Neue Ruhr Zeitung 21.02.2007 |
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Das bizarre Leben des roten ElvisPorträt: CD und Berlinale-Dokumentation über Dean Reed, den singenden Grenzgänger zwischen West und OstMichael Minholz Berlin. Wenn er geblieben wäre, sich angepasst hätte, wäre Dean Reed vielleicht in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen worden, und er hätte im Alter, schwerreich, Dollar-Millionen bei Auftritten in Las Vegas gescheffelt. Möglicherweise hätte er sich sogar mal irgendwann in den Oscar-Rang geschauspielert. Doch Dean Reeds Karriere verlief anders. Weit weg von Hollywood. Dieser Sänger und Schauspieler ging ob seiner sozialistischen Überzeugung in die Geschichte ein als der "rote Elvis", als "Marx Brother", als der "Ostblockbuster". Nun erscheint die CD "The Red Elvis" (Bear Family) mit frühen Aufnahmen des vergessenen Stars, dessen Leben so bizarr verlief, dass sogar Tom Hanks und Steven Spielberg sich für seine Geschichte interessieren und auf der Berlinale im Februar eine umfassende Dean Reed-Dokumentation vorgestellt wird. Deren Drehbuch wird was von einem Krimi haben. Denn nicht nur das Leben des Dean Reed verlief spektakulär, auch sein Ende war es. Reed starb, hochgradig depressiv, 1986 im Zeuthener See bei Berlin (Ost). Man fand seine Leiche im knietiefen Wasser. Die amtliche DDR-Nachrichtenagentur ADN sprach damals von einem "tragischen Unglücksfall". Es soll Selbstmord durch eine Überdosis Schlaftabletten gewesen sein. Die Gerüchte, wonach Geheimdienste ihre Finger im Spiel hatten, sind nie so ganz verstummt. Er soll einen 15 Seiten langen Abschiedsbrief hinterlassen, den DDR-Staatschef Erich Honecker unter Verschluss hielt. Reeds letzte Frau, die Schauspielerin Renate Blume, wolle sich nicht zu ihrem verstorbenen Mann äußern, heißt es lakonisch bei der Plattenfirma. Es war eine lange Reise für den Künstler mit dem Sunnyboy-Lächeln von seinem Geburtsnest nahe Denver (US-Bundesstaat Colorado) bis nach Berlin (Ost). Dean Reed, geboren 1938, möchte eigentlich Wettervorhersagen studieren, wird Ende der 50er jedoch von der Plattenfirma Capitol als Sänger entdeckt. Er versucht sich mit Auszeichnung als Filmschauspieler. Aber er lebt in einer Zeit, in der man in den USA schlecht gelitten ist, wenn man sich Marxist nennt. Freund von Allende, B-Western mit BrunnerReed gilt als Mensch mit sozialer Ader. Zum Überzeugungstäter wird er, als er das Elend der Menschen bei seinen Tourneen in Südamerika sieht. Seither protestiert Reed jedenfalls genau so vehement gegen den Kapitalismus wie gegen Vietnamkrieg und Rassismus. Von 1962 bis 1965 zieht er durch Lateinamerika, er freundet sich mit Ikonen wie Pablo Neruda und Salvador Allende an, landet dort Hit auf Hit. Er reist in die Sowjetunion, siedelt für ein paar Jahre über nach Rom, wo er an der Seite von Yul Brunner B-Spagetti-Western dreht ("Adios Sabata") - und landet schließlich 1973 hinter dem Eisernen Vorhang in der DDR. Reed nennt sich damals schon "Mitglied der Kulturkommission des Weltfriedensrates", was schwer nach Parteifunktionär klingt.Es ist nicht zu bestreiten, dass sich der Grenzgänger jahrelang einspannen ließ für die Machthaber: als exotischer Kulturbotschafter, der gerne im Staatsfernsehen predigte, wie gut es für die Menschheit ist, hinter Mauer und Stacheldraht leben zu dürfen, geschützt vor dem westlichen Imperialismus. Das sozialistische Jugend-Idol ritt in den 70ern Seit' an Seit' mit dem späteren Segeberger Winnetou Gojko Mitic als "Blutsbrüder" in den Sonnenuntergang, er spielte den chilenischen Volkshelden Victor Jara, und zuletzt arbeitete Dean Reed an einem Projekt, das das Indianermassaker am Wounded Knee beleuchtete. Mit diesem US-Thema hätte sich sein Lebenskreis gewissermaßen geschlossen. Sein einsamer Tod im Zeuthener See verhinderte dies. (NRZ) In 32 LändernDean Reed hat nach Angaben seines Biographen Stefan Ernsting 13 Langspielplatten aufgenommen, die sich vor allem in Lateinamerika und Ostblock gut verkauften. Doch auch in den USA hatte er Hits ("The Search", "Our Summer Romance"). Reed gab Konzerte in 32 Ländern und spielte in 18 Filmen mit, unter anderem in "Aus dem Leben eines Taugenichts". |
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www.DeanReed.de
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