Sächsische Zeitung, 29.01.2007

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Sing's noch einmal, roter Cowboy

Personalie. Dean Reed bleibt uns erhalten: Heute erscheinen frühe Songs auf CD, bald ein Doku- und ein Spielfilm über ihn

Oliver Reinhard

Am Wounded Knee kam es zur finalen Katastrophe der Indianer Nordamerikas im 19. Jahrhundert. Die Kavallerie massakrierte hier 1890 Männer, Frauen, Kinder und Häptling Big Foot. Der rote Widerstand gegen die Weißen war endgültig gebrochen.

Das Wounded Knee wurde auch zur letzten großen Katastrophe für Dean Reed. Der amerikanische Wahl-DDR-Bürger plante einen Defa-Spielfilm über einen Aufstand im dortigen Reservat 1973. Das Projekt scheiterte, der letzte Widerstand des "roten" Sängers, Schauspielers und Regisseurs gegen die Verzweiflung war gebrochen. Am 13. Juni 1986 nahm der 47-Jährige eine Überdosis Schlaftabletten und ging in den Zeuthener See. Reed hinterließ unzählige trauernde Fans, ebensoviele Legenden um mögliches Fremdeinwirken möglicher Geheimdienstler und eine Biografie, die kaum ihresgleichen hat.

Heute erscheint ein seltenes Zeugnis aus ihrer Frühzeit: Unter dem passenden Titel "The Very Strange Story of Dean Reed" kommt ein Album mit 16 seiner Songs aus den Jahren 1958 bis 1961 heraus. Sanfte Rock'n'Roll-Stücke über Liebe und Leiden, gesungen von einem nicht untalentierten jungen Mann, dessen Leben so unruhig wurde, wie es endete, von ewiger Sehnsucht getrieben, auf ewiger Suche, in ewiger Unruhe.

Die rührte vor allem aus seinen politischen Überzeugungen her. "Ich bin Marxist, was auch immer ich singe", hat er einmal bekannt. Und ich wirke überzeugender als Marxist, je besser ich als Showman bin." Zunächst zog ihn die Arbeit als Schauspieler und Sänger nach Südamerika, wo er seit 1962 lebte, abwechselnd in Chile, Mexiko und Argentinien. Doch verstand Reed sich immer mehr als Freiheitskämpfer und nutzte seine Popularität verstärkt für politische Ziele. Er engagierte sich für Salvador Allende, unterstützte Arafat, protestierte gegen US-Politik, Atomwaffen, Krieg, Unterdrückung und kam des öfteren in Haft. Er wurde in der Sowjetunion und ganzn Osteuropa zum Superstar, zum Pop-Phänomen eines in der halben Welt umhergereisten Amerikaners, der gegen die USA agitiert. In Leipzig lernte er seine zweite Frau kennen. Und blieb in der DDR.

Jahrelang hatte der attraktive, jungenhafte, leidenschaftliche und mitunter übermütige Dean ungeheuren Erfolg, etwa als Hauptdarsteller in "Aus dem Leben eines Taugenichts", an der Seite von Gojko Mitic in "Blutsbrüder", später als Regisseur von Filmen wie "El Cantor" und Sing, Cowboy, sing".

Reisefreiheit und Mauerlob

In den Achtzigern aber, jetzt verheiratet mit Schauspielerin Renate Blume, begann Reeds Stern zu sinken. "Sein Erfolg im Osten machte ihn blind für Ungerechtigkeit und Unterdrückung in seinem eigenen Land", urteilt Stefan Ernsting, der die Biografie "Dean Reed - Der rote Elvis" schrieb. "Er genoss volle Reisefreiheit, pries in Interviews aber stets die Vorzüge der Mauer. Viele Menschen ohne Reisefreiheit empfanden ihn inzwischen als lächerlichen Anpasser und narzistischen Salon-Bolschewiken." Dass der bekennende Show-Man im "Kessel Buntes" als braver Frauenliebling auftrat und zugleich mit Maschinenpistole im Libanon, war für viele durchaus irritierend.

Bald hatte "der rote Elvis", der laut Ernsting "zum Opfer seiner eigenen Inszenierung" wurde, kaum noch Auftritte. Platten floppten. Das Wounded Knee-Projekt steckte fest. Allmählich kam ihm die Heimat abhanden. Innen wie außen. Mehrere Selbstmordversuche scheiterten. Renate Blume sagte er: "Mein Vater konnte sich wenigstens umbringen. Ich kann nichts." Schließlich konnte er es doch. "American Rebel" steht auf seinem Grabstein. Ihm hätte es gefallen.

Die Spekulatinen um Dean Reeds Tod aber leben weiter. Wollten Stasi und KGB seine Rückkehr in die USA und die damit verbundene Blamage für den angeblich Staat gewordenen Sozialismus verhindern? Und halfen nach? Viele glauben das. Viele halten es für Unsinn. Wir dürfen vermuten: Der Geheimniskram wird fester Bestandteil des Films "Comrade Rockstar", den Tom Hanks und Steven Spielberg vorbereiten. Das Kino braucht so etwas. Der Dokumentarfilm offenbar auch: Leopold Grüns "Dean Reed - Der rote Elvis", im Februar auf der Berlinale erstmals zu sehen, attestiert Reeds Tod ebenfalls "mysteriöse Umstände".

Die meisten Fans interessiert sein Leben mehr als sein Tod. Sie halten die Erinnerung lebendig. Ein Dean-Reed-Wochenende am 22. September, seinem Geburtstag, ist in Planung. Manchem hilft das Erinnern sogar durch Täler. "Das Leben war gut zu mir, das Leben war schlecht zu mir, aber wenn es mal gar nicht mehr weiterging, habe ich an ihn gedacht und fand den Mut, weiterzumachen", bekennt ein Anhänger im Internetforum. Auch das hätte Dean Reed gewiss gefreut.

  • CD: The Very Strange Story of Dean Reed (Universal)
  • Biografie: Stefan Ernsting, Der Rote Elvis, Aufbau, 314 S., 7,95 Euro
  • TV-Termin: am 11. Februar um 1:20 Uhr "Adios Sabata" (ARD)
  • @: www.deanreed.de

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Letzte Änderung: 2007-02-04