1970 Zeitschrift des WBDJ | ||||
Treffen · GesprächeErzählen Sie uns ein wenig aus Ihrem Leben! D. REED: Ich habe zu singen angefangen für die Firma CAPITOL. Meine dritte Schallplatte war der Bestseller des Jahres 1959; sie hieß: "Unsere Sommer-Romanze". Diese Platte wurde in der ganzen Welt verkauft. Nachdem ich ein Jahr in Chile verbracht hatte, macht ich Tourneen in Argentinien und Brasilien. In Chile musste ich von 58 Polizisten beschützt werden, so stürmisch waren die Bewunderer meiner Kunst. Als ich nach Amerika fuhr, war ich Pazifist, denn ich glaubte, dass ein Sänger sich ganz in den Dienst des Friedenskampfes stellen müsste. Aber diese Tournee hat mein ganzes Leben verändert. Vorher war ich mir nicht über das Ausmaß der Ausbeutung der Arbeiter durch die Kapitalisten im klaren gewesen. Jetzt sah ich das Elend mit eigenen Augen, und ich fragte mich: Warum gibt es dies alles? Ich musste mir selbst darauf antworten: Weil die Regierung der Vereinigten Staaten die Regierungen und die Diktaturen unterstützt, die gegen die Freiheit und Selbstbestimmung des Volkes sind. Ich erlebte, wie diese Völker Amerikas zu leiden, zu weinen, zu schreien, sich zu freuen vermögen, ich sah, dass sie sehr offenherzig waren und fühlte eine tiefe Menschenliebe. Ich beschloss, von nun an meine Kunst in den Dienst des Kampfes gegen die Ungerechtigkeit zu stellen. Ich besuchte Argentinien, wo ich eineinhalb Jahre verbrachte, dann Peru, Venezuela, Mexiko und Brasilien. Im Jahre 1964 hatte einer meiner Filme - "Guadalajara im Frühling" - großen Erfolg auf dem Festival von Acapulco, in Mexiko. Ich muss sagen, dass ich während dieser Jahre, besonders in Argentinien und Chile, einer der bekanntesten und meistdiskutierten Sänger war. Was können Sie uns über den Protest-Song sagen? D. REED: Als ich in Madrid war, hörte ich einmal einen Säger sagen, der Protest-Song sei eine Absurdität, denn im Chanson dürfe nur von der Liebe die Rede sein. Natürlich sollen die Chansons von der Liebe zwischen jungen Menschen handeln. Ich habe selbt eine junge Frau und liebe sie sehr, aber ich habe noch eine andere Liebe, und die gehört der Menschheit. Der Protest-Song darf keine Kategorie für sich sein. Man darf nicht Protest-Säger oder "Liebes"-Säger sein. Man muss beides sein können. Ich wiederhole - ich liebe meine Frau und die Menschheit. Wir müssen für den Kampf, für sozialen Fortschritt, gegen den Imperialismus singen. Wir Sänger haben mit unserer Stimme eine gute Waffe, und wir müssen sie zu brauchen wissen. Der Protest-Song ist unsere Waffe. Warum nehmen Sie an den Versammlungen zur Vietnam-Konferenz in Stockholm und an der Versammlung des Weltfriedensrates teil? D. REED: Meine Anwesenheit ist auf Grund des großen Erfolgs meiner Chansons eine bedeutende Unterstützung. Ich fühle mich verpflichtet, im Rahmen des Kampfes für den Frieden diese Unterstützung zu leisten. Die größte Gefahr für den Frieden stellt augenblicklich der Vietnamkrieg der USA dar. Die Vietnamesen kämpfen auch für unsere Freiheit. Der Angriff, der sich heute gegen Vietnam richtet, kann sich morgen gegen uns richten - gegen das Volk der Vereinigten Staaten und gegen andere Länder, deshalb müssen wir ihm entgegentreten. Was denken Sie über die Aggression der Vereinigten Staaten in Vietnam? D. REED: Das ist zweifellos ein illegaler, unmoralischer und verbrecherischer Krieg, und wir müssen alles daran setzen, ihn zu beenden; das vietnamesische Volk hat viel gelitten: zuerst durch die Japaner, dann durch die Franzosen und jetzt durch die amerikanischen Imperialisten. Vietnam wird siegen, aber es braucht unsere rückhaltlose Solidarität. Welche Botschaft richten Sie an die Jugend? D. REED: Auf meinen Reisen durch die ganze Welt, von der fernen Mongolei bis nach Lateinamerika, habe ich immer klarer erkannt, dass die Jugend unsere Zukunft ist. Ich spreche dabei nicht allein vom Alter, denn es kommt vor, dass man in meiner Heimat zu mir sagt: "Du bist 31 Jahre alt, du bist schon zu alt". Ich kenne Greise, die in ihrem Denken sehr jung geblieben sind, fortschrittlich und revolutionär. Ihr Ideal hat sie jung erhalten. Ich glaube, dass diese fortschrittlichen Gedanken auch unter der Jugend siegen werden. Ich sage der Jugend, dass sie eine große Kraft hat und sie einsetzen muss. In meinem Land ist sich die Jugend klar darüber, dass die Universität sie nur als Reserve der Kapitalisten für ihre Kriegsmaschine ausbildet. Deshalb glaube ich, dass die Jugend die Pflicht hat, den ihr gebührenden Platz einzunehmen und sich mit den anderen fortschrittlichen Kämpfern zum Kampf zusammenzuschließen. Die Jugend darf sich niemals von den fortschrittlichen Kräften isolieren. Würden Sie an einem Internationalen Volkslied- und Protestsong-Treffen des WBDJ teilnehmen, und weshalb? D. REED: Diese Frage habe ich zum Teil schon beantwortet. Wir können die Jugend der Welt im Gedanken des Friedens, der Selbstbestimmung, der Unabhängigkeit und der nationalen Befreiung einen. Als Künstler, als Sänger müssen wir unsere Kräfte dafür einsetzen: mit unseren Chansons müssen wir Seite an Seite mit der Jugend kämpfen. Außerdem würde ein solches Treffen dazu beitragen, uns besser kennenzulernen, persönliche und für die einzelnen Länder typische Erfahrungen auszutauschen. Es wäre auch eine gute Gelegenheit, für die Ideale der Jugend zu werben. Was halten Sie von einem Treffen der Jugend Ihres Landes mit der Jugend Lateinamerikas? D. REED: Ich würde sehr gern und mit großem Interesse an einem Treffen der Jugend der Völker Süd-, Mittel- und Nordamerikas teilnehmen, denn ich glauben, dass die Jugend Nordamerikas heute verstanden hat, dass der Kampf der Völker Lateinamerikas für ihre nationale Befreiung und für sozialen Fortschritt der gleiche ist, den sie in den Vereinigten Staaten führt und dass wir jungen Amerikaner verstanden haben, dass wir solidarisch mit dem tapferen vietnamesichen Volk für unsere gemeinsamen Ideale arbeiten und kämpfen müssen. Ich hoffe, dass dieses Treffen bald stattfindet, und stehe Ihnen gern dafür zur Verfügung. |
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