Neues Deutschland 21.09.2013

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Eichendorff und Sunnyboy

Dean Reed wäre 75

Plötzlich war er da, 1971, und der Gutteil von US-Amerika hatte also unversehens zur kleinen DDR aufgeschlossen (nicht umgekehrt!). Dean Reed verkörperte - und dies als Bürger des imperialistischen Hauptfeindstaates - die Solidarität mit Vietnam, das Hoffen für ein Chile Allendes. Der Bursche, der mit Yul Brynner gefilmt, im Italo-Western reüssiert hatte - er sang, er spielte, er charmierte nun im deutschen Osten, er begeisterte auf Konzerten, in DEFA- und TV-Filmen ("El Cantor", "Blutsbrüder", "Sing, Cowboy, sing").

Ach, wir gütig Verführbaren: Hollywoods sozialistischer Vorbote. Er tat unseren Provinzseelen gut. Ihm tat es auch gut, der trällernde Star im Land der grauen Mäuse zu sein. In fünfzehn kurzen, langen Jahren hat ihn das Mausgrau besiegt. War er zu naiv für die Demagogen, die ihn verkauften? Blieb er zu amerikanisch für den biederdeutschen Kleingeist? Fühlte er künstlerische Kräfte, die er doch gar nicht wirklich besaß? Dean Reed wurde 1986 tot aufgefunden.

Die Idee vom Leben und die Erfahrung im Leben rissen ihm wohl einen unlösbaren Widerspruch auf. Er hat die DDR gesucht, das System hat ihn hofiert - aber Schmeichelei, die aus manipulativer List erwächst, kann töten. Ja, er schätzte vielleicht sich selber künstlerisch und vor allem den Lauf der Welt falsch ein, er fühlte sich seiner Zeit voraus - da lebte er ganz die menschliche, auch die sozialistische Grundsünde. Und litt sich hinein in die Ausweglosigkeit.

Eine seiner Hauptrollen in Babelsberg: Eichendorff, "Aus dem Leben eines Taugenichts". Der Sunnyboy durchstreift die Romantik wie eine Frühform erfüllter Geschichte.

Am morgigen Sonntag vor 75 Jahren wurde Dean Reed in Colorado geboren.

hds - Hans-Dieter Schütt

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Leserbrief

Wir liebten die Lieder

Zu "Eichendorff und Sunnyboy" (nd vom 21./22.9.)

Neues Deutschland, 26.09.2013

Erstaunlich, was für Erkenntnisse ich bekam, als ich die Erinnerung an Dean Reed las! Ich lebte als "Provisionsseele" im Land "der grauen Mäuse". Der arme US-Amerikaner hatte sich 1971 in den "deutschen Osten" verirrt, wo er uns "biederdeutsche Kleingeister" mit seinem Gesang, Spiel und "Charme" begeisterte!

Und ich glaubte, meine Kindheit und Jugend im Land der grauen Mäuse erlebt zu haben, als Kind eines ungelernten Arbeiters eingestuft, abseits vom damaligen Mittelstand und den Herrschenden. Als Krieg und Hitlerspuk vorbei waren, war ich plötzlich ein gleichberechtigter Mensch in einem friedliebenden Staat, keine graue Maus mehr! Dean Reed hatte in seiner Heimat gegen den von seinem Staat geführten Krieg - aus mit Gaswaffen - in Vietnam, gekämpft. Wir heute Älteren teilten seine Solidarität mit dem gequälten Land. Dean Reed, Mitglied im Weltfriedensrat, hätte in meiner Zeitung eine bessere Erinnerung an das Gedenken seines 75. Geburtstages verdient!

Erika Eberlein, Berlin

Neues Deutschland, 26.09.2013

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Leserbrief

Aufgewärmter Unsinn

Zu "Eichendorff und Sunnyboy" (nd vom 21./22.9.)

Neues Deutschland, 27.09.2013

nd-Autor hds schreibt, "das Mausgrau" - heißt das Leben in der DDR - habe Dean Reed "besiegt", sprich den Tod suchen lassen. In seinem an mich, seinen Freund gerichteten Abschiedsbrief schreibt Dean: "Mein Tod hat nichts mit Politik zu tun. Lass unsere Feinde, die Faschisten und Reaktionäre, es nicht so auslegen." Und weiter: "Ich bin nicht mit allem einverstanden, aber Sozialismus ist noch nicht erwachsen, er ist die einzige Lösung für die Hauptprobleme, für die Menschheit der Welt." Und schließlich: "Ich liebe die DDR, die meine zweite Heimat war."

Nachdem sich selbst die "Bild"-Zeitung mit der Veröffentlichung dieser Zeilen schon vor mehr als einem Jahr von den böswilligen Vorwürfen gegen die DDR verabschiedet hat, dachte ich, nun würde endlich überall Schluss damit sein. Deshalb verwundert es mich schon, dass ich ausgerechnet in dem Blatt, dessen Leser ich seit mehr als fünfzig Jahren bin, eine Fortsetzung dieses längst ad absurdum geführten Unsinns finde.

Eberhard Fensch, Usedom

Neues Deutschland, 27.09.2013

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Leichenfledderei?

Leichenfledderei gilt in hiesigen Landen als moralisch geächtet. Bisher dachte ich noch, daran halten sich in der Regel auch Journalisten. Nach dem Artikel im ND zum 75. von Dean Reed (hds) bezweifle ich das.

Nicht einmal Renate Blume, seine Frau, weiß Genaueres über seine Todesumstände oder Todesmotive. Nie ist aufgeklärt worden, ob die eher im Privaten oder mehr in den Umständen gelegen haben. In seinem letzten Brief (an Eberhard Fensch) erklärt er seinen Tod nur mit privatem Verweis auf seine Frau. Da das damals niemand genützt, nur Renate Blume geschadet hätte, wurde er in der DDR nie veröffentlicht, erst wohl vor einiger Zeit in der BILD-Zeitung. Der Autor des Artikels tut aber so, als ob er es alles besser weiß und den ND-Leser noch heute darüber aufklären könnte: "Die Idee vom Leben und die Erfahrung im Leben rissen ihm wohl einen unlösbaren Widerspruch auf ... und litt sich hinein in die Ausweglosigkeit". Nach meiner Lesart: Reed war uns nach Meinung des Schreibers mit seinen Idealen weit voraus, er scheiterte nur an uns "grauen Mäusen", an uns "Provinzseelen", am bieder(DDR)deutschen Kleingeist, an "manipulativer List" und unserer "Schmeichelei", das "Mausgrau" habe ihn "besiegt". Wer ist gemeint mit dem Satz: "War er zu naiv für die Demagogen, die ihn verkauften?" Ist das nicht gar "Leichenfledderei" an einem toten Staat? Woher will der Autor eigentlich wissen, dass Reeds gesprochene und gesungene Ideale nicht auch bloß einem Show-Effekt entsprachen, die uns (naiv und mausgrau wie wir waren) vielleicht täuschten und in ihm "einen besseren Amerikaner" sehen ließen? War es denn aber schlimm, froh über "das andere Amerika" zu sein, ihm das vorbehaltlos abzunehmen, mit ihm im Gleichklang gegen den Vietnam-Krieg und das Morden in Chile gewesen zu sein. Warum liebten wir denn Angela Davis und setzten uns für ihre Freilassung ein? Warum hat die Junge Welt tausende Postkarten zu ihrer Freilassung organisiert? (und später für Nelson Mandela)? War Reed nicht auch Mitglied des Weltfriedensrates? Reed war es doch auch, der in den 1980er Jahren nach Chile reiste und als erster dort das von Pinochet verbotene "Venceremos" wieder sang. Show hin, Show her, er war ein Show-Künstler, der sich politisch äußerte, na und! Danke dafür!

Ich gestehe, kein persönlicher Fan von Dean Reed gewesen zu sein. Mir war sein politisches Engagement immer irgendwie aufgesetzt, eben Show. Ich habe es ihm auch nie so recht abgenommen. Das Schicksal wollte es, dass er sich 1985 aber zu einem Gespräch bei mir anmeldete. Er drohte zu dieser Zeit in der künstlerischen Bedeutungslosigkeit zu versinken. Er kam deshalb zu mir und beschwerte sich darüber, dass er kaum noch für Auftritte von der FDJ angesprochen wurde (die ihn tatsächlich viele Jahre engagierte). Der Grund war einfach: Es wollten ihm immer weniger zuhören, es wurde bei seinen Auftritten gepfiffen, aber seine Gagenforderungen waren hoch. Deshalb haben die Kulturverantwortlichen im Zentralrat nur noch selten mit ihm Verträge gemacht. Auch meinten sie wohl zu erkennen, dass seine politischen Intentionen wohl nicht so ehrlich und uneigennützig waren, wie sie schienen. Was sollte ich da tun, ich habe mich nett mit ihm unter vier Augen unterhalten und nichts weiter gemacht. Ein Jahr später war er tot.

Den Text im ND verstehe ich nicht.

Eberhard Aurich September 2013

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Letzte Änderung: 2014-05-06