Panorama | Berlinale
Deutschlandbilder
Identitätsfragen: Stars im DDR-Arbeiterstaat
Extreme Pole des DDR-Pop: die Dokumentarfilme "Tamara" und "Der rote Elvis"
Nach ihrem Namen benennen die Berliner Straßen. Seinen dagegen entfernten sie vor einer Weile
wieder vom Tor einer
Berliner Schule.
Größer könnte er kaum sein, der Unterschied zwischen zwei DDR-Popstars, die im Panorama
mit zwei Filmen gewürdigt werden. Der eine widmet sich Tamara Danz, Silly-Sängerin und bis
heute Identifikationsfigur. Die andere Dokumentation handelt vom
"roten Elvis"
Dean Reed, jenem US-amerikanischen Schlagerstar und Agitprop-Sänger, der sein Herz an die DDR verlor.
Tamara Danz ist das, was Herbert Grönemeyer meint, wenn er sich selbst als "Volkssänger" bezeichnet.
Ihr Tod 1996 hat sie zum Mythos gemacht. Die Wunde, die ihr Krebstod bei der populärsten ostdeutschen
Rockband hinterließ, ist nicht verheilt. Diesen Eindruck vermittelt Peter Kahanes Doku, die ihren
persönlichen Blick schon im Filmtitel unterstreicht, "Tamara". Entsprechend sind seine Gesprächspartner
jene, die die Rocklady mit der Löwenmähne und dem lässigen Augenaufschlag abseits des
Bühnennebels kannten: die drei Silly-Männer, von denen zwei einst auch Danz' Geliebte waren.
Es ist ein emotionales Porträt, illustriert durch wackelige Homemovies und private Fotos. Über
Danz' Rolle als Künstlerin in einem unfreien System wird nicht geschwiegen. Treffend montierte
Konzertmitschnitte belegen den mutigen, jedoch nie rebellierenden Ton ihrer Songs.
Wo Kahane ein oft bewegendes Denkmal setzen will, behält Leopold Grün in seinem Film über
Dean Reed einen distanzierten Blick. Seine Interviews mit Leuten wie
Armin Mueller-Stahl
oder Egon Krenz fügen sich zu einem zunehmend brüchigen Bild. Das liegt an der Natur der Sache;
denn anders als Silly oder Tamara Danz scheiterte der linksgesinnte Exil-Amerikaner gnadenlos am
Kunstanspruch. Das wird deutlich anhand von agitierenden Ansprachen vor Zehntausenden oder von
Sunnyboy-Auftritten im DDR-Fernsehen. Alles fügt sich zu einer Geschichte des Scheiterns, die an
andere tragische Showgrößen wie Roy Black erinnert. Doch über die Realität der
DDR erzählt der Film ebenfalls enorm viel - mehr, als das "Tamara" vermag. Egon Krenz, der als
Freigänger ein rares Interview gibt, scheint sich etwa noch heute gern an die "produktive
Zusammenarbeit" mit dem Lieblings-Amerikaner zu erinnern
Ulrike Rechel
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