Junge Welt 20.02.2007

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Zwei kommunistische Amis namens Reed

Von Helmut Höge

Was John Reed für die russische Revolution, war Dean Reed für die Deutsche Demokratische Republik. Beide Reeds waren waschechte Amis. Und beide begeisterten sich für südamerikanische Revolutionen: John schaffte mit seinen Reportagen über "Mexiko in Aufruhr" den Durchbruch als Journalist - auf Seiten des Volkshelden Pancho Villa, der seine Truppen 1913 von US-Filmemachern finanzieren ließ, denen er Zugang zu echten Kriegsszenen mit Tausenden von Indianer- und Bauernsoldaten bot. In drei Hollywoodfilmen (1912 bis 1916) stellte Villa sich selbst dar, mehr als 40mal wurde er von Schauspielern verkörpert. Dean Reed gelang als "Blondito" an der Seite von Yul Brynner der Einstieg in Hollywood: Die beiden kämpften dabei ebenfalls mit den Mexikanern, allerdings gegen Österreicher, die den "Kaiser von Mexiko" und seine Kolonialtruppen spielten.

John und Dean reisten nach Russland. Ersterer geriet dabei 1917 mitten in die Revolution, über die er dann ein Buch schrieb, das ihn berühmt machte: "Zehn Tage, die die Welt erschütterten". Als man ihn in den USA wegen Hochverrats anklagen wollte, flüchtete er in die UdSSR. 1920 starb er in Baku an Typhus. Man begrub ihn an der Kremlmauer. Dean Reed besuchte 1965 und 1966 die UdSSR, geriet danach in den USA in Verschiss und ging nach Europa. Zuerst spielte er in Italien in einigen "Spaghettiwestern" mit, dann siedelte er in die DDR über - 1972, wo er 1986 Selbstmord beging.

Über John Reed gibt es einen Spielfilm: "Reds" (1981), mit Warren Beatty in der Hauptrolle. Der Film bekam drei Oscars. Über den "Sänger und Friedenskämpfer" Dean Reed gibt es nun einen zweiten Dokumentarfilm: "Der Rote Elvis". Er hatte soeben auf der Berlinale Premiere. U.a. wirken Egon Krenz, Armin Mueller-Stahl und Isabel Allende mit. Ersterer meint, dass man Reed ab und zu sagen musste, was man offiziell von ihm erwartete. Er war öfter Stargast im "Kessel Buntes", besuchte die BAM und hatte auch sonst ein gutes Leben. Als Schauspieler trat er u.a. in "Sing, Cowboy sing", "Kit & Co", "Blutsbrüder" und "El Cantor" auf. Für seine Affären stellte man ihm angeblich extra eine "Zweitwohnung" zur Verfügung. Reed war in der DDR erst mit einem Model namens Wiebke verheiratet und dann mit der Schauspielerin Renate Blume, über die er in einem "Abschiedsbrief" schrieb: "Sie quält mich und foltert mich seit Jahren."

Nach der Premierenparty in Wladimir Kaminers neuer Diskothek "Rodina" an der Jannowitzbrücke trudelten bereits die ersten Rezensionen ein: Die Bild-Zeitung machte groß mit einem Foto der Leiche von Reed auf, das die Filmemacher angeblich in den USA fanden. Aufgenommen wurde es jedoch von der Ermittlungsgruppe des Hauptmanns Thomas Sindermann (dem Sohn des ehemaligen Volkskammerpräsidenten), die seinerzeit den Tod des US-Sängers untersuchte, der sich im Zeuthener See ertränkte. Die taz schrieb: Er blieb in der DDR, "weil es hier Jobs gab und Frauen". Das legt auch der Film nahe. Es stimmt jedoch nicht, denn Dean war - wie wahrscheinlich auch John - schwul, mindestens bisexuell, d. h. er führte eine Art Doppelleben. Immer wieder fuhr er in die CSSR, wo er Platten aufnahm und Auftritte hatte, dabei lernte er 1975 den damals berühmten Popsänger Vaclav Neckar kennen - und in dessen Kreisen eine Gruppe von Roadies, darunter einen ehemaligen Kaskadeur, die er dann öfter nach Berlin einlud, wo sie "Männer-Sexparties" feierten, die noch heute in der mittlerweile altgewordenen Prager Musikerszene als legendär gelten. Angeblich sollen sie in Dean Reeds "schönem Haus am Rande von Berlin" stattgefunden haben.

Der Homosexuellenparagraph 175, dessen Abschaffung schon August Bebel gefordert hatte, wurde in der BRD erst 1994 gestrichen. Schon Mitte der 1970er wurde die Homosexualität in der DDR als bloße "Variante" des Sexuallebens begriffen und somit der heterosexuellen Beziehung gleichgestellt. Die herrschende proletarisch-männliche Ideologie ließ es jedoch geraten sein, nicht allzu offensiv mit einer solchen "Orientierung" aufzutreten - erst recht nicht, wenn man ein quasi offizieller kommunistischer "Film- und Fernsehstar" war und privat als großer Frauenheld galt, der von seiner Frau Wiebke als "bestaussehendster Mann der Welt" bezeichnet wurde.

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Letzte Änderung: 2011-05-06