SUPERillu 33/2007, 09.08.2007

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Dean Reed

Die Wahrheit über Dean Reed

Seine Ex-Frau bricht das Schweigen: Wiebke Reed war die Frau, für die der Schauspieler in die DDR kam. Hier erzählt sie erstmals, wie sie Leben und Tod ihres Ex-Manns sieht.

Auf der Berlinale machte ein Dok-Film über Dean Reed Furore. Nun hatte "Der Rote Elvis" Kino-Premiere. Auch Sie kommen darin mehrmals zu Wort. Sind Sie zufrieden mit dem Bild, das da von Ihrem Ex-Mann gezeichnet wird?

Im Großen und Ganzen schon. Dean war ein außergewöhnlicher Mensch mit vielen Facetten. Er wurde zur DDR-Zeit im Interesse der damaligen Politik in eine Schublade getan und instrumentalisiert - als der Freiheitskämpfer aus den USA, der sich gegen den Kapitalismus für den Sozialismus entschieden hatte. Und natürlich war alles, was nicht ins Klischee passte, nicht opportun. Dieser Film zeichnet ein viel differenzierteres Bild...

Keine Kritik?

Auf die Polizeifotos aus der Ermittlungsakte, die Deans Leiche zeigten, hätte man verzichten sollen. Das geht mir nah, das mag ich mir nicht ansehen. Er ist schließlich der Vater meiner Tochter. Statt der Fotos hätte man lieber im Film auf den 15-seitigen Abschiedsbrief eingehen sollen. Hier erklärt sich Dean als politischer Mensch mit seinen Träumen und Hoffnungen. Und: Das Dokument räumt mit der Verschwörungstheorie auf, dass er von Stasi oder CIA oder was weiß ich wem ermordet worden wäre.

Er macht im Abschiedsbrief Ihrer Nachfolgerin - pardon -, der DDR-Schauspielerin Renate Blume, schwere Vorwürfe: Sie wäre schuld an seinem Selbstmord...

Derartige Schuldzuweisungen sind unwürdig - doch so war Dean eben auch. Aber zum Verhältnis der beiden mag ich nichts sagen. Nur so viel: Ja, ich kenne den Brief, der zur DDR-Zeit wohl auch deshalb unter Verschluss blieb, weil man, wie es hieß, eine Person aus Deans nächstem Umfeld nicht belasten wolle.

Renate Blume kam im Dok-Film nicht zu Wort. Schämt sie sich wegen des Briefes, dessen Echtheit sie angezweifelt hat? Oder ist es, weil sie sich für einen Reed-Film vertraglich an Tom Hanks gebunden hat?

Das alles müssen Sie schon Frau Blume selbst fragen. Aber wie ich das Filmgeschäft der Amerikaner kenne, weiß ich nicht, ob das mit dem Film je etwas wird. Ich habe seit gut drei Jahren nichts mehr davon gehört. Doch zur Echtheit des Briefes kann ich sagen: Ich weiß, dass Deans Mutter ihn in den USA drei Grafologen vorgelegt hat. Alle kamen zum selben Ergebnis: Er ist von Dean. Mir war das sofort klar. Im Brief standen persönliche Dinge, die nur er wissen konnte. Doch lassen Sie uns über erfreulichere Dinge reden.

Gleich. Was ist das eigentlich für eine mysteriöse Freundin aus Leipzig, mit der er 14 Jahre lang gekramt haben soll?

Ja - diese Zeitzeugin stört mich auch im Film. Was die sagt, kann ich nicht glauben. Allein schon, dass dieses Verhältnis so lange angedauert haben und sich in konspirativen Liebesnestern in Leipzig und Berlin abgespielt haben soll. Das wäre zur DDR-Zeit nie unentdeckt geblieben! Der Knaller ist, dass sich diese Frau zu der Äußerung von einem gemeinsam ausgedachten Suizid hinreißen lässt. Ich zweifle das alles an. Dean war kein Fremdgänger.

Wirklich nicht?

Nein. Der war treu. Ich könnte nach so vielen Jahren doch auch locker etwas anderes sagen. Aber ich weiß, dass er zu unserer Zeit immer zu den Mädchen sagte, wenn es ernst wurde: Ich muss heim, mein "Bauernleiter" wartet. Das kam, weil ich das olle Haus in Rauchfangswerder für uns ausgebaut habe und er das Wort "Bauleiter" nicht kannte. Einmal sagte er auch zu mir, dass er als politischer Mensch glaubwürdig erscheinen wolle - auch in seinem Privatleben. Das mag für manchen einfältig klingen, aber das war Dean. Natürlich ist es uncharmant, wenn eine Frau gesagt bekommt, dass der Mann ihr nur aus politischen Gründen treu ist. Aber ich konnte damit gut umgehen. Wenn er spät in der Nacht von einem Konzert kam, hatte ich die ganze Treppe mit Kerzen erleuchtet und erwartete ihn schon. Nur eins verlangte ich: Er musste sich im Bad das Gesicht waschen - die Küsse der Mädchen wollte ich nicht schmecken...

Wie haben Sie sich kennengelernt?

Alles begann an einem verregneten Novembertag 1971 in Leipzig. Dean war Gast auf der Dokumentar- und Kurzfilmwoche. Irgendwie passierte es, ich weiß nicht, welcher Teufel mich da geritten hat. Als ich vor ihm stand, hatte ich weiche Knie und hauchte mit meinem bisschen Englisch: "You are the best looking man of the world" - Du bist der bestaussehende Mann der Welt...

Klingt - pardon - filmschnulzig...

Fand ich überhaupt nicht. Es war so. Der weitere Teil ist schnell erzählt: Ich war total verliebt. Er stieg schon am ersten Abend zu mir in den Trabant, ich trennte mich von meinem Mann, setzte die Pille ab und wurde schwanger.

Hört sich reichlich ungeduldig an...

Warum? Ich liebte ihn. Bei ihm dauerte es nur etwas länger...

Sie bekamen das Kind aber nicht?

Nein. Als Dean davon erfuhr, sagte er: Ich komme zu dir. Aber nicht wegen eines Kindes. Ich habe das verstanden, entschied mich nach reiflicher Überlegung für eine Schwangerschaftsunterbrechung. Ein Jahr später zog er von Italien nach Leipzig, wegen mir.

Also Liebe auf den ersten Blick...

Klar. Mit Abstand sage ich: Wir waren Romantiker, verliebt in die Liebe. In dem Jahr, das zwischen Kennenlernen und Rückkehr lag, schrieben wir uns, telefonierten endlos, und jeder projizierte seine Träume auf den anderen. Liebe aus der Distanz ist ja oft romantischer.

War Dean der Mann Ihres Lebens?

Das würde ich heute so nicht unterschreiben. Sagen wir mal: Er war die Liebe meines Lebens. Das schon. Und er ist der Vater meiner Tochter - die Zeit mit ihm will ich nicht missen. Vieles von dem, was ich heute bin, verdanke ich ihm. Deshalb sage ich trotz aller Probleme, die er bereitete: Danke.

Nach seiner Ankunft waren Sie immer als Familie beisammen. Wie lief's in den Mühen der DDR-Ebene?

Mühsamer. Unsere Beziehung hielt sieben Jahre. Wir haben uns ein Haus in Rauchfangswerder am Zeuthener See gemietet. Ich habe nicht mehr in meinem Lehrerjob gearbeitet, sondern den Hausausbau organisiert. Das war schwierig so ohne Bauleiter und Architekten. Ich plante, kümmerte mich ums Material und um die DDR-üblichen Schwarzarbeiter. Jeder, der gebaut hat, kann davon ein Lied singen. Dean hat derweil gearbeitet - seine Auftritte organisiert und seine Filme gedreht. Und wenn er dann kam und sah, dass wieder eine Wand weiß war und eben keine kitschige Mustertapete dranhing, gab es auch schon mal Vorwürfe, weil ich ohne ihn entschieden hatte. Er klagte dann, dass alles nach meinem Geschmack ginge. In solchen Dingen war er sehr empfindlich. Insgesamt muss ich sagen, das ganz große Glück habe ich nicht mehr gefunden - so nach dem Motto: Jetzt ist alles geschafft, das Haus ist fertig, wir haben eine gemeinsame Tochter und machen es uns als Familie schön. Der Alltag lief so: Er hat gesungen und an den Filmen gearbeitet, ich versorgte Haus und Kind...

Alles hat seine Zeit. Ihre währte sieben Jahre. Gab es eine andere?

Nein. Das hatte nur mit ihm zu tun. Er erklärte, dass er diese Trennung für seine Selbstverwirklichung brauche und hat mich mit meiner Tochter vor die Tür gesetzt. Da konnte er knallhart und ohne Gefühl sein. Es wäre ihm egal, ob wir wieder nach Leipzig gingen oder in Berlin eine Bleibe nähmen. Für ihn stand nur fest, dass er das Haus am See behalten würde. Ja, so konnte er eben auch sein. Er wollte immer weiter, und da stand ihm - wie er es empfand - sein Privatleben im Weg. Das war in seiner ersten Ehe schon so. Da hat er Frau und zweijährige Tochter nach zehn Jahren verlassen. Kinder brauchen in solchem Alter viel Zuwendung. Dean brauchte sie auch. Bekam er sie nicht, war er eingeschnappt. Irgendwie folgte er immer einem ähnlichen Muster...

Das hört sich sehr bitter an. Sind die Wunden noch nicht verheilt?

Zeit heilt Verletzungen, und es ist nicht meine Art, Erlebnisse negativ zu besetzen. Das führt zu nichts. Deshalb muss ich fair sagen: Deans Verhalten setzte neue Kräfte in mir frei: Ich organisierte für mich und meine Tochter eine Wohnung in Berlin und beschaffte mir einen Job als Dolmetscherin und Englischlehrerin an der Schauspielschule. Zur Erklärung: Dean und ich hatten nur englisch gesprochen daher bin ich in dieser Sprache absolut perfekt. Und dieser Job an der Busch-Schule wurde zur Grundlage meiner heutigen Tätigkeit als Managerin einer seit mehr als zehn Jahren erfolgreichen Schauspieleragentur. So gesehen hat mich das Leben mit Dean in diese Lage gebracht - wie sollte ich da auf ihn böse sein. Dean hat mich gelehrt, über den kleinen DDR-Tellerrand hinaus zu gucken. Durch ihn habe ich einiges von der großen Welt begriffen und gesehen. Deshalb mag und werde ich ihn nicht öffentlich schlechtmachen. Natürlich würde ich gewiss anders reden, wäre ich in seinem Abschiedsbrief so böse bezichtigt worden.

Sind Sie Ihrer Nachfolgerin Renate Blume gram, die später zu Dean ins Haus am Zeuthener See zog?

Nein. Jeder muss wissen, was er tut und jeder muss damit leben, was das Schicksal für ihn bereithält. Und um eins noch mal klarzustellen: Dean Reed hat mich nicht wegen Renate Blume verlassen. Die beiden heirateten drei Jahre nach unserer Trennung. Die Ehe hielt fünf Jahre und endete am 13. Juni 1986 mit Deans Selbstmord.

Könnten da auch Zweifel an seiner politischen Entscheidung für den Sozialismus im Spiel gewesen sein?

Nein. Wer so etwas vermutet, liegt falsch. Dean hat seine Begeisterung für den Sozialismus als Idee nie angezweifelt. Er nannte ihn ja sogar in seinem Abschiedsbrief die einzige Alternative der Menschheit für eine gerechtere Welt.

Ganz schön pathetisch. War Dean Reed wirklich so?

Ja. Für ihn waren Fehler im Sozialismus eine Krankheit, die man kurieren könne. Dass er sich mit dieser Position Stück um Stück ins Abseits manövrierte, war ihm nicht klar.

Gibt es dafür Beispiele?

Das beste ist wohl sein Auftritt 1986 in einer der bekanntesten Talkshows der USA. Er verteidigte dort die Berliner Mauer und präsentierte sich in einem Film mit einer Kalaschnikow in der Hand bei den Palästinensern. Völlig klar, dass er sich damit den Weg in die Heimat zugemauert hatte.

Das geschah nach Ihrer Trennung.

Ja. Aber wir hatten immer Kontakt - schon wegen unserer Tochter.

Wie haben Sie von Deans Selbstmord erfahren?

Heinz Quermann und seine Frau überbrachten mir die schlimme Nachricht. Ich war wie gelähmt. Über die genauen Umstände wussten wir alle wenig. Die Parteileute hatten ja sofort die Hand auf dem Fall, weil sie nicht wollten, dass ihr Denkmal Dean Reed bröckelte. Deshalb war nur von einem tragischen Unfall die Rede.

Interview: Hannes Hofmann


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Letzte Änderung: 2008-07-15