Welt am Sonntag 04.07.2004

Berliner Morgenpost 12.07.2004

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Berlin-Krimi für Hollywood

Tom Hanks verfilmt das Leben Dean Reeds, der 1986 in der DDR starb

Berlin/Los Angeles - Als Künstlerin hat sie das Film-Mekka Hollywood nie sonderlich gereizt. Die Zusammenarbeit mit Superstar Tom Hanks hingegen schätzt Schauspielerin Renate Blume jetzt umso mehr: Die 60-jährige Berlinerin hat kürzlich einen Vertrag bei der Filmfirma Dreamworks unterschrieben. Es geht um die Verfilmung des Lebens von Dean Reed, mit dem Blume fünf Jahre (1981 bis zu Reeds Tod 1986) verheiratet war.

Der amerikanische Sänger und Dokumentarfilmer war im Alter von 47 Jahren auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen - seine Leiche trieb im Zeuthener See. Sein Auto stand am Ufer.

Renate Blume, die weder etwas über die Höhe des Honorars, noch den näheren Inhalt des Vertrages mitteilen darf, sagte WELT am SONNTAG: "Auch mein Sohn Alexander hat einen Vertrag unterschrieben. Wir stellen beide Tom Hanks exklusiv unser Wissen zur Verfügung. Dreamworks lässt jetzt ein Drehbuch schreiben. Es wird ein Film über einen ungewöhnlichen Amerikaner."

Bereits am 23. Januar 2003 war Hanks, der die Hauptrolle spielen soll, in Berlin und traf sich mit Reeds Witwe. Auch am Zeuthener See, wo Renate Blume heute noch ein Haus hat. Insbesondere von der legeren Art des Oscar-Preisträgers war Blume überrascht. "Er war total locker, ein sympathischer Typ", sagt sie.

Dean Reeds Biografie - eine außerordentliche Story für Hollywood. Der Amerikaner war 1971 auf Einladung eines Dokumentarfilmfestivals nach Leipzig gekommen, um einen Film über Chile zu präsentieren, den er mitproduziert hatte. Dort traf er zufällig auf eine deutsche Lehrerin, die sich für das Festival interessierte und seinen Film ansah - seine zweite Frau Wiebke Reed.

Ihretwegen blieb der Amerikaner in der DDR. "Es funkte sofort", erinnert sich Wiebke Reed. 1973 heirateten beide. 1976 wurde ihre Tochter Natascha geboren. Auch beruflich hatte Reed viel Glück. 1972 drehte er den Film "Aus dem Leben eines Taugenichts". Zwei Jahre später dann den Defa-Film "Kit & Co" mit Top-Besetzung: Manfred Krug, Rolf Hoppe, Armin Mueller-Stahl - und Renate Blume. Reed und die dunkelhaarige Berlinerin spielen ein Liebespaar.

Blume: "Ich fand ihn sofort sympathisch, aber die Liebe kam erst viel später, Ende der 70er-Jahre." Am 22. September 1981 heirateten beide. Knapp vier Jahre später dann der rätselhafte Tod, den Blume bis heute nicht verwunden hat. "Eine Narbe bleibt für immer", sagt sie. Offizielle DDR-Stellen sprachen damals von einem tragischen Unfall. Die andere Version: Die Stasi habe Reed umgebracht - womöglich weil der US-Star vom Sozialismus die Nase voll hatte und zurück in seine Heimat gehen wollte. Die genauen Umstände sind bis heute obskur - Blume jedenfalls schweigt zum Thema.

Wer nicht schweigt, ist Wiebke Reed, heute Künstler-Agentin in Berlin. Die 62-Jährige betreut Jungstars wie Matthias Schweighöfer und Stefanie Stappenbeck. Auch sie hat Tom Hanks bei der Berlinale im Februar dieses Jahres persönlich getroffen. "Aber ich bin nicht mit drin in dem Projekt", sagt sie. Aus Zeitmangel. Und weil sie nicht glaubt, dass "der Film so wird, wie das Leben und vor allem das Ende Dean Reeds wirklich gewesen ist". Ihre Sicht der Dinge ist glasklar - und so gar nicht mysteriös. "Es war Selbstmord. In seinem Auto lag ein 15 Seiten langer Abschiedsbrief. Den hat Kommissar Thomas Sindermann, Leiter der Mordkommission und Sohn von Horst Sindermann, des letzten DDR-Volkskammerpräsidenten, gefunden. Der Brief wurde aber nie öffentlich gemacht." Vielmehr wurde der tragische Tod des Defa-Filmstars von der Stasi als Unfall dargestellt. Doch Gerichtsmediziner wussten es besser. Sie fanden in Reeds Leichnam Spuren eines starken Beruhigungsmittels - Selbstmord!

So jedenfalls wird es in dem Buch "Zeitzeuge: Tod. Spektakuläre Fälle der Berliner Gerichtsmedizin" beschrieben. Einer der drei Autoren ist Gunther Geserick, langjähriger Leiter der Gerichtsmedizin an der Charité.

Wiebke Reed, die auch noch nach der Scheidung einen guten Kontakt zu Dean Reed hatte, behauptet: "Schon zwei Tage vor seinem Tod unternahm er in seinem Haus am Zeuthener See einen Selbstmordversuch."

Deshalb hegt sie auch eigene Pläne. "Es wird einen zweiten Film über Dean Reed geben. Einen deutschen Dokumentarfilm, der jetzt in Berlin vorbereitet wird." In dieses Vorhaben sei auch Reeds erste Frau Patricia, die er 1964 in Mexiko geheiratet hatte, eingeweiht. Sie lebt in Los Angeles. Warum hat sich Reed das Leben genommen? Wiebke Reed sagt nachdenklich: "Eigentlich hätte er glücklich sein müssen. Er war aber unglücklich. Nur nach außen hin war er ein Sunnyboy." Wie Renate Blume darüber denkt, das wird sie jetzt vermutlich nur noch Tom Hanks verraten.

Barbara Jänichen

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