Freiheit 30.10.1972 |
||||
Im Barockschloss Rammenau trafen wir uns mit einem "Taugenichts". Natürlich, Sie haben Recht. Dean Reed, der amerikanische Künstler ist gemeint, die DEFA verfilmt diese Novelle Eichendorffs. In einer Drehpause beantwortete er unsere Fragen und gestand:"Ich freue mich auf Berlin"Dean Reed, sehen wir Sie bei den Weltfestspielen? Natürlich, denn ich halte sie für ein außerordentliches Ereignis der Weltjugend. Kommen Sie mit eigenen Songs? Wenn ich komme, dann komme ich ganz so wie ich bin - mit meinen Liedern und Gedanken. Ich werde singen und diskutieren. War es ein weiter Weg vom Rock'n'Roll-Sänger zum Künstler, der alle künstlerischen Mittel für den Kampf nutzt? 12 Jahre hat es gedauert! Es ist für einen Künstler in einem kapitalistischen Land ein sehr schwieriger Weg. Der Imperialismus verfügt über eine Propagandamaschine, die Tag für Tag versucht, Menschen für den Imperialismus und gegen den Sozialismus einzunehmen. Es ging also nicht glatt? Keineswegs. Es gab - wie soll ich sagen - drei revolutionäre Sprünge. Der erste? ...wurde hervorgerufen durch meinen engsten Freund und Theaterlehrer in Hollywood. Ich bewunderte an ihm, dass er als Pazifist für seine Gegnerschaft gegen den Vietnamkrieg auch bereit war, ins Gefängnis zu gehen. Der zweite war mein Aufenthalt in Lateinamerika. Dort sah ich zum ersten Male mit vollem Bewusstsein, wie die Mehrheit der Bevölkerung von einer Minderheit, die über allen Reichtum und alle Macht verfügt, regelrecht versklavt wurde. Damals haben Sie vor der USA-Botschaft in Chile das Sternenbanner gewaschen. Sie wurden dann verhaftet. Was haben Sie gefühlt? Ich wollte die USA-Flagge demonstrativ reinwaschen. Vom Blut des vietnamesischen Volkes, vom Blut aller Menschen, die durch den amerikanischen Imperialismus ins Unglück gestoßen wurden. Und wie ging es weiter? Der dritte Schritt war 1965, mein erster Besuch in der Sowjetunion, wo ich auf Einladung des Weltfriedensrates weilte. Seitdem sind Sie sein Mitglied? Ja, und seit einem Jahr als einziger US-Amerikaner auch Mitglied der Kulturkommission. Betrachten Sie auch das Liebeslied als Mittel des Kampfes? Auch ein Revolutionär kann nicht 24 Stunden am Tag revolutionäre Lieder singen. Die Kunst muss das ganze Leben widerspiegeln, wenn sie den Menschen berühren soll. Dazu gehören das Liebeslied, die romantische Liebe und die Liebe zu den Kindern, auch der Spaziergang im Wald. Sehen Sie so auch Ihre neue Rolle als "Taugenichts"? Jeder ernsthafte Künstler wünscht sich, dass seine Filme künstlerische, sozialpolitische und kommerzielle Erfolge werden. Hier, glaube ich, werde ich zum ersten Male in meinem Leben das auf einmal erreichen. Wir hörten, Sie hätten für die Filmlieder extra deutsch gelernt? Ja, und Geige spielen. Außerdem fand ich es interessant, wenn auch ungewohnt, dass bei Dreharbeiten in unterschiedlichen Sprachen gesprochen wird. Was empfehlen Sie unseren jungen Lesern bei der Vorbereitung der Weltfestspiele? Da werden sie schon eigene Ideen haben müssen. Aber eins auf jeden Fall: offenen Sinnes durch die Welt gehen und alle Fragen beantworten, die die Jugend der Welt stellen wird. Also dann - auf Wiedersehen 1973 in Berlin!
An die jungen Leser der "Freiheit"!
Dean Reed |
||||
|
||||
www.DeanReed.de
|