Videotake 05/2007 |
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Dean ReedDer amerikanische RebellDas Kino ist längst entzaubert. Was vor einer Generation noch Staunen ließ, ist heute Allgemeinwissen: Wer mag, kennt die Tricks der Filmemacher. Nur ein Geheimnis ist ungelöst, das, was wenige Schauspieler auf der großen Leinwand zu Ausnahmepersönlichkeiten werden lässt. Die Monroe hatte es und Cary Grant, die Garbo, die Dietrich, John Wayne. Die gängigste These spricht von Chemie zwischen Kamera und Charakter, von einer Aura, die dem menschlichen Auge unsichtbar bleibt und erst durch die Kamera sichtbar gemacht werden kann. Was auch immer es ist, es ist mit das Schönste am Kino. Auch Dean Reed hatte dieses Besondere. Im wahren Leben herzlich, kumpelhaft, freundlich, aber nicht unbedingt von spektakulärer Ausstrahlung, wirkte er auf der Leinwand so, wie Hollywood es am liebsten hat: bigger than life. Hätte ihn sein politisches Engagement nicht hinter den so genannten Eisernen Vorhang getrieben, er hätte einer der Großen der Traumfabrik unter der ewigen Sonne Kaliforniens werden können. In Potsdam-Babelsberg, bei der DEFA, war er einer der Größten. 1938 in Denver, im US-Bundesstaat Colorado in eine stark vom Christentum geprägte Familie geboren, startete er in den 1950er Jahren eine Karriere als Rock 'n' Roller. Gezielt wurde er von der Industrie als Export-Star in Südamerika aufgebaut, als !Elvis zum Anfassen". Nach seinem ersten Erfolg als Filmschauspieler, 1965 in Argentinien, trat er regelmäßig in Actionfilmen und Western auf. Doch Vietnamkrieg und insbesondere die Konfrontation mit der Pinochet-Diktatur in Chile ließen ihn rebellieren und schließlich ausbrechen. Über wenige Umwege, Italien, Sowjetunion, kam er 1973 in die DDR, wo er als "Sänger des anderen Amerika" und Filmstar einen bis dahin im Ostblock nicht gekannten Star-Status hatte. Dean Reed war für die ostdeutsche DEFA, was die Schwedin Zarah Leander für die UFA der Nazis war: ein Verkaufsschlager mit weltläufigem Sex Appeal, ein Exot, allein durch seine Herkunft besonders, also eine ideale Projektionsfigur für die Träume des Publikums. Dazu war er eine tolle Schachfigur im Kalten Krieg: Der Mann, der aus dem Westen in den Osten kam. Wie weit er diese Form der Ausbeutung mehr und mehr als Last empfand, ist nicht bekannt. Dean Reed starb im Frühjahr 1986 in einem See bei Berlin. Die Untersuchungen seines Todes kamen zu dem Ergebnis, dass es Suizid war. Was bleibt, sind die Filme und die Songs. "Dean Reed - Der amerikanische Rebell" bietet eine kleine Auswahl. Die Spielfilme sind repräsentativ für seine Rolle als Unterhalter. Die Jack-London-Adaption "Kit & Co." (1974), der Indianerfilm "Blutsbrüder" (1975), die Liebeskomödie "Soviel Lieder, soviel Worte" (1975) und die Wild-West-Parodie "Sing, Cowboy, sing" (1981) zeigen Dean Reed als virilen Typ, als Kerl aus echtem Schrot und Korn, der aber auch sensible Seiten hat. Keine dieser Produktionen hat Filmgeschichte geschrieben. Aber es sind allesamt nach wie vor amüsante, dem Bedürfnis nach Spannung, Witz und Ablenkung entsprechende Filme, deren Erzählungen, was Intelligenz und Gehalt angeht, nach wie vor mit dem Gros des gegenwärtigen Angebots auf vergleichbarer Ebene standhalten. Auch handwerklich überzeugen die Filme durchweg. Die Marke "Gute Familienunterhaltung" trifft's vielleicht am genauesten. Wobei in zwei Fällen das Bemühen Dean Reeds, mehr sein zu wollen als der nett anzusehende Frauenschwarm, deutlich ist: Bei "Blutsbrüder" schrieb er am Drehbuch mit, bei "Sing, Cowboy, sing" führte er selbst Regie. Und alle vier Filme zeigen: Der Mann hatte genau jenes nicht wirklich zu beschreibende "gewisse Etwas", das erst die Kamera entfesseln kann. Worte wie Charme oder Charisma treffen es nicht. Dean Reed hatte dieses Geheimnisvolle, das nur wenigen Filmschauspielern gegeben ist. Niemand kann es erklären. Muss auch nicht sein. Das Unerklärliche erhöht ja sogar den Genuss an dieser DVD-Edition mit vier Filmen des ungewöhnlichen Amerikaners in Ost-Berlin. Da bleibt dem Kino denn doch der Zauber. Peter Claus Videotake 05/2007 pdf, Seite 17 |
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www.DeanReed.de
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