Märkische Oderzeitung 12./13.05.2007

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Cowboy auf Friedensmission

Fast 21 Jahre nach seinem Tod hat Dean Reed naoch immer eine treue Fangemeinde, die die Erinnerung an ihn bewahren will. Eine neue DVD-Box soll ihr dabei helfen

Von Sabine Rakitin

"Er war unser Freund. Er ist unser Freund. Und er wird immer unser Freund bleiben." Mit fester Stimme spricht Siegfried Fiedler diesen Satz in das Mikrofon. Widerspruch erwartet er nicht. Er würde ihn wohl auch nicht zulassen.

Siegfried Fiedler ist der Vorsitzende des Jugendfilmclubs "Olga Benario" in Frankfurt (Oder). Und er ist ein treuer Fan von Dean Reed. Wie die meisten der etwa 300 Besucher, die an diesem Abend in das kleine Berliner Kino "Toni" gekommen sind, um die Hommage an Dean Reed, "den amerikanischen Rebellen" mitzuerleben.

Eingeladen hat die Icestorm Entertainment GmbH, ein in Berlin ansässiges Unternehmen, das über das exklusive Recht verfügt, alle Defa-Filmproduktionen für jede Art audiovisueller Trägermedien weltweit zu vermarkten. Dabei kann die Firma auf einen Fundus von rund 13.000 Filmen zurückgreifen. Auch auf die mit Dean Reed. Vier davon - "Kit & Co" (1974), "Blutsbrüder" (1975), "Soviel Lieder, soviel Worte" (1975) und "Sing, Cowboy, sing" (1981) - hat sie nun als DVD-Paket auf den Markt gebracht. Wohl weniger, weil die Filme künstlerisch besonders wertvoll sind, sondern vielmehr, weil Dean Reeds Leben, auch zwei Jahrzehnte nach seinem Tod, legendenumwittert ist und nach wie vor Tausende von Anhängern, vor allem in Ostdeutschland, in seinen Bann zieht.

Wie Ingeborg Stiehler. Die mittlerweile 91-Jährige lernte Dean Reed bei seinem ersten Besuch in der DDR 1971 im Rahmen der Leipziger Dokfilmwoche kennen und blieb ihm bis zu seinem Tode eng verbunden. Die Leipzigerin schildert ihn als "natürlich, offen, an allem interessiert": "Er enttäuschte als Freund nie". Politisch jedoch sei er "nahezu naiv, ja, überidealistisch" gewesen.

Als 34-Jähriger siedelte der in Wheat Ridge (Colorado) geborene Dean Reed in die DDR über. Da hatte er bereits eine relativ erfolgreiche Karriere als Sänger und Schauspieler in Südamerika hinter sich, hatt sich der weltweiten Friedensbewegung gegen die amerikanische Atomwaffenpolitik angeschlossen und war als eine Art "singender Weltaktivist mit Friedensmission" bei zahlreichen Regierungen angeeckt. Er wurde aus Argentinien ausgewiesen, stand in Spanien auf einer schwarzen Liste, die ihm jegliches Arbeiten verbot, und durfte nach Protesten vor der amerikanischen Botschaft in Rom auch in Italien nicht mehr auftreten.

Reeds Übersiedlung in die DDR erfolgte nicht von ungefähr. Dort lernte er seine zweite Frau Wiebke kennen. Dort avancierte er zum Star. Ein marxistischer Amerikaner kam dem SED-Politbüro gerade recht. So einer wie Reed, mit seiner gewinnenden, charmanten Art, noch dazu ausgestattet mit einer passablen Stimme, ein solcher "roter Cowboy" ließ sich bestens als Aushängeschild des Sozialismus gebrauchen. In jenen Jahren, da das nikaraguanische Volk um seine Freiheit, da die Palästinenser um ihre Anerkennung kämpften, in jenen Jahren war es Dean Reed, der sich mich Daniel Ortega traf oder Yasser Arafat brüderlich umarmte - immer begleitet von Kameras, für die Daheimgebliebenen in der DDR. "Er war ein Showman, aber er war echt und glaubte, wovon er redete", sagte sein Freund Victor Grossman, US-Amerikaner wie Reed und in den50er Jahren in die DDR gekommen, einmal über ihn.

Auch Siegfried Fiedler, der Filmclubchef aus Frankfurt, der dem Musiker und Schauspieler in den Studios von Babelsberg das erste Mal begegnete und immer noch stolz darauf ist, dass der tatsächlich die "Olgas", wie sich die Mitglieder des Clubs nennen, wiederholt besuchte, lobt: "Es war seine Unterschrockenheit, sein ungeheurer Wille, für eine humanistische Gesellschaft, für den Frieden zu kämpfen. Das hat uns Mut gemacht". Und Ingeborg Stiehler ergänzt: "Der hat nicht geredet. Der hat gehandelt".

Doch in dem Maße, wie die Widersprüche in der DDR zunahmen, in dem Maße, wie die Diskrepanz zwischen postuliertem und praktiziertem Sozialismus immer größer wurde, in dem Maße bröckelte auch die Front der Dean-Reed-Verehrer. Von immer mehr Menschen wurden seine Bekenntnisse für Frieden und internationale Solidarität als "Masche" empfunden. Sie nahmen ihm übel, dass er sich von FDJ, Partei und Staat instrumentalisieren ließ und gingen auf Abstand zu dem "Vorzeige-Cowboy", wie er nun hinter vorgehaltener Hand spöttisch genannt wurde. "Er war manchmal zu weit links für die DDR-Leute", sagt sein Freund Victor Grossman.

Reed selbst schien zu spüren, dass er seinen Zenit in der DDR längst überschritten hatte. Nach Aussagen von Freunden soll er unter der Situation gelitten haben. Öffentlich aber stellte er sich weiter demonstrativ vor die SED-Führung und schwärmte von ihrer Politik. So sprach er noch 1986, in dem Jahr, in dem er in den Freitod ging, in einem Interview für eine große US-Nachrichtenagentur von Erich Honecker als "seinem Freund", dem er alles ehrlich sagen könne und den er gut finde.

In der "Hommage an Dean Reed" im Kino Toni spielen diese Widersprüche kaum eine Rolle. Die Reflexion seines Lebens beschränkt sich auf seine Rolle als "amerikanischer Rebell", auf die eines umjubelten DDR-Stars, der einer "zum Anfassen" war, "einer, der lebte, was er sagte".

Es ist eine Mischung aus Wehmut und Nostalgie, die den Abend bestimmt. Gekommen sind Menschen, die ihre Erinnerungen bewahren wollen - an Dean Reed und an ihr eigenes Leben in der DDR. Irgendwann beklagt Ingeborg Stiehler: "Wir können mit der Vergangenheit nicht richtig umgehen", weil eine Potsdamer Schule, die zu DDR-Zeiten den Namen Dean Reed verliehen bekam, heute nicht mehr so heißt. Beifall brandet auf, hat die 91-Jährige doch ausgesprochen, was viele im Saal schon seit langem als Kränkung empfinden: die Negation ostdeutscher Biografien im vereinten Deutschland.

Brigitte Miesen stammt nicht aus der DDR. Dennoch zählt sich auch die Icestorm-Geschäftsführerin zu den Fans von Dean Reed. Aufgewachsen auf der Westseite des innerdeutschen Grenzgebietes, konnte sie DDR-Fernsehen empfangen. Als Zwölfjährige, so erzählt sie, habe sie den Sänger auf der Mattscheibe das erste Mal gesehen - und sich sofort in ihn verliebt. "Diese Stimme, dieses Lächeln", schwärmt die Mittvierzigerin noch heute von der DDR einzigem und liebstem Cowboy. Und so hat Brigitte Miesen das DVD-Projekt mit den vier Reed-Filmen entscheidend vorangetrieben. Sie jedenfalls ist zufrieden: "Eine Mädchen-Schwärmerei ist wirklichkeit geworden".

"Dean Reed - Der amerikanische Rebell". Box mit vier DVDs, Booklet, CD und Bonusmaterial, ab 16. Mai im Handel, 39.99 Euro; Informationen unter www.icestorm.de

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Letzte Änderung: 2011-04-21