Südkurier 01.08.2007 |
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Ein US-Popstar im Käfig DDRNeu im Kino: "Der rote Elvis" - Dokumentarisches Denkmal für Dean ReedSeine Gesangsstimme war gar nicht so toll, aber das Gesicht war wie geschaffen für Mädchenträume: Dean Reed war in den Siebzigerjahren ein Superstar. Zu Tausenden lagen sie ihm zu Füßen, wenn er mit seiner akustischen Gitarre den Weltfrieden herbeisang. In Südamerika wurde er regelrecht vergöttert, nachdem er in einer symbolträchtigen Aktion vor der US-Botschaft in Chile die amerikanische Flagge gewaschen hatte, um auf diese Weise gegen die Außenpolitik seines Landes und vor allem den Krieg in Vietnam zu demonstrieren. Er wurde ausgewiesen und landete ausgerechnet in der DDR: Ein Weltstar zog freiwillig in den Käfig, aus dem so viele andere raus wollten. Heute ist Reed weitgehend in Vergessenheit geraten. Im Westen war er ohnehin nie so populär wie in jenen Ländern, die ihren Bürgern den real existierenden Sozialismus verordnet hatten. Der Dokumentarfilmer Leopold Grün, gebürtiger Dresdener (Jahrgang 1968), hat dem Sänger und Schauspieler nun ein filmisches Denkmal gesetzt, das zumindest stellenweise überraschend kontrovers ausfällt. Grün enthält sich zwar eines Kommentars, stellt dem mitunter hemmungslosen Personenkult aber auch äußerst kritische Stimmen gegenüber. Vor allem der Mensch hinter dem Sunnyboy-Lächeln kommt nicht besonders gut weg. Eine der Ex-Frauen Reeds nimmt kein Blatt vor den Mund und beklagt sich über den "großen Friedenskämpfer, der Frau und Kind aus dem Haus schmeißt". Mit einer intimen Vertrauten, die wie er unter Depressionen litt, hat er offenbar über Jahre hinweg Pläne für einen gemeinsamen Freitod geschmiedet. Ob Dean Reed ein naiver Idealist war oder bloß ein raffinierter Opportunist, der ins Ausland gegangen ist, weil ihm in Amerika der Durchbruch verwehrt blieb: Grün lässt es offen. Dank diverser auch widersprüchlicher Aussagen von Weggefährten und Zeitgenossen wie Armin Mueller-Stahl, Egon Krenz oder Isabel Allende entsteht nach und nach das Bild einer in jedem Fall faszinierenden Persönlichkeit. Ohne jede Wertung verfolgt der Film die Stationen eines schillernden Lebens: Protest gegen Pinochet in Argentinien, mit Gitarrenkoffer und Kalaschnikow im Freiheitskampf der Palästinenser, als "Taugenichts" oder singender Cowboy in längst vergessenen Defa-Filmen und schließlich, in den Achtzigern, als Schlagersänger in Fernsehgalas. Da hatte sich die Welt bereits weitergedreht; Dean Reed war bloß noch Erinnerung an eine andere Zeit. Ein Comeback-Versuch in Amerika zerschlug sich, als er Ronald Reagan in einer TV-Talkshow wegen dessen Aufrüstungsplänen als "Staatsterroristen" bezeichnete. Am 17. Juni 1986 wurde Reeds Leiche in einem See bei Ost-Berlin gefunden. Er ist 47 Jahre alt geworden. TILMANN P. GANGLOFF Parallel zum Filmstart erscheint im Aufbau-Verlag Stefan Ernstings Buch "Der Rote Elvis. Das kuriose Leben eines US-Rockstars in der DDR". |
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www.DeanReed.de
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