Ostseezeitung 03.09.2007

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Dean Reed - ein Amerikaner im Osten

Mit dem Film "Der Rote Elvis" geht Regisseur Leopold Grün dem tragischen Leben des einstigen Idols nach.

Rostock (OZ) Schwarze Haare unterm Cowboyhut, blaue Augen, strahlendes Lachen, lässig umgehängte Gitarre - so können sich die meisten an Dean Reed erinnern. Sein breiter amerikanischer Akzent versprach die große weite Welt. Wenn er temperamentvoll Protestsongs interpretierte, verlieh er Veranstaltungen Pep und einen internationalen Touch.

Ein Friedenskämpfer - auch Sänger und Schauspieler - aus Colorado, der in Südamerika, in der Sowjetunion und übrigen sozialistischen Ländern verehrt wurde, hatte den USA aus politischen Gründen den Rücken gekehrt. Und ließ sich in der DDR nieder. Das passte gut ins Propaganda-Konzept. Während Künstler in den 70er- und 80er-Jahren aus dem Osten in den Westen gingen, kam einer von dort hierher. Ein Amerikaner zum Anfassen! Und Dean Reed liebte das Bad in der Menge.

Das war auch in den kühlen Augusttagen vor 27 Jahren so: In Rostock fand das "Treffen der Freundschaft zwischen der DDR-Jugend und der Republik Kuba" statt. Über tolle Stimmung, "Karneval und karibische Nacht" schrieb die "Ostsee-Zeitung" am 25. August 1980. Mitten drin Dean Reed: mit Gitarre und auf dem Neuen Markt hoch zu Ross - umlagert, umjubelt.

"Wenn er die Massen begeistert hatte und sie ihm zujubelten, war er zufrieden", erinnert sich Ex-Ehefrau Wiebke Reed. Sie gehört zu den Zeitzeugen, die Regisseur Leopold Grün für seinen neuen Dokumentarfilm "Der Rote Elvis" befragte. Vor allem ihretwegen übersiedelte der Sänger 1972 in die DDR. Im November 1971 war sie ihm auf der Leipziger Dok-Filmwoche begegnet. Nach zwei Wodkas drängelte sie, die Lehrerin aus Döbeln, sich in seine Nähe und gestand stockend: "You are the best looking man of the world!" (Du bist der bestaussehende Mann der Welt.). "Es war eine romantische Liebe", erinnert sich die heutige Managerin einer Schauspielagentur in Berlin. Doch die Liebe währte nur sieben Jahre.

Denn der Amerikaner in Berlin war schwer beschäftigt: 1972 spielte er die Hauptrolle in dem Defa-Film "Aus dem Leben eines Taugenichts", zwei Jahre später die Goldgräbergeschichte "Kit & Co." mit Starbesetzung: Manfred Krug, Rolf Hoppe, Armin Mueller-Stahl und Renate Blume, die mit Reed ein Liebespaar spielt und sieben Jahre später seine Frau wird. Weitere Filme folgten, von denen Filmleute - hinter vorgehaltener Hand - sagten, sie seien nicht unbedingt gut. Sein letzter - "Sing, Cowboy, sing" (1981) - wurde sogar ganz offen verrissen. Anfang der 80er wird es schwieriger für Dean Reed. "Er begann, eine traurige Gestalt zu werden", erinnern sich Bekannte. Sein naives Pathos wirkte lächerlich. Er hatte den Zeitgeist verschlafen. Seine Ideale hielten dem realen Alltag der Menschen nicht stand. Auch wenn ihn die New York Times den "Johnny Cash des Kommunismus" nannte, kritisierten andere, dass er sich künstlerisch nicht weiterentwickelte. Kritik nahm er sich zu Herzen. "Er war sehr sensibel", sagt Wiebke Reed.

Am 13. Juni 1986 wird Dean Reed tot aus dem Zeuthener See bei Berlin gezogen. "Ein Unfall", heißt es sofort aus SED-Kreisen. In den 90er-Jahren taucht Reeds Abschiedsbrief auf, in dem er Enttäuschung und Eheprobleme als Gründe für seinen Selbstmord angibt. Seine Witwe Renate Blume-Reed kommt in Leopold Grüns Film nicht zu Wort. Ihre Geschichte hat sie an Hollywood verkauft.

Denn nach seinem Tod ist Dean Reed plötzlich wieder ein Medienstar. Die bis heute andauernden Spekulationen über seinen Tod - Selbstmord oder Mord - riefen Journalisten, Buchautoren und Filmemacher auf den Plan. 1984 recherchierte sogar Tom Hanks in Berlin. Er selbst wollte den tragischen "Comrade Rockstar" spielen, unter Regie von Steven Spielberg. Was aus dem Projekt wurde?

"Wie ich das Filmgeschäft der Amerikaner kenne, weiß ich nicht, ob das je etwas wird", sagt Wiebke Reed. Sie glaubt übrigens, dass sich Dean Reed als politischer Mensch in seinen Träumen und Hoffnungen gescheitert sah. Das vermittelt auch der Film "Der Rote Elvis". Jeder kann sich sein Urteil bilden - oder in Erinnerungen schwelgen.

"Der Rote Elvis" ab Donnerstag im Rostocker Theater "Wundervoll"

BEATE KRÜGER

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Letzte Änderung: 2007-10-02