Botschafter der Liebe und des Friedens
Zum Beginn einer Filmreihe mit Dean Reed Mittwoch 19.00 Uhr DDR-Fernsehen 2
Dean Reed hatte viele Freunde. Zu jenen, die ihm besonders verbunden waren, gehört Regisseur
Günter Reisch,
mit dessen Namen sich Erfolgsfilme wie "Gewissen in Aufruhr", "Anton der Zauberer" und "Die Verlobte"
verbinden. Reisch erinnert sich für FF dabei an Begegnungen mit Dean Reed:
1971 während der Internationalen
Dokumentarfilmwoche,
im Leipziger Capitol, trat er das erste Mal bei uns auf. Begeisterte alle, dieser blonde nordamerikanische
Sänger, angereist aus Italien auf Umwegen, über eine Friedenskonferenz in Skandinavien. Es war
auch meine erste Begegnung mit ihm, vorerst nur als Zuschauer. Er blieb zunächst als Gast in der DDR,
drehte bei der DEFA "Aus dem Leben eines Taugenichts",
trieb nicht nur Sprachstudien,
heiratete
und wurde fast sesshaft. Erfuhr, dass sein Gesang auch seinem Wort Gewicht verlieh. Er besuchte unsere
Filmpremiere "Wolz - Leben und Verklärung eines deutschen Anarchisten". Ein spontaner Rebell gegen das
Unrecht soll der Gesetzmäßigkeit der Revolution folgen. Ihm gefiel das Thema, es berührte
irgendwie sein eigenes.
Sein Weg begann einst bei den Cowboys von Colorado,
führte in die Studios von Hollywood. Von der Spitze der USA-Hitliste zog es ihn dahin, wo die Welt sich
besonders spürbar veränderte, in das
Chile Allendes, an die Seite der
PLO,
in das befreite Vietnam. Überall gewann er Compañeros, Freunde. Chile blieb seine Sehnsucht,
seine Liebe. Victor Jara
zum Gedenken drehte er "El Cantor".
Wohl sein bester Film. Ich notierte ihm damals meine Empfindungen dazu. Er antwortete, und wir fühlten,
dass wir in vielem auf gleicher Welle lagen. Als wir uns auch noch beim Wassersport trafen, schlug er eines
Tages vor, einen Film in gemeinsamer Regie zu drehen, nach seinem Drehbuch
"Bloody Heart".
Eine Geschichte unter Indianern am Ausgang des Vietnamkrieges, an dem viele als US-Soldaten teilnahmen und dann
heimgekehrt endlich ihre verbrieften Rechte angewandt wissen wollten. Umfangreiche Vorbereitungen für die
Koproduktion mit der Sowjetunion begannen.
Inzwischen sang er wieder, trat bei den
Weltfestspielen in Moskau
in überfüllten Stadien auf, sang vor
Studenten und
Arbeitern
in Chile, wurde ausgewiesen, in
Uruguay
für kurze Zeit verhaftet. Kaum war er zurückgekehrt, suchten wir gemeinsam auf der Krim
Landschaftsmotive für unseren Film. Überall strebte er Kontakte an. Ich werde nie einen Abend
mit jungen Leuten in Jalta vergessen. Er kam gar nicht zum Singen, so viele Fragen gab es an ihn, den
Amerikaner, wie er die Lösung der Spannungen, die Möglichkeit des Friedens sehe. Er hatte auch
ihrer Friedenssehnsucht Ausdruck gegeben. Das war der Kern seiner unbeschreiblichen Popularität.
Dean hatte viele Bewunderer. Was er suchte, war selbstverständliche Freundschaft. Er brauchte Menschen,
die auf ihn zukamen, die seine Art, emotional zu leben, mit gleichen Gefühlen beantworteten. Irgendwie
betrachtete er mich als Compañero, vertraute mir auch seine Probleme an. So hatte man ihn nach Denver
eingeladen zur Premiere des Dokumentarfilmes
"Ein amerikanischer Rebell",
den ein TV-Team aus den USA über ihn gedreht hatte. Ein Erfolg, der Bitteres nach sich zog. Dem unbequemen
Sänger wurde eine versprochene Tournee verweigert, das Tor zu seiner Heimat zugeschlagen. Das traf ihn
empfindlich. Er handelte immer mit vollstem Einsatz, war selbstbewusst, an Erfolg gewöhnt von Jugend an.
Ebenso reagierte er sensibel auf den geringsten Rückschlag. Gewohnt, auf dem Kamm der Woge zu stehen,
erschien ihm jedes Wellental wie das Ende des Ozean. Auch ist unser Land so groß nicht - jeder kannte
ihn über lange Jahre, der Reiz des gegenseitigen Entdeckens ebbte ab. Dabei fühlte er sich mit
Renate,
seiner Frau hier zu Hause.
Dean suchte keinen neuen Sound, um einer Mode zu folgen. Er vertraute seiner Gitarre und seinen Liedern.
Er fühlte sich als Sänger eines ehrlichen Amerikas. Sein Hauptargument gegen den Imperialismus
war der Wortlaut der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und die von ihr geforderten
Menschenrechte. Darin lag auch die Botschaft des geplanten und dann nicht realisierten Filmes. Wenige Wochen
vor Drehbeginn mussten wir für immer von ihm Abschied nehmen.
Es bleiben seine Lieder und auch seine Filme, die, so meine ich, nur einen Teil von seiner kräftigen
Persönlichkeit wiedergeben, von ihrer Würde. Von seinem großen Gerechtigkeitssinn,
Verantwortungsgefühl, von seiner Zuverlässigkeit.
|