Freie Presse 15.10.2004

zurück/back

Narrenfreiheit eines Cowboys in der DDR

Das schillernde Leben von Dean Reed: Stefan Ernsting legt ein Buch über den US-amerikanischen Sänger und Schauspieler vor

Von Martin Bialluch

Berlin. Jahrzehntelang blieb Dean Reed in Westeuropa und den USA völlig unbeachtet. Über achtzehn Jahre nach seinem mysteriösen Tod kommt der wohl einzige amerikanische Cowboy mit ständigem Wohnsitz in der DDR zu neuen Ehren. Tom Hanks arbeitet in Hollywood an einer Verfilmung von Reeds schillerndem Leben. Heute erscheint mit Stefan Ernstings "Der rote Elvis - Dean Reed oder das kuriose Leben eines US-Rockstars in der DDR" das aktuellste und umfangreichste Buch zum Thema.

Stefan Ernsting lebt in Berlin und ist als Redakteur, Autor und Tourmanager tätig. Zufällig erfuhr er im Sommer 2001 in einer Ostberliner Kneipe von dem für ihn "unbekannten Superstar". Das faszinierende Leben und die Persönlichkeit Reeds ließ den 34-Jährigen fortan nicht mehr los. Er stellte schnell fest, dass es kaum aktuelle Veröffentlichungen zu dem Thema gab und dass vieles eher auf Legenden beruhte. Ursprünglich wollte er nur einen kurzen Artikel schreiben, die Ergebnisse seiner jahrelangen Recherchen sprengten den Rahmen jedoch bei weitem. Ernsting zeichnete akribisch den Lebensweg des ersten Rockstars Osteuropas nach, der mit der Gitarre 32 Länder bereiste und Revolutionäre wie Salvador Allende, Yasser Arafat und Fidel Castro zu seinen Freunden zählte. Der Autor fördert dabei bisher wenig bekannte Fakten zu Tage und widerlegt weit verbreitete Legenden, was der Faszination Dean Reeds jedoch keinen Abbruch tut.

Dass Dean Reed in den USA ein Star war, ist eine von ihm selbst und den offiziellen Stellen der DDR gepflegte Legende. Reed war aber nur in Colorado bekannt, der große Durchbruch auf dem US-Markt blieb ihm versagt. Sein größter Erfolg war eine einwöchige Notierung von "The Search" auf Platz 96 der Billboard-Charts. Erst in Südamerika eroberten seine Platten die Hitparaden, und er wurde zum Star. Doch wie lange sein Erfolg wirklich anhält und womit er sich die ganzen Jahre über in Südamerika beschäftigt hat, bleibt unklar.

Reeds Leben in der DDR ergibt ein vielschichtiges Bild. Die ersten Jahre waren unbeschwert. Er war beim Publikum wie bei staatlichen Stellen beliebt. Er genoss volle Privilegien, geradezu Narrenfreiheit und zeigte vielleicht gerade deshalb wenig Bewusstsein für die alltäglichen Probleme in der DDR. Selbst ließ er sich keine Vorschriften machen. Er spielte auch verbotene Lieder und wurde nie Parteimitglied. Das MfS bescheinigte ihm einen eigensinnigen Charakter, denn Reed bestimmte während seiner Zusammenarbeit mit der Abteilung Spionageabwehr selber, worüber er berichten wollte. Er gab der Stasi Auskunft über seine Kontakte zu der amerikanischen Botschaft in Berlin, weigerte sich jedoch beharrlich, der Stasi Informationen über die PLO zu geben. Durch eine Beschwerde bei Erich Honecker erreichte er, dass die Stasi den Kontakt zu ihm einstellte. In den achtziger Jahren begann Reeds Stern zu sinken. Sein Erfolg in der DDR verblasste, und er fühlte sich künstlerisch nicht ernst genommen. Probleme in der Ehe mit der Schauspielerin Renate Blume setzten ihm zu. Sein Selbstmord mag durchaus als Konsequenz aus dieser Entwicklung erscheinen, dennoch verbleiben Ernsting zufolge Ungereimtheiten. Reed hätte wenige Tage nach seinem Tod mit den Dreharbeiten seines wichtigsten Projektes, dem Film "Blutiges Herz", beginnen sollen. Auch dauerte es fünf lange Tage, bis seine Leiche in dem stark frequentierten Ausflugsgebiet gefunden wurde.

Obwohl Stefan Ernsting bereits an neuen Themen arbeitet, wird er sich noch einen ganze Weile mit Dean Reed beschäftigen. Sein Buch liefert Idee und Grundlage für einen Dokumentarfilm von Leopold Grün mit dem Arbeitstitel "Das Leben eines Amerikaners in der DDR". Kinostart ist voraussichtlich Ende 2005.


Das Buch

Stefan Ernsting: "Der rote Elvis - Dean Reed oder das kuriose Leben eines US - Rockstars in der DDR". Gustav Kiepenheuer Verlag. 380 Seiten. 22,50 Euro. ISBN 3-378-01073-8.

We would formally like to point out that the articles, reports and contributions are presented independently of their truth content. They do not reflect the opinions of the Dean Reed Website team (see detailed declaration).

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir alle Artikel unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt präsentieren. Sie spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung des Dean-Reed-Websiteteams wider (siehe auch die einleitende Erklärung).

Recalcamos expresamente que presentamos los artículos independientemente de su veracidad. No en todos los casos reflejan la opinión del equipo de esta página WEB (léanse las líneas aclaratorias principales).

zurück/back

www.DeanReed.de
Fehler, Hinweise etc. bitte an Webmaster@DeanReed.de
Letzte Änderung: 2007-05-24