Die Welt 07.05.2007 |
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Deutsche MomenteDer fremde FreundVon Michael Pilz Fast 21 Jahre nach Dean Reeds noch heute rätselhaftem Abgang, in den Zeuthener See hinein, wird er als Star gewürdigt, wie es ihm gefallen hätte. Sein für immer junges Lächeln strahlt von Tassen und von T-Shirts. Darauf steht: "Der Amerikanische Rebell". Ein Popstar braucht Beweise. Im Berliner Kino "Toni" findet sich die naturgemäß betagtere Fangemeinde ein. Dean Reed kam 1971 aus dem Wilden Westen in die DDR, sein Leichnam wurde 1986 aus dem See geborgen. Der Altersdurchschnitt seiner Fans entspräche annähernd dem Alter seiner Wahlheimat, wäre diese nicht verschwunden. Viele hatten mit der Unterhaltungskunst zu tun. Sagt eine Frau zur anderen: "Sind Sie nicht ...?" - "Nee, das ist meine Mutter."Anlass dieser Feierstunde ist die Aufarbeitung von vier Filmen mit Dean Reed für das Gedächtnis-Medium DVD. Die Defa-Western "Kit & Co." und "Blutsbrüder", die Schnulze "Soviel Lieder, Soviel Worte" für die Weltfestspiele sowie die Komödie "Sing, Cowboy, Sing". Es fehlt Dean Reeds Regiearbeit "El Cantor". Dafür läuft der Film in dieser Kinonacht. Man kann Dean Reed betrachten, wie er nicht nur in die Rolle Victor Jaras schlüpft, sondern den Sänger sehnsüchtig verkörpert und sich für die Sache foltern lässt. Denn die ihm zugewiesene Rolle war bescheidener: Dean Reed wurde zum Superstar erhöht, der Hollywood für Babelsberg verließ. So wuchs die DDR wie die Idee des Sozialismus'. Als die nichts mehr galt, wurden die Platten von Reed auf Trödelmärkten ausgelegt. Dann kam Tom Hanks. Er trieb sich in Berlin herum, es hieß, er plane "Comrade Rockstar", seinen Film über den "Roten Elvis". Plötzlich gibt es Bücher und CDs. Auch der Bedarf an guten Amerikanern scheint wieder beträchtlich. Auf der Kinobühne singt ein Mann mit Pferdeschwanz den "Jailhouse Rock". Er heißt Dirk Schlömer und verwaltet auch das Erbe der Polit-Rockband Ton Steine Scherben. Rio Reiser und Dean Reed. So schließen sich die Kreise des vergeblichen Rebellentums. Die Gäste auf den Stühlen wackeln mit den Köpfen. Zeitzeugen erklimmen huldigend das Podium; es ist ein Raunen über einen Helden und die finsteren Mächte der Geheimdienste. "Man ahnt ja, was gelaufen ist", sagt Gabi Scherer von Filmklub "Olga Benario" aus Frankfurt an der Oder. Während einer Colorado-Reise durfte sie bei seinem Bruder in Kopien von Dean Reeds Stasi-Akten schauen. Denn was wäre ein gescheiterter und lebensmüder Träumer? Immer noch ein Popstar? |
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www.DeanReed.de
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