Neues Deutschland 02.08.2007

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Ein Glücksfall

Der Rote Elvis - von Leopold Grün

Von Hanno Harnisch

Am 17. Juni 1986 endet das Leben von Dean Reed - als Wasserleiche im Zeuthener See. Der Sänger und Schauspieler aus Colorado war befreundet mit Salvador Allende und Yasser Arafat, protestierte auf der ganzen Welt gegen Militär-Regimes und den Vietnamkrieg, drehte Spaghettiwestern in Italien, tourte als erster Amerikaner durch die Sowjetunion, sang Country-Schlager im DDR-Fernsehen und besuchte - mit der Kalaschnikow in der Hand - Militärlager in Libanon. Der Friedenskämpfer und Rebell reiste mit seiner Gitarre und seinen Überzeugungen rund um die Erde. 1972 lässt er sich in der DDR nieder.

Der Mythos von Dean Reed hat den Kalten Krieg überlebt. Und jetzt kann man in einem sehr sorgfältg gemachten Dokumentarfilm die Stationen seines Lebens, seiner Lieder, Filme, seiner offenen - und heimlichen - Lieben, seines Brennens für eine bessere Welt und auch sein Verzweifeltsein nachvollziehen. Filmemacher Leopold Grün porträtiert ihn in Dokumentaraufnahmen und in den Erinnerungen von Lebensbegleitern. Armin Mueller-Stahl spricht erfreulich achtungsvoll von seinem Schauspielerkollegen. Regisseur Celino Bleiweiß sieht seinen Hauptdarsteller ("Aus dem Leben eines Taugenichts") erstaunlich kritisch. Egon Krenz erklärt logisch, warum die DDR Dean Reed gebraucht hatte. Missbraucht, werden einige sagen. Der Regisseur Günter Reisch hat sein privates Filmarchiv geöffnet. Isabel Allende erinnert noch einmal an Reeds großes Engagement für Chile und die Unidad Popular.

"Der Rote Elvis" ist ein eingängiger Filmtitel. Besonders glücklich ist er nicht. Doch der Film insgesamt ist ein Glücksfall. So, wie Dean Reed ein Glücksfall für den Sozialimus war. Da kommt einer, der in Amerika ein Star war, und widmet sich dem Friedenskampf. Für einen Radiomoderator aus dem Mittelwesten der USA ist das blanker Verrat.

Leopold Grün lässt Frauen über Dean Reed erzählen. Wiebke, die Dolmetscherin, die er bald nach seiner Ankunft in der DDR heiratet. Sie schwankt zwischen Bewunderung und Gekränktsein. Maria, die Fernsehansagerin und gute Freundin. Maren, die Medizinerin. Geliebte. Sie wäre gerne mit ihm zusammen aus dem Leben geschieden. Beeindruckende, einfache Sätze. Renate, die Schauspielerin, mit der er die letzten Jahre gelebt hat. Erfolge gefeiert. Frust verarbeitet. Weil es politisch - und künstlerisch - nicht voranging. Doch Renate will vor der Kamera nicht reden. Schade.

Erfolg und Tragik sind enge Nachbarn. Politisches Engagement und Naivität können zusammengehören. Ohne dass Aufrichtigkeit auf der Strecke bleibt. Wenn Dean Reed nicht ins Wasser gegangen wäre, was würde er heute machen? Wir können ab heute aber sehen, was er gemacht hatte.

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Letzte Änderung: 2007-08-03