Books and films about Dean/Bücher und Filme über Dean |
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Zwischen Marx und MuckDEFA-Filme für KinderIngelore König, Dieter Wiedemann, Lothar Wolf (Herausgeber) Henschel Verlag, Berlin 1996, ISBN: 978-3894872342 |
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Inhalt
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Norbert Wehrstedt Indianerwestern made in GDRSeite 60: Nach dem Kassenerfolg von "Die Söhne der Großen Bärin", der locker über eine Million Zuschauer kam (eine magische Grenze für DEFA-Produktionen) und sich prächtig exportieren ließ, gab es kein Halten mehr. Bis 1975 sattelten die Babelsberger Jahr für Jahr die Pferde und ließen Gojko Mitic für die Gerechtigkeit durch die alljährlichen Sommerfilmtage (fortan der Premierentermin) reiten. Da es im heimischen Terrain an geeigneter Topographie etwas mangelte, wurde gern koproduziert. Die Kosten lagen dadurch im finanziellen DEFA-Normalbereich, pendelten zwischen knapp über zwei Millionen DDR-Mark und um die drei Millionen ("Der Scout"). Gedreht wurde in aller Regel zügig, in 60 bis 80 Tagen. Für die Hauptrollen bildete sich rasch ein Ensemble heraus, das mit Rolf Römer, Rolf Hoppe, Horst Schulze, Helmut Schreiber, dem Polen Leon Niemczyk, dem Rumänen Colea Rautu ansehnlich besetzt war. Gelegentliche Ausflüge zu den Indianern unternahmen auch Armin Mueller-Stahl, Hanjo Hasse, Gerry Wolff. Unübertroffen als Bösewicht mit Babyface blieb Rolf Hoppe. Ziemlich skurril wurde es, wenn unter dicker Schminke Darsteller wie A.P. Hoffmann oder Albert Finohr weise oder wankelmütige Indianer mimten. Nie wurde eine Frau an der Seite von Gojko Mitic etabliert, obwohl schöne Squaws durchaus ihre braven Rollen neben starken Kriegern bekamen und schon mal, jedem historischen Fakt zuwider, Älteste im Rat zusammenstauchen durften. Aber das war schon zu jener Zeit, da mit Dean Reed aus Colorado ein stockiger Hauch US-Glamour in die DEFA-Indianerherrlichkeit fuhr. Seite 66: Neuling im Sattel war auch Werner W. Wallroth, der 1975 das zehnte indianische DEFA-Abenteuer drehte. Als Empfehlung galten ein behäbiger Agitations-Thriller im arktischen Eis ("Alaskafüchse", 1964), eine Kostüm-Klamotte ("Hauptmann Florian von der Mühle", 1968), ein Gegenwartskomödchen ("Du und ich und Klein-Paris", 1971) und besonders ein historischer Reiter-Bilderbogen ("Lützower", 1972). Der Motor hinter dem Unternehmen "Blutsbrüder" war allerdings Dean Reed, der Mann, der aus der Weite Colorados in die Enge der DDR fiel. Er schrieb das Buch (Mitarbeit: Wolfgang Ebeling), er spielte die Hauptrolle in dieser Bekehrungsgeschichte um einen amerikanischen Soldaten, der die Massaker an den Indianern in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts nicht mehr mitansehen kann, alles Militärische angewidert hinter sich lässt und zu den Indianern überläuft. Nur Häuptling Harter Felsen steht seiner Wiedergeburt als guter amerikanischer Junge zunächst misstrauisch gegenüber. Das Blatt wendet sich, als Harmonika die Indianerin Rehkitz heiratet. Doch Rehkitz wird ermordet, und Harmonika ergibt sich dem Alkohol. Erst als Harter Felsen in Gefangenschaft gerät, pulsieren Harmonikas Adern wieder im Rhythmus kämpferischer Blutsverbundenheit. Die Pappfelsen springen wie Fußbälle durchs Bild, wenn Harmonika und Harter Felsen ihre Zweikämpfe, Mutproben und Rivalitäten austragen. Werner W. Wallroth kehrte zum traditionellen Abenteuerkino zurück. Dean Reed, der mit dem Wind einiger Italowestern im Rücken in Babelsberg als Experte für harte Action gehandelt wurde, schauspielerte sich eher matt und mau durch das historische Amerika. Es schien, als ob nach "Tecumseh" die Luft raus und der Schwung weg wäre. In "Blutsbrüder" wetterleuchtete schon wieder viel Karl May, gewollt oder ungewollt. Dass das Cheyenne-Massaker in keiner Weise mit jener berühmten Überfall-Sequenz aus "Das Wiegenlied vom Totschlag"/"Soldier Blue" (1970) von Ralph Nelson mithalten kann, zeugt nur von der Genre-Ratlosigkeit bei der DEFA. Seite 68/69: Ein unübertroffen peinlicher Fehltritt ins Western-Fettnäpfchen wurde "Sing, Cowboy, sing" (1981) mit dem Dean Reed (Autor, Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion) irgendetwas Komisches zwischen Parodie und Persiflage hinlegen wollte. Die Komik versank im schmuddeligen Schweinejagen und gnadenlosen Grimmassieren. Dann kippten die Abenteuer der singenden Cowboys Joe und Beny (gespielt vom tschechischen Popstar Vaclav Neckar) plötzlich weg, und Joe, der ein prächtiger Rodeoreiter ist, wird von der kleinen Maria angehalten, ihre Mutter vor einem Finsterling zu bewahren. So wird Joe unversehens auch noch zum Retter eines Städtchens, in dem die Bürger Feiglinge sind, der Sheriff dämlich, Jurie Darie ein Erzschurke und Bues-Musiker Stefan Diestelmann ein extravaganter Kellner ist. Der Showdown ist - natürlich - aus Fred Zinnemanns "Zwölf Uhr mittags"/"High Noon" (1952) geklaut und in seiner grenzenlosen Unbedarftheit ein Fall fürs Kino-Panoptikum. Fünf Jahre später hatte Autor-Regisseur Dean Reed schon die Koffer gepackt, die DEFA mindestens 100.000 Mark in Kostüme gesteckt und auf die Reise in die Sowjetunion geschickt, wo "Wounded Knee" gedreht werden sollte. Eine Geschichte um jenes schlimme Massaker zu Weihnachten 1890, in dem das 7. Kavallerieregiment als Rache für General Custers Niederlage am Little Big Horn (1876) 300 unbewaffnete Indianer, darunter Frauen und Kinder, niedermetzelte. Das blutige Drama wurde nie gedreht, wenige Tage vor dem Produktionsstart nahm sich Dean Reed im Mai 1986 das Leben. Angeboten wurde das Skript bei der DEFA keinem mehr. Es zeigte auch niemand Interesse. |
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www.DeanReed.de
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