Weltexpress 08.02.2007

Berlinale 2007 - Panorama Dokumente

Prima Musik, kämpferische Schwule und zwei seltsame Modezaren

Die Sparte Dokumentarfilm ist in diesem Jahr auf der Berlinale als sehr reichhaltig, wenn auch qualitativ durchwachsen anzusehen. Viele langwierige Berichte passen wohl eher ins Fernsehen. Aber man beabsichtigte gewiss eine sehr breite Streuung der Geschmäcker, wollte unbekannte Filmemacher auf die große Leinwand holen.

Zu den Highlights zählen STRANGE CULTURE (mit Tilda Swinton, siehe Berlinale Katalog) und BerlinSong. Insgesamt lässt sich ein Fokus auf Musik, Homosexualität und Mode feststellen, letzterer langweilt besonders mit Lagerfeld und Yves Saint Laurent.

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DER ROTE ELVIS

(Leopold Grün, BRD, 90 min)

Aus vielfältigem Archivmaterial hat Grün nach langer Recherche das Leben des Amerikaners Dean Reed rekonstruiert, welcher in den 1960ern seltsamerweise in die DDR emigrierte. Er tourte durch den Ostblock und Südamerika, wollte Frieden, ließ sich aber auch mit Waffen fotografieren. Reed betätigte sich hauptsächlich als Sänger, probierte aber auch Schauspiel und Regie aus. Propaganda schwang oft mit in seinem Werk. Sein teils unsteter Charakter bescherte ihm Ruhm aber auch private Probleme.

Die Zeitzeugen (Frauen, Kollegen, Geliebte, Politiker, Amerikaner) berichten lebhaft über diesen "roten Elvis", der auch Allende und Arafat kannte. Das hat nichts mit Ostalgie zu tun, sondern umreißt eine Person, die aus Überzeugung in ein System hinüberwechselte, das bekanntermaßen viele, viele Schattenseiten hatte. Der Soundtrack tut das Übrige, um diesen informativen Film abzurunden. Reed ließ sich gerne feiern, sprach mutig in Chile und Nicaragua von Freiheit, sang aber wie Elvis von Liebe. Als der Erfolg und die Medienöffentlichkeit abflauen, wird Reed depressiv. Die Umstände seines Endes bleiben ungeklärt, Suizid scheint aber möglich.

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Dave Lojek

weltexpress.info