Neue Zeit 25.01.1972

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Mit Liedern der Liebe gegen den Krieg

Reportage des DFF über den Besuch des amerikanischen Schauspielers und Protestsängers Dean Reed in der DDR

Am siebenten Tag der Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche 1971 sah das Publikum im vollbesetzten Festivalkino "Capitol" erwartungsvoll der abendlichen Wettbewerbsvorführung entgegen. Als langsam das Licht verlosch, nur noch auf den schweren Vorhang ein Scheinwerferkegel gerichtet war, eilte ein junger Mann mit schnellen Schritten auf die Bühne, die Gitarre im Arm. Er trat an die Rampe, dankte für den herzlichen Beifall, ballte die rechte Hand zur erhobenen Faust, rief "für Angela Davis!" und stimmte das wohlbekannte Lied "We shall overcome!" an, in das bald das Publikum einfiel. Der Mann war Dean Reed, der amerikanische Schauspieler und Protestsänger.

Ein bewegtes, ein ereignisreiches Leben liegt bereits hinter ihm. Auf einer Ranch in Colorado wuchs er auf, überraschte Mitte der fünfziger Jahre mit leichtathletischen Bestleistungen, widmete sich dem Studium der Mineralogie. Frühzeitig bereits wurde man auf seine Stimme aufmerksam. Die Plattenfirma "Capitol" bot ihm einen siebenjährigen Vertrag an, den er unterschrieb und der ihm zahlreiche Tourneen, besonders nach Südamerika, brachte. Hier, auf dem lateinamerikanischen Kontinent, erlebte er Ausbeutung in ihrer krassesten Form, wurde er mit Unmenschlichkeit und Unrecht konfrontiert. Sein "soziales Bewusstsein", wie er später einmal formulierte, begann sich zu bilden.

Gesänge für eine gerechte Welt

Der erfolgreiche Rock'n'Roll-Sänger erkor Lied und Gitarre zu seiner Waffe, um den Menschen immer wieder vor Augen zu führen, wie notwendig es ist, für den Frieden und die Gerechtigkeit zu kämpfen. Er singe aus Liebe, sagte er einmal, aus Liebe zu den Menschen, zur Welt, zur Schönheit. In einer Welt, in der das Leben von Krieg und Zerstörung bedroht sei, stelle für ihn das Lied über die Liebe auch einen Protest dar.

Dean Reed ließ sich in Chile nieder, lebte dort neun Jahre, wohnte zeitweise in Argentinien. Als er von einer Konzert-Tournee in die Sowjetunion zurückkehrte, wurde ihm die Einreise nach Argentinien verwehrt. Nach etlichen erfolglosen Versuchen gelang es ihm schließlich, illegal nach Buenos Aires zu kommen. Auf einer vielbeachteten Pressekonferenz forderte er die Regierung auf, ihn öffentlich anzuklagen, damit er endlich die Gründe für das Einreiseverbot erfahre. Er wurde verhaftet. Doch mannigfache Protestaktionen erzwangen seine Freilassung.

In den vergangenen Jahren reiste der Protestsänger in viele Länder, besonders in die UdSSR, wo er beispielsweise 1970 an einer internationalen Lenin-Konferenz und 1971 am Internationalen Filmfestival teilnahm. "Seit ich das erste Mal dort war, liebe ich das sowjetische Volk sehr", bekannte er. Im letzten Jahr weilte er wiederum in Chile, seiner Wahlheimat, drehte hier eine Fernsehreportage, die Auskunft über die revolutionären Veränderungen unter der Regierung Allende gibt. (Diese Dokumentation lief übrigens im Fernsehwettbewerb des Leipziger Festivals.)

Gegenwärtig lebt Dean mit seiner Familie in Italien; er spielte bislang in neun Filmproduktionen des Landes. Dreharbeiten sind es auch, die ihn erneut in die Sowjetunion führen. In einem Spielfilm über den Mord an Kennedy verkörpert er einen amerikanischen Journalisten, der in Washington nach den tatsächlichen Motiven des Präsidentenattentates forscht. Im November 1971 weilte er erstmals in der DDR. Aus drei Gründen, wie er in Leipzig erklärte: als Vertreter des Weltfriedensrates, als Produzent des von ihm gedrehten Filmes über Chile - und als Künstler, der alle sozialistischen Länder bis auf die DDR kennt, nun die Gelegenheit nutzt, sich mit unserer Republik und deren Menschen vertraut zu machen.

Mit den Mitteln der Kunst das Unrecht bezwingen

An dem Abend im Leipziger "Capitol", da er das Solidaritätsmeeting für Angela Davis und die Völker Indochinas mit seinen Liedern einleitete, als ihm das Festivalpublikum zujubelte und seine Weisen mitsang, da nahm das verpflichtende Motto überzeugend und bewegend Gestalt an, das er über sein Wirken gestellt hat: "Man kann gar nicht genug tun im Kampf gegen den Imperialismus. Ein Künstler muss jederzeit bereit sein, das gleiche Risiko auf sich zu nehmen wie alle, an deren Seite er kämpft. Ich habe mein ganzes Leben dem Kampf gegen den Imperialismus gewidmet, weil ich selbst das Unrecht in vielen kapitalistischen Ländern gesehen habe. Man muss es bekämpfen, auch mit den Mitteln der Kunst."

Vor einiger Zeit weilte Dean Reed in Berlin. Der Deutsche Fernsehfunk hat sein Gastspiel aufgezeichnet und sendet ein Porträt des Sängers am Freitag, dem 4. Februar, im I. Programm.

F. D.

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Letzte Änderung: 2008-01-22