Super Illu 32/2004, 29.07.2004 |
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18 Jahre danach: Neuer Wirbel um Dean Reeds TodRenate Blume leidet unter dem Nervenkrieg. In einem erst jetzt vollständig veröffentlichten Abschiedsbrief macht ihr Mann ihr schwere Vorwürfe. Im Interview mit SUPERillu wehrt sie sich. Nicht nur sie fragt sich: Ist der Brief echt? Die schlafenden Gespenster sind wieder aufgewacht. Jahrelang haben sie Renate Blume (60) in Ruhe gelassen, aber jetzt sitzen sie jede Nacht auf ihrer Bettkante, spuken in den Träumen der Witwe von Dean Reed und halten ihr einen Brief vor die Augen. Sein Abschiedsbrief: In großen, krakeligen Buchstaben steht da, warum ihr Mann sich am 12. Juni 1986 umgebracht hat. 18 Jahre sind seitdem vergangen, aber erst jetzt liest Renate Blume diese 15 Seiten, von deren Existenz sie bisher nur gehört hatte, zum ersten Mal. Vorwürfe über Vorwürfe. Die Vergangenheit holt sie völlig unerwartet wieder ein. Der singende RebellRückblende: Renate Blume und Dean Reed gelten seit ihrer Heirat 1981 als ein Traumpaar der DDR-Künstlerszene. Sie, die schöne und erfolgreiche Schauspielerin, und er, der singende Rebell aus Colorado, genannt "Der rote Elvis". In seiner Heimat ist er gegen den Vietnamkrieg und die Machenschaften der US-Regierung in Südamerika auf die Straße und ins Gefängnis gegangen. "Mein Leben ist der Aufgabe geweiht, meinen Ruhm und mein Talent zu nutzen, um gegen die Ungerechtigkeit in der Welt zu kämpfen, wo immer und wann immer ich sie antreffe", ist sein Credo. Als Friedenskämpfer wird er 1971 zum Leipziger Dokumentarfilm-Festival eingeladen, und er bleibt in der DDR. Staats- und Parteiführung drücken ihn an ihr Herz. Ihm gefällt die Umarmung: Er wird hofiert, tritt im ganzen Land und in sozialistischen Bruderländern auf, dreht Filme wie den Kinorenner "Sing, Cowboy, sing". Er macht TV-Shows und wird mit seiner romantischen Stimme und seinem strahlenden Lachen zum Idol der Jugend. Rätsel bis heuteEs geht ihm blendend: Er hat ein wunderschönes Haus am Zeuthener See bei Berlin, fährt einen Lada und darf mit seinem Pass als US-Staatsbürger jederzeit ins westliche Ausland reisen. Warum sollte so ein Mann Selbstmord begehen? Oder wurde er von der Stasi aus dem Weg geräumt, weil er die DDR wieder verlassen wollte? Rätsel bis heute. Und vor allem die Frage: Warum verschwand sein Abschiedsbrief 1986 im Panzerschrank des MfS? SpurensucheSUPERillu-Reporter Jörg Abromeit sprach mit Thomas Sindermann (48). Der Sohn des früheren DDR-Ministerpräsidenten Horst Sindermann [Volkskammerpräsident, d. Red.] war 1986 Major der Kriminalpolizei und Leiter der Morduntersuchungskommission (MUK) in Ost-Berlin. Er leitete damals die Ermittlungen im Fall Dean Reed. Er erinnert sich: "Reed hatte am Abend des 12. Juni sein Haus verlassen und war nicht zurückgekehrt." Er musste zu Drehbuchbesprechungen. Der Kripomann: "Wir wurden zwei Tage nach seinem Verschwinden von der Staatssicherheit, die zunächst eigene Leute losgeschickt hatte, informiert. Ein Suchtrupp hatte das leere Auto Reeds drei Kilometer von seinem Haus entfernt in einem Wald gefunden. Die Stasi informierte uns auch über einen Brief auf dem Beifahrersitz, in dem Reed seinen Selbstmord angekündigt hatte. Doch der Brief war weg. Er war direkt an Honecker weitergeleitet worden, hieß es." Der Tote im SeeErst nach dreitägiger Suche fand die Wasserpolizei die Leiche Reeds, treibend im Zeuthener See. Sindermann: "Er trug Jeans, eine Jeansjacke mit Fell und Cowboystiefel. Die Leiche wurde sofort in die Gerichtsmedizin gebracht und untersucht. Wir erfuhren später, dass Reed mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt und dann ertrunken war. Eindeutig Selbstmord. Ein klarer Fall." Der AbschiedsbriefDoch SED-Generalsekretär Erich Honecker sah das anders. Zuerst einmal war er verwundert: Denn der in holprigem Deutsch verfasste Abschiedsbrief ist nicht an Reeds Frau Renate Blume gerichtet, sondern "An den Freund und Genossen Eberhard Fensch". Fensch, der heute als 75-jähriger Rentner auf Usedom lebt, war 1986 stellvertretender Leiter der Abteilung Agitation im ZK der SED und zuständig für Rundfunk und Fernsehen. Seit einer Begegnung mit Dean Reed in den 70er Jahren bei der TV-Sendung "Nacht der Prominenten" hatte sich zwischen dem Künstler und dem hohen Funktionär eine Freundschaft entwickelt. Am 9. Juni 1986, drei Tage vor Reeds Tod, fuhr Fensch Hals über Kopf zu Reed. Der Sänger hatte einen Selbstmordversuch unternommen, sich mit einer Machete die Pulsadern aufgeschnitten. "Wir redeten die ganze Nacht", erinnert sich Fensch. "Dean hatte das Gefühl, in einer tiefen künstlerischen Krise zu stecken. Und in einer Ehetragödie mit seiner Frau Renate. Doch er versprach mir hoch und heilig, sich nie wieder etwas antun zu wollen. Als ich dann drei Tage später hörte, dass er verschwunden war, ahnte ich das Schlimmste." Honeckers falsches SpielNach dem Fund der Leiche wird Fensch zu Honecker zitiert. "Er entschied, dass der Tod ein tragischer Unfall war und dass der Abschiedsbrief für immer geheim gehalten werden sollte. Niemand dürfe von seinem Inhalt erfahren, auch seine Frau Renate nicht." Für diese Entscheidung kann es zwei Gründe gegeben haben. 1. einen politischen: Ein Aushängeschild des Sozialismus bringt sich nicht um. Die West-Presse hätte den Selbstmord Reeds als Signal für den Verfall der DDR ausschlachten können. Und 2. einen menschlichen: "Honecker hatte durchaus solche Züge. Er wollte Renate Blume den Schmerz ersparen", sagt Fensch. Denn auf den 15 Seite steht am Anfang: "Mein Tod hat nichts mit Politik zu tun." Bittere VorwürfeDean Reed schrieb sich, wenn der Brief echt ist, in den letzten Minuten seines Lebens die Gründe von der Seele, wo wie er alles empfindet. "Sie hat mich angeschrien, dass ich nur ein schlechter amerikanischer Showman bin, der keinen Mut hat, sich selbst umzubringen", heißt es da. "Sie quält und foltert mich seit Jahren und ist eifersüchtig auf alle, die ich liebe und die mich lieben. Sie terrorisiert mich seit 5 Jahren. Ich wollte bis der Tod uns scheidet mit Renate leben, aber sie hat mich umgebracht. Tag für Tag." Echt oder falsch?Im Interview mit SUPERillu sagt Renate Blume, was sie von diesem Brief hält und wie tief verletzt sie bis heute ist, dass man ihr diese letzten Zeilen ihres Mannes so lange vorenthalten hat. Doch es gibt auch Zweifler, die glauben, dieses Schreiben stamme überhaupt nicht von der Hand Dean Reeds. Norbert Diener, Innenenrichter aus Kiel, ist einer der Initiatoren der Dean-Reed-Mitmach-Website (www.deanreed.de), einer Vereinigung von 80 Mitgliedern aus Ost- und Westdeutschland, aus mehreren Ländern Europas und aus Amerika, die das Andenken ihres Idols hochhalten wollen. "Seine Ideale sind auch unsere", sagt Norbert Diener. Und zu dem Brief erklärt er: "Wir zweifeln daran, dass er authentisch ist. Der Originalbrief soll von Graphologen zweimal geprüft worden sein, aber es waren staatliche DDR-Experten. Zwei Sachen machen uns stutzig: Dean Reed war nicht in der Lage, einen längeren Brief in Deutsch zu schreiben. Er verfiel immer wieder ins Englische. Es gibt andere Briefe aus den 80er Jahren, wo er es immer so gemacht hat. In dem Abschiedsbrief gibt es kein englisches Wort. Und das Zweite: Seine Mutter Ruth Anna Brown, die 1986 nach Berlin kommen musste, um ihren Sohn zu identifizieren, sagte uns, dass Dean solche schwerwiegenden Anschuldigungen auf jeden Fall in seiner Muttersprache niedergeschrieben hätte, weil er sich nur in Englisch präzise hätte artikulieren können." Der Schlüssel des GeheimnissesDie Wahrheit kann nur ans Licht kommen, wenn der Originalbrief von unabhängigen Gutachtern untersucht werden kann. Aber wo ist er geblieben? "Die Stasi-Akte Reeds endet 1977", erklärt Zweifler Norbert Diener. "Der Rest ist verschollen. Das ist schon merkwürdig. Renate Blume wollte bisher ihre Ruhe haben. Doch nun fordert sie Klarheit und Wahrheit." Löst ein Film die Rätsel?Hollywood-Star Tom Hanks will jetzt das Leben Dean Reeds verfilmen. Renate Blume ist seine Beraterin. Lösen die beiden jetzt die letzten Rätsel? Und verjagen die Gespenster? |
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Renate Blume:
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Hollywood: Ein Film über Dean Reeds LebenTom Hanks spielt den "Roten Elvis"Ein Superstar übernimmt die Hauptrolle und führt Regie: Oscarpreisträger Tom Hanks ("Forrest Gump") hat sich die Rechte an der Lebensgeschichte von Dean Reed gesichert. Renate Blume und ihr Sohn Sascha unterschrieben Verträge als Berater für das Drehbuch, dürfen ihre Gage und den Inhalt nicht verraten. "Hanks hat mich in Berlin besucht, und ich fand ihn auf Anhieb sympathisch", sagt Reeds Witwe und dritte Frau. "Er will einen Film drehen, der nicht nur um meinen Mann geht, sondern auch um gesellschaftliche Hintergründe." Wiebke, die zweite Frau Reeds, plant einen eigenen Dokumentarfilm. |
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Eine Schule trägt seinen NamenEin Jahr nach seinem Tod wurde in Potsdam die neu erbaute zehnklassige Polytechnische Oberschule nach Dean Reed benannt. Seine Mutter Ruth Anna Brown war als Ehrengast aus den USA gekommen, bedankte sich für die Würdigung. Beim Appell am Weltfriedenstag mit der Präsidentin des Komitees für Unterhaltungskunst Gisela Steineckert wurde der Sänger als Friedenskämpfer und Künstler gewürdigt. "Sein Lebensweg spiegelt die Kämpfe der Menschheit für Frieden und Fortschritt wider", sagte sie. Renate Blume pflanzte vor der Schule im Stadtteil "Am Schlaatz" einen Friedensbaum. Pioniere und FDJ sangen Lieder ihres Vorbilds Dean Reed. |
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Seine Ideale leben im Internet weiterSie kommen aus der ganzen Welt, die Mitglieder der Dean-Reed-Mitmach-Webseite, vor allem aber aus Ländern, die mit seinem Namen, seinen Songs und Filmen verbunden sind wie Bulgarien, Spanien, Argentinien, USA, aus Deutschland Ost und West. Ihre Adresse im Internet: www.deanreed.de. "Ein Mensch mit seinen Idealen darf nicht in Vergessenheit geraten", sagt Mit-Initiator Norbert Diener. Neues Buch. Die 80 Dean-Reed-Fans sammeln alles, was über ihr Idol erschienen ist. Im September kommt eine neue Biographie von Stefan Ernsting über den Sänger und Schauspieler auf den Markt, Titel "Der rote Elvis". Und im August als DVD sein Film "Der wilde Korsar der Karibik". |
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www.DeanReed.de
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