Potsdamer Neueste Nachrichten 02.08.2007

zurück/back

Der gebrochene Held

Leopold Grüns Dokumentarfilm "Der rote Elvis" erzählt über Dean Reed, den Amerikaner bei der DEFA

Plötzlich ist er wieder in aller Munde. Eine Biografie ist erschienen, der Dokumentarfilm im Kino, ein Spielfilm von Tom Hanks in Warteschleife. Und die Medien stürzen sich ebenfalls dankbar auf ihn. Dabei scherte sich zu Lebzeiten kaum ein Mensch mehr um Dean Reed, der mit seinen immer gleichen pathetischen Freiheitsliedern und weichgespülten Filmen eher belächelt als ernst genommen wurde. Jedenfalls in seinen letzten DDR-Jahren. Bevor er ins Wasser ging.

Doch nun rennen die Leute ins Kino, wollen den "Roten Elvis" sehen. Wegen des nie ganz aufgeklärten Todes und des bis zur Wende geheim gehaltenen Abschiedsbriefs, der Spekulationen um geheimdienstliche Machenschaften schürte? Oder einfach nur, weil niemand recht verstand, wie ein freigeistiger Bürger freiwillig in die Enge der DDR umsiedeln konnte?

Im Filmmuseum müssen am Dienstagabend noch Stühle reingetragen werden, um beim Aktuellen Filmgespräch Interessierten Platz zu gewähren. Selbst viele junge Leute haben sich auf den Weg gemacht, um mehr über die so ambivalente Persönlichkeit zu erfahren: Äußerlich strahlender Held, innerlich von Depressionen zermartert, anfangs der Gitarre spielende Pazifist, nach der Ermordung von Salvador Allende und Victor Jara der auch symbolisch zur Waffe greifende Rebell. Nunmehr gemeinsam mit Arafat auf den Barrikaden des Terrorismus "tanzend" . Er war Patriot und wandte sich gerade deshalb gegen sein Heimatland, das in Vietnam so viel Blut vergoss. Öffentlich wusch Dean Reed die Fahne Amerikas von dieser Befleckung rein. In der Wohnung in Berlin stellte er sie auf seinen Schreibtisch.

All' das sehen und erfahren wir in dem gut und aufwändig recherchierten Film von Leopold Grün, der fast im Staccato Erinnerungen von Freunden, Kollegen, seinen Frauen und der Geliebten aneinanderreiht. Ohne Zwischenkommentar, vertrauend auf die Wirkung der Montage gegensätzlicher und sich ergänzender Reflexionen. Und das funktioniert sehr gut, auch wenn einem am Ende fast schwindlig wird. Eindrücklich wird Vergangenes an die Oberfläche gespült, klarer werdend durch den zeitlichen Abstand. Und es bleiben Sätze haften, wie der von Armin Mueller-Stahl, der sich fragt, warum ein so toller Typ gerade in die DDR kommt, wo er doch sofort zum Spielzeugauto wird, das nicht über die Kante hinaus fahren kann. "Er war ein Brückenbauer, mochte keine Gräben. Und er versuchte uns mit seiner Gitarre aufzuheitern, wo uns schon lange nicht mehr heiter zumute war."

Dean Reed sah überall auf der Welt seinen Platz, um die Stimme für soziale Gerechtigkeit und den Frieden zu erheben. Doch er geriet auch zwischen den Stühlen. Die einen sahen in ihm den Opportunisten, die anderen den unverwüstlichen Kämpfer für Gerechtigkeit, dem Solidarität mehr war als nur Lippenbekenntnis. In Chile wurde der "Gringo", der die Faust gegen die brutalen Machthaber enthusiastisch in die Luft warf, zeitlebens aufrichtig gefeiert. Und er sang dazu wie Elvis, wenn auch stark verwässert. Die Frauen beteten ihn an. Auch Wiebke aus der DDR, die ihn auf dem Dokfilmfestival in Leipzig becircte und ihn von Chile nach Berlin lockte. Dafür musste sie das Kind von ihm abtreiben lassen. "Mit einem Baby fängst du mich nicht." Dann heirateten sie. Bald zog Ernüchterung ins große Haus. "Oft wurde ich von ihm klein gemacht. Und am Ende setzte der große Friedenskämpfer Frau und Kind vor die Tür."

Zu seinen Liedern klatschten am Ende nur noch die DDR-Funktionäre. Die Jugend sang andere Lieder. Sehnsucht machte sich in Dean Reed breit. Nach Anerkennung. Vor allem aber die nach der Mutter, wie es bei seinem letzten Auftritt im "Kessel Buntes" herzzerreißend zu hören ist. Regisseur Celino Bleiweiß, mit dem er den "Taugenichts" drehte, erinnert sich, dass Dean gern als Held oder Märtyrer sterben wollte. Seine Geliebte, Maren Zeidler, kann nicht verstehen, dass er allein ins Wasser ging. "Wir hingen beide nicht sonderlich am Leben, aber so abzugehen - ohne Aufmerksamkeit - das entspach ihm nicht." Es bleiben Fragen. Doch das Bild des schönen Cowboys mit der glatten Fassade hat durch den Film Risse bekommen, menschliche Züge.

Heidi Jäger


Link: pnn.de

We would formally like to point out that the articles, reports and contributions are presented independently of their truth content. They do not reflect the opinions of the Dean Reed Website team (see detailed declaration).

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir alle Artikel unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt präsentieren. Sie spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung des Dean-Reed-Websiteteams wider (siehe auch die einleitende Erklärung).

Recalcamos expresamente que presentamos los artículos independientemente de su veracidad. No en todos los casos reflejan la opinión del equipo de esta página WEB (léanse las líneas aclaratorias principales).

zurück/back

www.DeanReed.de
Fehler, Hinweise etc. bitte an Webmaster@DeanReed.de
Letzte Änderung: 2017-03-07