Neue Zeit 25.10.1973 |
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Tief beeindruckt von der Kraft der WeltfriedensbewegungNZ-Exklusiv-Interview mit Dean ReedAm Vorabend des Weltkongresses der Friedenskräfte in Moskau hatten wir Gelegenheit, mit dem bekannten progressiven amerikanischen Schauspieler und Sänger Dean Reed zu sprechen, der als Mitglied des Weltfriedensrates daran teilnimmt. Seit langem ist Ihr aktives Wirken für die Weltfriedensbewegung bekannt. Wie kam es zu Ihrer Berufung in den Weltfriedensrat? 1965 lebte ich in Argentinien und versuchte seit langem, Aktionen gegen die soziale Ungerechtigkeit in einigen der durch den Imperialismus unterdrückten Laänder Südamerikas zu unterstützen. Die progressiven Künstler Argentiniens delegierten mich damals zum Weltfriedenskongress nach Helsinki. Unter den rund 2.000 Delegierten war ich wohl einer der jüngsten. Ich war tief beeindruckt von der Kraft der Weltfriedensbewegung. Mir wurde bewusst, dass ich mich mehr denn je in ihren Dienst stellen muss. Das versuchte ich. Helsinki brachte mir vor allem die entscheidende erste Begegnung mit sowjetischen Vertretern der Weltfriedensbewegung, die meine Freunde wurden. Es brachte mir danach auch die erste Begegnung mit dem Lande Lenins. 1967 wurde ich zu einer Vietnam-Konferenz nach Genf eingeladen und 1970 nach Stockholm. Dort konnte ich auch sprechen. Ihr Eintreten als Amerikaner gegen diesen verbrecherischen Krieg, für die Befreiung der inhaftierten amerikanischen Bürgerrechtskämpferin Angela Davis und für die Solidarität mit Chile sind Zeugnisse aktiver Parteinahme... ... die gerade deshalb mein Anliegen ist, weil ich meine Heimat Amerika liebe und voller Schmerz und Empörung die Folgen der imperialistischen USA-Politik erlebe. Das verpflichtet besonders. Wir alle stimmen überein, dass aus Zorn, Schmerz und Entsetzen, wie es uns jetzt im Gedanken an die Verbrechen der Junta in Chile erregt und täglich neu erfüllt, nur aktive solidarische Aktionen die Antwort sein müssen. Sie sind es bereits - gerade auch hier bei Ihnen in der DDR. Und ich versuche meinen Teil beizutragen. Den Betroffenen, unter denen ich so viele Freunde habe, wird dies Kraft geben. Wann erfolgte Ihre Berufung in die Kulturkommission des Weltfriedensrates? Anfang 1971. Ich fühlte mich dadurch sehr geehrt. In dem Gremium arbeiten 25 Mitglieder aus allen Kontinenten, z.B. der sowjetische Schriftsteller Konstantin Simonow, der DDR-Schauspieler Nationalpreisträger Hans-Peter Minetti, der mexikanische Maler Siqueiros, Alfredo Varela, Schriftsteller und Leninpreisträger aus Argentinien, Nobelpreisträger Asturios aus Guatemala ... um einige zu nennen. Können Sie etwas über Aktionen in Vorbereitung des Weltkongresses der Friedenskräfte sagen? Ich glaube rückblickend, dass die erfolgreichen X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten mit allen ihren politischen Aktivitäten bereits ein entscheidender Höhepunkt in der Vorbereitung waren. Übrigens brachten sie Ihrer Republik als Gastgeberland verdiente große Anerkennung. Zuvor nahm ich an zwei Konferenzen teil, die schon der Vorbereitung des Moskauer Weltkongresses dienten. Ende Mai war ich auf Einladung des Generalsekretärs des Weltfriedensrates, Romesh Chandra, Teilnehmer einer Konferenz für Sicherheit und Verständigung der asiatischen Länder in Dacca, der Hauptstadt von Bangladesh. Vertreter aus 32 asiatischen Ländern berieten unter anderen Fragen der Zusammenarbeit und der Achtung ihrer Grenzen. Im Gespräch waren auch Konfliktstoffe, wie sie damals zwischen Pakistan und Bangladesh bestanden, und auch die bedrohliche Tatsache, dass USA-Kriegsschiffe an den Küsten des Indischen Ozeans kreuzten. Es wurden viele Resolutionen dazu verfasst und publiziert. Probleme also, wie sie jetzt auch im Arbeitsprogramm des Weltkongresses enthalten sind. Das ist richtig. Auch für die nachfolgende Konferenz Anfang Juni in Panama, an der ich im Auftrage des Weltfriedensrates gemeinsam mit Alfredo Varela und Sergej Mikojan, dem Sohn des sowjetischen Politikers, teilnahm, gilt dies. Hier kamen Vertreter von 90 progressiven Organisationen aus Mittelamerika zusammen, aus Kostarika, Venezuela, Guatemala, Honduras, Mexiko - manche unter unvorstellbaren Umständen durch den Dschungel. Es ging um Probleme der nationalen Unabhängigkeit und Sicherheit. Man verfasste zum Beispiel Resolutionen, dass jedes Land das selbstverständliche garantierte Recht haben müsse, seine Naturschätze für sich zu nutzen. Es wurde Stellung genommen gegen die 14 noch in Panama existierenden amerikanischen Militärstützpunkte, die zu Ausbildungszwecken und der Lagerung von Atombomben dienen - ein Umstand, der generell in Südamerika ungesetzlich ist. Wir fuhren zu Konsultationen zum Präsidenten von Venezuela, Caldera, und führten Gespräche in Mexiko und Kuba, die alle den Weltkongress vorbereiten halfen. Was erwarten Sie von diesem Weltkongress der Friedenskräfte? Gewiss haben Ihre Leser die Publikationen darüber verfolgt. Sie machen deutlich, dass dieser Kongress in seiner Art in der Menschheitsgeschichte einmalig ist. Die rund 3.00O Vertreter aus über 130 Ländern vertreten jeweils große Organisationen, also wiederum Tausende von Menschen. Als Forum des Weltfriedenskampfes bekommt der Kongress damit eine noch nie erreichte Breite. Bekanntlich sind es Organisationen unterschiedlicher Weltanschauungen und politischer Überzeugungen, die sich im Geiste des Kampfes um den Weltfrieden treffen. Wir wissen, dass auch Vertreter der Christlichen Friedenskonferenz, hohe kirchliche Würdenträger kommen, auch die Weltföderation der Wissenschaftler und Delegationen des Weltgewerkschaftsbundes, des Weltbundes der Jugend - um nur einige zu nennen. Kennzeichnend für den großen Dialog unserer Tage werden die Begriffe "Gemeinsamkeit - Gespräche - Aktionen - Offenheit" sein. Wer sich mit dem Inhalt des Kongresses einverstanden erklärt und bereit ist mitzuarbeiten, kann dies in den 14 Kommissionen tun. Es gibt solche, die Fragen der friedlichen Koexistenz und nationalen Sicherheit - allgemein und speziell - behandeln, zum Beispiel Probleme von Indochina, Mittelost, Europa und vor allem Chile. Eine Kommission befasst sich mit dem Befreiungskampf gegen Kolonialismus und Rassismus. Sie interessiert mich vor allem! Andere stellen Abrüstungsprobleme, Fragen des Umweltschutzes, der Kultur und Erziehung in den Mittelpunkt. Letzteres ist mir besonders wichtig. Auch hoffe ich, dort progressive Vertreter aus den USA zu treffen. Es geht um soziale Fragen, um Menschenrecht, um Zusammenarbeit von staatlichen und nicht offiziellen Organisationen aller Länder im Interesse des Friedens. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist das brennend wichtig! Ganz gewiss, denn es ist allgemein erkennbar, wie die progressiven Kräfte in der Welt gewachsen sind, welche Fortschritte der Kampf für den Sozialismus machte. Ich denke an Erfolge auch der nationalen Befreiungsbewegung in Afrika, an die kürzlich erreichte Unabhängigkeit von Guinea-Bissau. Ereignisse wie die Europäische Sicherheitskonferenz, wie das Treffen von Breshnew und Nixon sind Schritte zur Entspannung, zur friedlichen Koexistenz. Millionen Menschen werden von diesem Kongress neue Impulse erhalten. Er ist wichtig vor allem für jene, die noch im Kampf um Befreiung, um Gerechtigkeit stehen. Im antiimperialistischen Kampf wird der Kongress ein starker Faktor sein - gerade jetzt bei den grauenhaften Ereignissen in Chile, das unsere Unterstützung mehr denn je braucht. Der erste Kongresstag ist deshalb Chile gewidmet. Frau Hortensia Allende wird als Ehrengast kommen. Für mich persönlich ist dies eine sehr bewegende Begegnung im Geiste einer Freundschaft die in der Zeit begründet wurde, als ich mit meinen Kräften für Dr. Allendes Wahlsieg und für das Programm der progressiven chilenischen Freunde eintreten konnte. Ich fahre voller Erwartung nach Moskau und empfinde es als symbolisch, dass der Kongress dort im Kreml stattfinden wird - im Herzen des Landes, das seit seiner Gründung 1917 seine Außenpolitik auf dem Prinzip der Selbstbestimmung der Völker und der friedlichen Koexistenz begründet hat. Das Gespräch führte Ingeborg Stiehler |
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www.DeanReed.de
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