26. August 2002 Redaktion American Rebel, Kontakt:
Redaktion@DeanReed.de
Norbert Diener im Gespräch mit Gojko Mitic
Kürzlich trafen sich Norbert Diener und Heike Zastrow in Bad Segeberg
mit Gojko Mitic, um ihn nach seinen Erinnerungen an Dean zu befragen. Daraus
entwickelte sich ein herzliches Gespräch zwischen Norbert und Gojko, das
wir an dieser Stelle in Auszügen wiedergeben.
Norbert:
Gojko, kannst du uns erzählen, wo du Dean das erste Mal begegnet bist?
Gojko:
Persönlich begegnet bin ich Dean das erste Mal zur Vorbereitung des Films
"Blutsbrüder". Wir haben uns auf seinem Grundstück in Rauchfangswerder
getroffen. Er hatte damals ein Boot und wir haben eine Bootsfahrt gemacht und uns
darüber unterhalten, wie und was wir machen werden. Ich denke, es war eine
sehr herzliche, sehr normale Begegnung, nach der ich recht optimistisch war. Aber
zuerst, als das Angebot kam, wollte ich nicht so richtig an den Stoff ran, vom Buch
her war nichts für mich da, ich hatte nichts in der Hand. Ich sagte: Leute, ich
habe Verpflichtungen meinen Zuschauern gegenüber. In vielen Filmen, die ich
schon vorher gemacht habe, hatte ich immer die Hauptrollen. Und diese Erwartungshaltung
der Zuschauer wollte ich nicht enttäuschen. Ich habe gesagt, das kann man nicht
machen. Und dann haben sich die Dramaturgen zusammengesetzt und versucht, aus zwei
Indianerrollen eine zu machen, eine Rolle ebenbürtig zu der von Dean Reed zu
entwickeln. Weil er das Drehbuch geschrieben hatte, hat er da wahrscheinlich mehr an
sich gedacht, der Film war mehr auf ihn zugeschnitten. Na ja, zuerst wollte ich nicht,
und dann kam der Studiodirektor: Mensch, lass uns nicht im Stich Gojko, wir haben schon
so viel zusammen gemacht. Okay, sagte ich, euch zuliebe mache ich das. Und so entstand
eben diese Produktion. Ich hatte eine Last zu tragen, die Erwartungshaltung der
Zuschauer. Na ja, und dann haben wir den Film gemacht. So war unsere erste Begegnung.
Norbert:
Das war 1975?
Gojko:
Ja.
Norbert:
"Harter Felsen" war ja eine markante Rolle. Sie war zwar nicht die Hauptrolle,
aber ansonsten...
Gojko:
Na ja, aber wie gesagt, sie wurde aus zwei Rollen zusammengeschustert. Man hat versucht,
die beiden Rollen ein bisschen ebenbürtig zu machen.
Norbert:
Die Dreharbeiten fanden dann in Rumänien statt?
Gojko:
Ja, und ein Teil in der DDR. Aber den größten Teil haben wir in Rumänien
gedreht. Es war auch ein neuer Regisseur da, Werner W. Wallroth, der war zum ersten Mal
in diesem Genre. Am Anfang stand ich gar nicht so zu dem Film. Da war von mir aus so eine,
sagen wir, eine abwehrende Haltung, aber... Natürlich muss ich, wenn ich den Film
mache, das Beste daraus machen. Sonst blamiere ich mich ja vor den Zuschauern. Rumänien
kannte ich schon, es war ein Terrain, wo ich mich wohl fühlte. Die Dreharbeiten liefen
so, wie sie laufen müssen. Da tun wir uns alle zusammen und machen das Beste daraus,
das war wie immer.
Es ist immer schwer, über jemanden zu erzählen, der nicht mehr unter uns ist.
Aber vielleicht, so rein privat, was mich damals gestört hat ist, dass der Dean sehr
oft die Verbindung zu den "Oberen" gesucht hatte. Ich weiß nicht, ob es Überzeugung
war, oder ein Weg, von dem er dachte, dass es für seine Karriere wichtig ist. Ich weiß
nicht, was in seinem Kopf vorgegangen ist. Auf jeden Fall habe ich immer versucht, mich
zurück zu halten. Aber wenn man mich fragte, dann sagte auch ich meine Meinung.
Ich erinnere mich, wie wir eines Tages zum Drehort fuhren. An dem Tag sollte diese
Blutsbruderszene gedreht werden. Wir fuhren gemeinsam in einem Auto, und da sagte er zu mir:
So, heute kriegst du ein bisschen amerikanisches Blut. Ich sagte: Ach, Dean, weißt du,
so scharf bin ich nicht darauf. Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe. Und da haben wir uns
ein bisschen in die Haare gekriegt. Dean fing an, über Tito zu reden. Er sagte, dass der
Tito ein großer Verräter ist. Ich sagte: Du musst erst mal den Mann erleben, was
er alles im Krieg geleistet hat. Er hat mit seinem Häuflein Partisanen am Balkan gegen so
viele Hitlerdivisionen gekämpft. Die Verdienste dieses Mannes kann man doch nicht einfach
so schmälern. Wir hatten uns also irgendwie in den Haaren. Und er sagte zu mir: Mensch,
du bist populär, du könntest mal bisschen Politik machen. Ich kann mal mit "Erich"
(Erich Honecker, Anm. d. Red.) sprechen. Wahrscheinlich hatte er zu "Erich" damals sehr gute
Kontakte. Ich sagte: Weißt du, Dean, wenn man mich fragt, sage ich meine Meinung, aber
ich möchte nicht unbedingt die DDR-Fahne tragen. So verlief unser Gespräch damals.
Ich glaube, das ist eine tragische Geschichte, was sich um ihn abgespielt hat. Ich weiß
es wirklich nicht, ich bin selber neugierig, was mit ihm geschehen ist, warum. Ich glaube, er
ist sein eigenes Opfer geworden. Er hat sich wahrscheinlich in seinem Weg festgefahren, dass
er vielleicht nicht mehr zurück konnte. Oder waren da andere Mächte im Spiel?
Norbert:
Es gibt sehr viele Theorien. Wir möchten uns da auch nicht auf irgendetwas festlegen.
Gojko:
Also, vom Menschlichen her war er ein guter Kerl, das war okay. Man konnte mit ihm reden. Aber
mich hat das gestört, dass er immer diese Nähe zu den "Obersten" gesucht hat. Ich
wollte gar nichts damit zu tun haben. So war meine Haltung.
Norbert:
Gut, das hat seiner Karriere aber nicht geschadet...
Gojko:
Ja, sicher hat ihm das bisschen geholfen. Aber mir ist das nicht wichtig, das ist schon wieder
höher als die Karriere. Ich will sie erarbeiten, nicht organisieren. Das ist meine Meinung.
Norbert:
Dean hat bestimmt auch viel Kritik gehabt, aber sie nicht öffentlich geäußert,
oder kaum. Und er hat auch mal geäußert: "Ich kann doch nicht denjenigen in den
Rücken fallen, die mich aufgebaut haben, die mich hoch gebracht haben".
Gojko:
Aber ich muss sehen, wer hat mich aufgebaut, wie viel erstrebe ich, was will ich.
Ich erinnere mich, es gab noch einen Film, den wir zusammen machen sollten. Das war "Kit & Co",
die Rolle, die dann Manfred Krug übernommen hatte. Die wollte ich nicht machen, die habe
ich damals abgelehnt. Da waren sie mir böse. Ich sagte: Jungs, lasst mich, ich muss das
nicht machen.
Norbert:
Das war also auch möglich zu dieser Zeit in der DDR.
Gojko:
Ja, ja, ich konnte auch nein sagen.
Norbert:
Bist du zu den Dreharbeiten für "Blutsbrüder" irgendwie vorbelastet hingegangen?
Du hattest ja vorher schon von Dean gehört, ihn aber noch nicht selbst kennen gelernt.
Gojko:
Nein, so vorbelastet war ich auch nicht. Das hat sich irgendwie mit der Zeit entwickelt, wo wir
zusammen gedreht haben, wo wir uns unterhalten haben, wo er von mir wollte, dass ich bisschen
Politik mit mache und die Leute agitiere. Ich mochte das nicht.
In Bulgarien z.B., da hatte er was gedreht, und gleich alles organisiert, große Rede,
großes Konzert und so. Natürlich war es leicht dort, so was zu organisieren, weil die
Leute alle von den Parteisekretären zusammengetrommelt wurden.
Also, ich war in der DDR, weil mich die Zuschauer festgehalten haben. Ich hatte manchmal das
Gefühl, die haben mich wirklich aufgenommen wie einen von ihnen. Und das war sehr ehrlich.
Und auf dieser Basis bin ich meinen Weg gegangen. Ich bin nicht gekommen, um das Land aufbauen
zu helfen. Man hat das Gefühl, man hat den Menschen etwas gegeben. Das habe ich immer
gespürt, überall, wo man die Leute getroffen hat, und das war ganz toll. Ich habe da
erlebt, was sich ein Schauspieler nur wünschen kann. Und deshalb bin ich dort hängen
geblieben.
Obwohl mein Bruder schon damals erzählte: Pass mal auf, es wird nicht lange dauern, und
Deutschland wird sich vereinigen, du wirst sehen. Ich habe damals gesagt: Ach, du spinnst.
Damals, als ich ihn im Sommer in Jugoslawien besucht habe, da haben wir an langen Abenden
einfach so geflachst. Er war wirklich hellseherisch.
Norbert:
Nach meiner Meinung war das aber keine richtige Vereinigung. Der Westen hat den Osten doch gekauft.
Gojko:
Das ist eine andere Frage, sicher. Ich finde, das hätte vielleicht auch anders verlaufen
müssen. Dass man sagt, gut, wir vereinigen uns, und wir übernehmen von jedem, was gut
ist, und das andere schmeißen wir weg. Aber nicht kommen und sagen: So, was du bis jetzt
gemacht hast, ist alles Müll. Was du in der Schule gelernt hast, dein A ist nicht mehr ein A,
das musst du noch mal lernen, dieses A ist anders. Und das ist eigentlich Quatsch, finde ich.
Da ist Profitsucht bei vielen Menschen und natürlich gibt es viele Haifische, die sich dann
auf dich stürzen und versuchen, das beste Stück oder alles für sich rauszuholen.
Und das ist das Problem.
Norbert:
Hat es dann später noch Begegnungen mit Dean gegeben?
Gojko:
Wo habe ich ihn denn später noch gesehen? Irgendwann zufällig vielleicht bei
irgendwelchen Festen, zu denen man eingeladen wurde, aber sonst selten.
Norbert:
Du hast ja auch in der Zeitung gelesen, dass er um die Welt reiste, dass er in vielen Ländern
der Welt war und kämpfende Menschen unterstützt hat.
Gojko:
Ja, das weiß ich.
Norbert:
Was nicht in der Zeitung stand ist, dass er das alles aus privater Tasche bezahlt hat, dass
er keine Fahrkarten gekriegt hat, wie es manchmal hieß, dass er sich das Geld aus
Überzeugung zusammengekratzt hat.
Gojko:
Soweit ich weiß, hat er von DDR-Leuten auch bisschen harte Währung gekriegt.
Wahrscheinlich konnte er sich das dadurch leisten.
Gojko:
Wenn er nach Russland fährt oder Arafat besucht oder damals die Bilder, wie er mit dem
Allende da steht, das ist wahrscheinlich dieser Weg, die Nähe zu suchen zu den "Obersten".
Mich persönlich hat das gestört. Das wäre nicht mein Ding, ich kann das nicht.
Ich habe meine Meinung, und ich bin für eine gute Sache, sicher. Ich sage immer, man muss
versuchen, einen Weg zu finden, der für alle Menschen gut ist. Wie es jetzt ist, das ist
nicht die Lösung. Also, wir müssen was suchen, wir müssen was finden. Aber die
Art, wenn man es über die "Obersten" versucht, das ist auch keine Lösung. Die haben
auch viel falsch gemacht, die Leute eingesperrt, diese Mauer gebaut. Wenn man diese Leute,
z.B. Honecker, unterstützt, geht das bei vielen normalen Menschen, die man überzeugen
will, nach hinten los. Wenn sich einer mit denen da oben verbündet, dann wird er
unglaubwürdig. Ich finde, da schadet man manchmal der Sache mehr als man ihr nützt.
Norbert:
Die Honeckers und die Ulbrichts, ...
Gojko:
Sicher, die haben ihn gleich gegriffen, natürlich. Und sie haben ihn auch benutzt.
Norbert:
... das sind aber auch nur Leute für eine bestimmte Zeitspanne. Dann sind sie wieder weg vom Fenster.
Gojko:
So ist das.
Norbert:
Und dann heißt es, du warst doch sein bester Freund. Und nun kommt alles raus, was die
auf dem Kerbholz haben.
Gojko:
Ja, es ist irgendwie schwierig, darüber zu reden, auch für mich. Vielleicht hast du
mitgekriegt, wenn du mit den Leuten redest, dass viele gar nichts damit zu tun haben wollen.
Norbert:
Es gibt manchmal eine Mauer.
Gojko:
Ja es ist komisch.
Norbert:
Es gibt die Türen, die für uns offen sind, wo wir herzlich aufgenommen werden, wo
sie sagen, darauf haben wir gewartet. Das sind zweierlei Richtungen, einmal Fans, die ihn
geliebt haben und zum zweiten Leute, die ihn persönlich gekannt haben und wissen, wie er
privat war, für die er auch ein Vorbild war. Und es gibt die Leute, die sagen, nein, damit
will ich nichts zu tun haben.
Gojko:
Ja, sicher. Für mich ist das alles eine Tragik. Dean ist wirklich eine tragische Figur,
er ist irgendwie in diese Machtbereiche reingeraten und sein eigenes Opfer geworden.
Norbert:
Dean hat ja in den letzten Jahren den Wunsch gehabt, in die USA zurück zu gehen, besonders
in den letzten 2 Jahren, in denen er gelebt hat. Er hat da auch viel in die Wege geleitet, dass
er dort auch richtig Fuß fassen kann. Das hat aber leider alles nicht geklappt. In den USA
kannte ihn keiner.
Gojko:
Ja, was mich z.B. damals auch gestört hat war, dass er dieses Image aufbaute. Er ist
irgendwo in den USA bei einer Demo gewesen und da haben sie ihn verhaftet (1978 in Minnesota,
Anm. d. Red.). Die sollten da wohl ein Grundstück räumen. Die wollten aber nicht, und
die Polizei kam und hat sie verhaftet. Und nun war Dean plötzlich im Gefängnis. Ich
hörte damals im Auto zufällig DT 64, dieses Jugendradio in der DDR. Ich hörte
eine Sendung, ein Direktinterview mit Dean Reed aus dem USA-Gefängnis. Und die Schulen
forderten dann alle Freiheit für Dean Reed. Das wurde dann zu so einer künstlichen
Kampagne aufgebaut. Und ich dachte: Mensch Kinder, was macht ihr denn, ihr tut keinem einen
Gefallen. Und das ist schade, finde ich.
Norbert:
Ja, die Jugend will den Mythos lieben, den Held, und kümmert sich eigentlich gar nicht
mehr um die Sache, für die er eingetreten ist. Die Sache ist dann zweit- oder drittrangig.
Gojko:
Das ist aber dort in den USA eigentlich eine Kleinigkeit gewesen. Aber wie man diese ganze Sache
aufgeschaukelt hat, das ist es, was mich persönlich gestört hat. Weil das keinem nutzt.
Norbert:
Als er wiedergekommen ist, wurden ja auch Fotos gemacht, die Presse war da, er musste rumreisen
und berichten oder ist rumgereicht worden.
Gojko:
Ja, rumgereicht, genau.
Norbert:
Gut, das war natürlich für die Leute in der DDR auch interessant, mal was aus
erster Quelle zu hören.
Gojko:
Ja, interessant. Die Leute, die an der Seite standen, die haben mitgejubelt. Aber die Leute,
die man eigentlich überzeugen müsste, die hat man damit nicht erreicht. Ich meine,
dass er mit manchem der Sache nicht genützt, sondern eher geschadet hat.
Norbert:
Interessant ist das ja, so einen Tatsachenbericht von jemandem zu hören, der dabei
war, wie in kapitalistischen Ländern gekämpft wird. Was sie sonst nur aus dem
Schulbuch kennen. Das richtig life zu hören, ist schon gewaltig.
Gojko:
Mich hat es bisschen gewundert, aber da will ich mich nicht festlegen, es war immer egal,
in welcher Notlage er war, Reporter waren da, und sie haben berichtet. Es kam immer gleich
in Berlin an, die neuesten Nachrichten über die Festnahme. Ja, das konnte er sehr gut.
Er hatte Verbindungen zu allen gehabt.
Norbert:
Vielleicht war es einfach einfach nur gut organisiert?
Gojko:
Wie er mir erzählte, ist er bei "Erich" ein- und ausgegangen. Ist ja normal, dass man
sagt: So er ist nun mal da, da nutzen wir das aus.
Norbert:
Selbst in seinem angeblichen Abschiedsbrief hat er ja noch mal den "Erich" erwähnt:
"Meine Grüße auch an Erich - Ich bin nicht mit alles einverstanden...".
Gojko:
Den Abschiedsbrief kenne ich nicht. Wie gesagt, es ist wirklich traurig, es ist schade um
jeden, der tot ist. Ich weiß es nicht, aber ich glaube, der Mann ist sein eigenes Opfer geworden.
Norbert:
Sein eigenes Opfer, inwiefern? Dass er sich zu viele Feinde geschaffen hat, oder dass es
plötzlich die falschen Freunde waren?
Gojko:
Vielleicht hat er selber festgestellt, dass der Weg, den er gehen wollte oder musste oder
sollte, nicht der richtige war.
Norbert:
Wenn du durch die halbe Welt reist und dich für Frieden, Sozialismus und
Gleichberechtigung einsetzt, und dann zurück kommst in die DDR und siehst: Das haben
wir ja eigentlich auch gar nicht so, wie ich mir das wünsche. Und trotzdem mache ich
mit, kritiklos, nach außen hin wenigstens, das ist ein Widerspruch.
Gojko:
Wahrscheinlich ist es bei den Leuten, beim größten Teil der DDR-Bevölkerung,
nicht so angekommen.
Ich kann aber auf Grund dieser paar Erlebnisse, die ich hatte, nicht mehr sagen. Mich hat
es auch gewundert, dass viele mich fragten: Wie ist Dean gestorben? Woher soll ich das
wissen? Ich weiß nicht, hat er sich umgebracht, war es ein Mord, was war es eigentlich?
Norbert:
War Dean ein Opportunist? Ein kleines bisschen klingt es manchmal bei ihm heraus. Er hat ja
gesagt, dass es notwendig ist, die Popularität zu nutzen, wenn man was erreichen will.
Gojko:
Jetzt erinnere ich mich noch an ein Gespräch. Als wir im Auto fuhren, sagte er zu mir:
Weißt du, du musst auch was im Westen machen. Ich sagte: Wieso, Dean? Er sagte: Ja,
damit du da auch populär bist. Ich sagte: Aber ich bin voll ausgebucht, ich habe gar
keine Zeit. Ja, und das hat mich bisschen irritiert. Jetzt empfiehlt er mir plötzlich,
da im Westen was zu machen. Okay, es gab Gespräche, aber ich konnte es damals nicht
annehmen. Damals hatte ich erst mal diese Karl-May-Filme gemacht (1964 als Georg Mitic, Anm. d. Red.),
und es gab andere Projekte, aber ich konnte nicht mehr zurück, ich war so voll ausgebucht.
Norbert:
Hat er das nur so allgemein gesagt? Oder hat er konkrete Vorschläge gemacht?
Gojko:
Nein, das war nur allgemein gesagt.
Norbert:
Es klingt manchmal so ein bisschen raus, als wollte er nicht nur seine Popularität nutzen,
um etwas in der Welt zu verändern, sondern auch seine Beziehungen? Und dass er deswegen
auch die Beziehungen und den Kontakt ganz bewusst gesucht hat?
Gojko:
Ja, das hat mich etwas gestört. Plötzlich hieß es, der Dean will jetzt einen
Film machen, und da waren natürlich alle Türen offen bei der DEFA.
Norbert:
Gut, nun kann man ja nicht sagen, das es der schlechteste Film war. Er ist ja gut geworden, oder?
Gojko:
Ja.
Norbert:
Beide Rollen sind ja sehr markant und ausdrucksvoll.
Gojko:
Wenn man vor der Kamera steht, da muss man schon sein Bestes geben. Alles andere ist unwichtig.
Norbert:
Heute ist alles viel schwieriger geworden. Geld verdienen ist manchmal leichter geworden,
für andere ist es gar nicht mehr möglich.
Gojko:
Ja, wenn ich z.B. überlege, meine Filme werden jetzt auf Kassetten in die USA verkauft,
und hier, überall, und ich habe Null davon. Aber es ist mir eine Genugtuung, dass die Leute
sie sehen. Und viele finden das super gut. Und das freut mich. Es hängt nicht nur alles
am Geld. Ich lebe normal, ich hungere nicht, ich habe ein Dach über dem Kopf.
Norbert:
Benutzt du nicht auch deine Popularität, um was zu bewirken?
Gojko:
Es ist so, dass ich die Indianer sehr schätze.
Für einen Fernsehbeitrag wurde ich vor kurzem über den Film "Der Schuh des Manitu"
befragt. Ich habe ihn mir nachher auch angesehen. Sie haben mich gefragt, wie ich dazu stehe.
Ich sagte, wenn er gut gemacht ist; man kann über sich selber lachen, das ist kein Problem.
Ich hatte aber den Film noch nicht gesehen. Und dann stellten sie noch eine Frage: Aber da wird
die Philosophie der Indianer auf die Schippe genommen. Ich sagte, das kann man nicht machen,
das ist ein Verbrechen. Und dann haben sie nachher diese Frage rausgeschnitten und nur die
Antwort gesendet. Ich dachte, na ja, die Journalisten fummeln es so hin, wie sie es brauchen.
Das ist heutzutage dieser Verfall der Werte.
Norbert:
So Gojko, wir haben unsere Fragen im Kasten.
Gojko:
Haben wir's schon in etwa, ja? Ich konnte leider nicht viel sagen.
Norbert:
Wir versuchen, immer mehr Informationen zu bekommen, um uns eine eigene Meinung bilden zu
können. Und das war jetzt auch wieder ein kleines wertvolles Stückchen. Danke.
Gojko:
Ja, nichts zu danken. Tschüss!
|