte ihn in eine Kadettenanstalt, wo ihn die Mutter dann wieder rausholte. Zwei Jahre studierte er Meteorologie, verdiente sein Geld als Cowboy-Sänger in Restaurants. Mit 19 Jahren kam er nach Hollywood, machte Probeaufnahmen bei der Plattenfirma "Capitol" - und erhielt sofort einen Siebenjahresvertrag.

Seinen ersten Hit landete Dean Reed mit dem selbst komponierten Titel "Unsere Sommerromance". Bald stand sein Name neben dem von Showgrößen wie Elvis Presley und Paul Anka.

Dann veränderte eine Südamerika-Tournee durch Chile, Brasilien, Argentinien und Peru jedoch sein Leben. Die sozialen Gegensätze, die er sah, veranlassten ihn, dort zu bleiben um "mein Talent für die progressive Bewegung zu mobilisieren". Fünf Jahre lang, von 1961 bis 1966, lebte und arbeitete er in verschiedenen südamerikanischen Ländern.

Als Mitglied der argentinischen Delegation bei einer Friedenskonferenz in Helsinki wurde er in die Sowjetunion eingeladen, durfte als erster Rock- und Pop-Sänger dort auftreten, gewann eine riesige Fan-Gemeinde. Platten, die Dean Reed bei der Staatsfirma "Melodija" produzierte, sorgten stets für lange Schlangen vor den Läden.

Ausgewiesen aus Argentinien, verlegte der Sänger seinen Wohnsitz nach Italien, wurde dort zum begehrten Schauspieler in Italo-Western. Er drehte u.a. mit Anita Ekberg, Nadja Tiller und Yul Brunner. Die DDR lernte er erst 1971 bei einem Filmfestival kennen. Zum zweiten Mal kam er 1972, und als er sich zum Bleiben entschloss, gab ihm die DEFA auch gleich eine Hauptrolle. In der Eichendorff-Verfilmung "Aus dem Leben eines Taugenichts" spielte er - neben Hannelore Elsner - unter der Regie des mittlerweile ebenfalls in den Westen gewechselten Celino Bleiweiß.

In der ersten Zeit diente der "Protestsänger" und "Vertreter des anderen Amerika" in der DDR als Aushängeschild. Seine Filme, wie die Jack-London-Adaption "Kid & Co" oder der Indianerstreifen "Blutsbrüder", hatten jedoch nur mäßigen Erfolg. Einzig mit "El Cantor" über den von der chilenischen Junta ermordeten Sänger Victor Jara ließ er 1977 die Kritiker aufmerken.

Ein Aushängeschild für die SED

Schlagzeilen machte er noch zweimal mit politischen Aktionen: 1978 beteiligte er sich bei einem USA-Besuch in Buffalo (Minnesota) an einer Demonstration für die Rechte der Farmer, sang dort auch und geriet mit 18 anderen Demonstranten für mehrere Tage ins Gefängnis.

"Ich kann in den Spiegel sehen und mir sagen, ich war ein ehrlicher Revolutionär", hat er einmal geäußert. Dass er nicht mit gleichem Recht eine Erfolgsbilanz auf künstlerischem Gebiet ziehen konnte, obwohl er zuletzt mitten in den Vorbereitungen zu einem DEFA-Film über "die Rechte der verfolgten und diskriminierten Indianer" war - darunter hat er wohl mehr und mehr gelitten.

In siebzehn Filmen hat er die Hauptrolle gespielt, dreizehn Langspielplatten gemacht. Sein letzter Film trug den Titel "Sing, Cowboy, sing" - und der könnte ja auch als Motto über Dean Reeds Leben stehen, das sich so früh vollendet hat.

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Letzte Änderung: 2007-05-24