Thüringer Allgemeine, 12.10.2007 |
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Popstar in der SonnenalleeEin Dokumentarfilm nähert sich dem Mythos Dean Reed/Regisseur besuchte Ilmenauer VorstellungEin Amerikaner hinterm eisernen Vorhang: Sonnyboy Dean Reed wurde als Held des Proletariats gefeiert, bis der Zeitgeist sein naiv-ehrliches Pathos überholte - und ihn fast vergessen machte. 21 Jahre nach seinem ungeklärten Tod versuchen Buch und Film den Mythos des "roten Elvis" zu erklären. Am Dienstag lief der Streifen in Ilmenau im Beisein des Regisseurs. Von Christian Werner Ilmenau. Zu Beginn des Dokumentarfilms "Der Rote Elvis" spricht eine Russin, Anfang 30, unter Tränen in akzentfreiem Englisch von Dean Reed. Wie er ihr Leben erleichtert habe, damals in der Sowjetunion. Die Aufnahmen sind keine vier Jahre alt und wurden in einem US-Provinznest in Denver, Colorado gedreht - dem Geburtsort von Dean Reed. Rund zwanzig Jahre nach seinem Tod entfacht Reed noch Gefühle wie bei pubertierenden Boygroup-Fans. Regisseur Leopold Grün (38) nennt drei Arten der Reed-Bekanntheit: "Entweder man liebt ihn, man hasst ihn oder man kennt ihn erst gar nicht." Letzteres führt die gefühlte Statistik an, denn in den Jahren vor seinem Tod 1986 war Reed längst nicht mehr Teil der DDR-Jugendkultur. Auch Regisseur Grün kannte den singenden Amerikaner im Osten, aber "die Musik war nicht so meins und die Filme schon gar nicht". Ausgerechnet ein Freund aus Westdeutschland brachte ihn in einem Bremer Biergarten auf das Thema seines ersten Dokumentarfilms: "Wer war denn eigentlich dieser Ost-Cowboy?" Der Startpunkt für ein gemeinsames Projekt. Der Freund, Stefan Ernsting, schrieb ein Buch, Grün machte einen Film. "Dean Reed war weder ein glatter Held noch ein Anti-Held", sagt Grün, der sechs Jahre Arbeit in den Film gesteckt hat. 1938 geboren, versuchte sich Reed Ende der Fünfziger als Sänger und Schauspieler. Er besuchte die gleiche Schauspielklasse wie Jane Fonda, aber näher kam er Hollywood nie wieder. Seine Musik floppte in den USA, in Südamerika löste sie wiederum eine kleine Hysterie aus. Dort sah er auch die Ungerechtigkeiten zwischen Arm und Reich und machte darauf aufmerksam. Damit machte er sich Feinde, vor allem in der Heimat, heimste aber auch Sympathien ein. Bei einem Besuch in der DDR 1971 verliebte er sich und blieb freiwillig im Arbeiter- und Bauernstaat, der den Ruhm des Protest-Sängers und Schauspielers geschickt zu nutzen wusste. Am 13. Juni 1986, Reed stagnierte künstlerisch und seine Beliebtheit sank, wurde seine Leiche im Zeuthener See bei Berlin gefunden. Bis heute gibt es Spekulationen, ob es Selbstmord war oder ein Geheimdienst-Komplott. Für Grün persönlich steht fest: Es war Selbstmord. "Der Rote Elvis" nimmt das nicht vorweg, der Film ist weder Abrechnung noch Heroisierung der Figur Dean Reed, sondern ein Angebot zum Nachdenken. Ein wenig Vorwissen schadet nicht, denn der 90-minütige Film kann nicht alle Lebensstationen zeigen und überlässt ohne Kommentar Bilder und Interviews zur Erforschung dieses höchst ungewöhnlichen Lebenslaufes. Freunde wie Armin Müller-Stahl, Kollegen, Geliebte und Familie kommen zu Wort. Von Reeds dritter Ehefrau Renate Blume aber fehlt Grün ein aktueller O-Ton. Denn Blume ist vertraglich exklusiv an Tom Hanks gebunden, der an einem Spielfilm über Reed arbeitet. Andere wollten auch einfach nicht reden. Manfred Krug zum Beispiel. Egon Krenz wiederum denkt heute noch, das war ein Hollywood star, erzählt Grün im Gespräch mit dem Ilmenauer Publikum. Dort saß auch Michael Geishendorf (55), der mit einem Freund 1978 für fünf Tage Betreuer von Dean Reed beim Nationalen Jugendfestival in Berlin war. "Das war eine große Sache." Noch heute erzähle er seiner Frau von dem herzlichen Verhältnis. "Der Rote Elvis" läuft am Freitag, 12. Oktober, 20 Uhr, im Meininger "Casino Lichtspiele". |
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www.DeanReed.de
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