Berliner Zeitung 13.02.2007

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Ein Amerikaner in Feindesland

"Der Rote Elvis" - ein Dokumentarfilm über Dean Reeds Leben in der DDR

Birgit Walter

Dieser Film lässt den Tod von Dean Reed im Sommer 1986 arg in der Unschärfe, doch vermittelt er einen Eindruck davon, warum das Leben dieses einst so fröhlichen, optimistischen und kämpferischen Protestsängers, Schauspielers und Frauenhelden so tragisch scheitern konnte. Warum der Amerikaner die DDR irgendwann nicht mehr ausgehalten hat, sie ihn aber auch nicht. Warum er dort erst so angehimmelt und dann zunehmend verachtet wurde. Der Regisseur und Autor Leopold Grün hat Weggefährten aus den USA, Chile, Russland und natürlich Deutschland nach Dean Reed gefragt und daraus ein Bild entworfen, das viel zeigt vom Wesen dieses Menschen. Dazu wurden alte Filmdokumente und aktuelle Interviews gegeneinander geschnitten.

Armin Mueller-Stahl umreißt gleich zu Anfang das Grundrätsel: "Ich habe mich immer gefragt, warum kommt der hierher? Hier ist er doch wie ein Spielauto, das auf einem Tisch immer hin und her fährt." Er habe doch das Zeug gehabt, in den USA ein richtiger Star zu werden, so wie er aussah. Aber Dean Reed, geboren 1938 Denver, Colorado, blieb nur kurz in Hollywood, er schaffte es einmal hoch in die Charts, dann aber drehte er ein bisschen in Mexiko, Italien, der Bundesrepublik und erschien schließlich 1973 zu dauerhaftem Leben in der DDR - freiwillig. Das verblüfft, aber der Film zeigt auch, wie er damals angebetet wurde, dass die Mädchen in seinen Konzerten schrien wie bei einem großen Rockstar. Seine spätere Frau Wiebke Reed erinnert sich: "Ich sah ihn und sagte zu ihm: You are the best looking Man of the World".

Aber Dean Reed blieb nicht nur wegen der Frau und dem Erfolg, er folgte wohl vor allem einer tiefen Überzeugung. Isabel Allende, die Tochter des ermordeten chilenischen Präsidenten, sagt es so: "Er hat immer einer Idee gedient, von Frieden geträumt, nicht von Geld." Auf einer Südamerika-Tournee in den Sechzigern war sein soziales Gewissen erwacht, er protestierte gegen den Vietnamkrieg, gegen Atomraketen und Militärjuntas. Das kam an bei Menschen in der DDR, damals, als noch Hoffnung war: Dass einer hier blieb, dem doch die Welt offen stand.

Heute lässt sich nicht mehr genau sagen, ab wann das Publikum den Mann, der dann im deutschen Osten Filme drehte und Platten besang, nicht mehr leiden konnte. Einer der Momente des Umkippens könnte die FDJ-Sendung im Fernsehen gewesen sein ("Rund"), in dem ein forscher Moderator mit zur Faust geballtem Gesicht in die Kamera ruft: "Dean Reed ist verhaftet! Die Teilnahme an einer Demonstration ist den USA Grund genug, einen Menschen einzukerkern!!" Immerhin konnte der Eingekerkerte aus dem Knast heraus mit dem Sender telefonieren und sagen, dass er bald wieder draußen ist. Das wäre dem Teilnehmer an einer verbotenen Kundgebung in der DDR nun nicht gelungen.

Egon Krenz sagt rückblickend über die Art, Reed zu benutzen: "Wir haben ihn eingesetzt, haben ihn geführt." Einmal erreichte den Freiheitssänger der Brief einer Leipzigerin, deren Sohn für zwei Jahre im Gefängnis war, weil er auch Freiheit wollte, wie er, Dean Reed. Das endlich machte ihn ratlos. Aber da, Mitte der achtziger Jahre, hatte die DDR seine Platten und Filme und sein naives Pathos schon gehörig satt. Und ihn plagte Heimweh - eine kleine Flagge hatte er immer dabei. In Colorado freilich war er längst eine Unperson. Ein Moderator: "Ich glaube, es gibt wenige Menschen in den USA, die freiwillig zum Feind gehen und dort ihre Lieder singen."

Als Dean Reed am 17. Juni 1986 im Zeuthener See tot aufgefunden wurde, hatte er mehrere Selbsttötungsversuche hinter sich und galt als depressiv. Die DDR sprach frech von einem Unglücksfall, es kursierten Mordgerüchte. Dieser ansonsten so sorgfältig gemachte Film lässt die Ursache offen und nährt eher Zweifel am Selbstmord, obwohl doch längst ein Abschiedsbrief auftauchte, in dem Reed Eheprobleme anführt. Seine letzte Ehefrau Renate Blume kommt in dem Film nicht zu Wort. Sie hat einen Vertrag mit Tom Hanks, der seit 2001 einen Spielfilm über Dean Reed plant.

Der Rote Elvis: 14.30 Uhr Cinestar 7,
14.2. 17 Uhr, International,
15.2. 15.30 Uhr, Colosseum 1.

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