Mitteldeutsche Zeitung 16.06.2011
Naumburger Tageblatt 16.06.2011

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RBB-Dokumentation

Dean Reed, der komische Rebell

VON TILMAN P. GANGLOFF

Halle (Saale)/MZ. Seine Gesangsstimme war gar nicht so toll, aber das Gesicht war wie geschaffen für Mädchenträume: Dean Reed war in den Siebzigerjahren ein Superstar. Zu Tausenden lagen sie ihm zu Füßen, wenn er mit seiner akustischen Gitarre den Weltfrieden herbeisang. In Südamerika wurde er regelrecht vergöttert, nachdem er in einer symbolträchtigen Aktion vor der US-Botschaft in Chile die amerikanische Flagge gewaschen hatte, um auf diese Weise gegen die Außenpolitik seines Landes und vor allem den Krieg in Vietnam zu demonstrieren. Er wurde ausgewiesen und landete ausgerechnet in der DDR: Ein Weltstar zog in den Käfig, aus dem so viele andere raus wollten.

Heute ist Reed weitgehend in Vergessenheit geraten. Im Westen war er ohnehin nie so populär wie in jenen Ländern, die ihren Bürgern den real existierenden Sozialismus verordnet hatten. Der Dokumentarfilmer Leopold Grün, gebürtiger Dresdener (Jahrgang 1968), hat dem Sänger und Schauspieler ein filmisches Denkmal gesetzt, das zumindest stellenweise überraschend kontrovers ausfällt. Grün enthält sich zwar eines Kommentars, stellt dem mitunter hemmungslosen Personenkult aber auch äußerst kritische Stimmen gegenüber.

Ob Dean Reed ein naiver Idealist war oder bloß ein raffinierter Opportunist, der ins Ausland gegangen ist, weil ihm in Amerika der Durchbruch verwehrt blieb: Grün lässt es offen. Dank diverser auch widersprüchlicher Aussagen von Weggefährten und Zeitgenossen wie Armin Mueller-Stahl, Egon Krenz oder Isabel Allende entsteht das Bild einer in jedem Fall faszinierenden Persönlichkeit. Ohne jede Wertung verfolgt der Film die Stationen eines schillernden Lebens: Protest gegen Pinochet in Argentinien, mit Gitarrenkoffer und Kalaschnikow im Freiheitskampf der Palästinenser, als "Taugenichts" oder singender Cowboy in Defa-Filmen und schließlich, in den Achtzigern, als Schlagersänger in Fernsehgalas. Da hatte sich die Welt bereits weitergedreht. Dean Reed war bloß noch Erinnerung an eine andere Zeit.

Ein Comeback-Versuch in Amerika zerschlug sich, als er den amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan in einer TV-Talkshow wegen dessen Aufrüstungsplänen als "Staatsterroristen" bezeichnete. Am 17. Juni 1986 wurde Reeds Leiche in einem See bei Ost-Berlin gefunden. Er wurde 47 Jahre alt.

"Der Rote Elvis": Donnerstag 23.30 Uhr im RBB-Programm



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Letzte Änderung: 2011-06-27