DDR Januar 1972 |
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Besuch auf Leserwunsch bei Dean ReedDieser Besuch ist Vergangenheit und dennoch in der Erinnerung lebendige Gegenwart, so viele Gesichter hatte er - und nicht nur für uns. Wir saßen mit Dean Reed, dem Schauspieler und Sänger aus dem "anderen Amerika", und mit Fred Frohberg zusammen. Es war zur Internationalen Dokumentar- und Kurzfilmwoche, als der charmante 33jährige Künstler, Delegierter des Weltfriedensrates, prominenter, vielbegehrter Gesprächspartner wurde. Die beiden Interpreten, unterschiedlich im Typ, doch gleichgesinnt in der Auffassung, verstanden sich sofort. "Wenn ich über Liebe, Freundschaft, über menschlich Gutes singe, ist das Protest gegen Unmenschliches, Böses." Dean Reed sagte es unpathetisch, wie er überhaupt ist, und voller Wärme. "Schicke mir Texte, Fred, ich möchte auch eure Lieder singen." Gemeinsam übersetzten wir sein mitreißendes Revolutionslied, eines von etwa 50 Eigenschöpfungen, das Dean Reed in diesen Tagen und später auch im Funk und Fernsehen sang. Die Anfangszeilen "Wir sind Revolutionäre, / kämpfen für Freiheit und Gerechtigkeit, / wie es uns Lenin lehrte, / unser Schicksal selbst zu bestimmen..." kennzeichnen die innere Haltung des Künstlers. Im FDJ-Singezentrum Leipzig setzten wir mit Dean und Fred den Besuch fort. Sie waren herzlich willkommene Gäste von Leipziger und zu Besuch weilenden Weimarer Singeklubfreunden. Dean Reed stellte sich zuerst singend mit seiner Gitarre vor. Ein lyrisches mexikanisches Liebeslied erklang, dann "Jericho", hart, kämpferisch, ein Lied, das er immer wieder bei Demonstrationen mit Menschen aller Hautfarben sang. Gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Rassismus, gegen die amerikanische Aggression in Vietnam... Wie war sein Weg? Es klingt fast wie eine Filmstory und sensationell, dass der 17jährige einst auf einer Reise mit dem Ziel Hollywood von einer berühmten Schallplattenfirma entdeckt und durch Siebenjahresvertrag verpflichtet wurde. Den Plan eines Mineralogiestudiums gab er auf, nicht gerade zur Begeisterung seiner Eltern in Denver/Colorado, wo der Vater als Professor arbeitete. Es klingt ebenso sensationell - und doch erzählt er das bescheiden - wie ihn der Film zu verschiedenen Aufgaben holte. Er studierte Gesang und Schauspiel, wurde jahrelang "Star" des Rock 'n' Roll, der Schallplatte, der Leinwand - vor allem in Südamerika. Natürlich kamen Fragen nach dieser Entwicklung vom Einst zum Heute, da er sich eindeutig zum wissenschaftlichen Sozialismus, zum Marxismus-Leninismus bekennt - und das sehr impulsiv. "In den Jahren meiner künstlerischen Arbeit in Südamerika wurden mir durch die Menschen dort, die meine Freunde waren, die Augen geöffnet. Tropfen für Tropfen kam mir die Erkenntnis über die soziale Ungerechtigkeit, in der sie leben - und so hat sich mein soziales Bewusstsein gebildet, der Einsatz für den Fortschritt. Die argentinischen Künstler delegierten mich 1965 zum Weltfriedenskongress. Dort erlebte ich die Freundschaft sowjetischer Menschen, die mich sofort in ihr Land einluden - und das seit Jahren immer wieder." Stolz ist er, dass er zum Beispiel anlässlich der Ehrungen zu Lenins 100. Geburtstag Gast des sowjetischen Friedenskomitees war, dass seine Schallplatten in der UdSSR in vier Millionen Exemplaren erschienen. Wie er sich an politischen Aktionen in Südamerika beteiligte, wollte ein Jugendlicher wissen. Dazu Dean Reed: "... in vielfältiger Form, zum Beispiel wollte ich einige Tage vor Dr. Allendes Wahlsieg in Chile die Öffentlichkeit erneut aktivieren. Was tun? Die amerikanische Fahne konnte ich nicht verbrennen, denn ich liebe meine Heimat. Aber ich stellte mich vor die USA-Botschaft und wusch sie. Das sollte keine 'Show' sein. Die Polizei nahm mich fest, aber vorher hatte ich Gelegenheit, der Menschenansammlung zu erklären, warum die Fahne vom Blut Vietnams, von der Rassenverfolgung in den USA beschmutzt ist." Gemeinsam erklang: "We Shall Overcome". Er selbst schwieg, ehe er einstimmte. "Es bewegt mich so, dass ich dieses Lied erstmals mit deutschen Jugendlichen singe. Vor meinen Augen sehe ich die Verbündeten in aller Welt, mit denen ich es immer wieder sang." Bei unserem nächsten Besuch in Berlin war er Ehrengast gemeinsam mit progressiven Freunden aus vielen Ländern. Was er Millionen Menschen am ersten Weihnachtsfeiertag im Fernsehen als "politisches Credo" sagte, betonte er auch dort in unserem Gedankenaustausch. "Ein Künstler muss bereit sein, das zu leben, was er in seiner Kunst ausdrückt." Übrigens ließ er sich für seine Schallplatten, für seine Protestlieder und Konzerte in Südamerika nie bezahlen. Das Geld bekam der Weltfriedensrat. "Ich kann mir doch meine Gesinnung, meinen Protest nicht finanzieren lassen", so sagte Dean. Auch diese Begegnung war menschlich, künstlerisch und politisch eine Bereicherung. Der Sänger und Filmschauspieler, der in Rom lebt und dort viele Filme drehte, darunter manchen Abenteuerfilm, schrieb uns jetzt aus Moskau. "Wieder bin ich bei meinen Freunden als Gast des Ministeriums für Kultur und freue mich, dass alle meine neuen Freunde in der DDR per Bildschirm (Fernsehsendung am 4. Februar, 20.35 Uhr) einiges aus meiner künstlerischen Arbeit und dabei viele meiner Gedanken kennenlernen." |
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www.DeanReed.de
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