Mitteldeutsche Neueste Nachrichten 27.08.1972 zurück/back

Singender Taugenichts

Dean Reed - zwischen Kamera und Schreibmaschine

Dresden. Interhotel Königstein. Nach Wochen begegnen wir ihm wieder: Dean Reed, dem singenden Schauspieler. Herzlich, natürlich wie stets der Empfang. Und dabei sind wir eigentlich eine "Störung" beim - Geigenspiel-Lernen! "Warum das?" Er schmunzelt und deutet auf das Drehbuch in englischer Sprache: "Aus dem Leben eines Taugenichts". "Der Taugenichts, den ich in diesem DEFA-Film spiele, singt nicht nur, er muss auch Geige spielen. Gar nicht so einfach. Wir sind innerlich ein bisschen 'verwandt': Freude an der Musik, Naturverbundenheit, Erlebnisfähigkeit..."

Pläne in jeder freien Minute

Impulsiv plaudert der Künstler weiter, dass er kürzlich in Italien seinen 12. Film drehte, in San Marino. "Auch hier in herrlicher Natur, eine Spielhandlung aus dem 15. Jahrhundert." Er gestaltet die Hauptrolle "Rags", den Führer der Armen, der die Besitzenden bekämpft. Spannend, auch heiter. "Wie beim Taugenichts auch manches Romantische dabei. Was mich jetzt bei meiner ersten DEFA-Aufgabe freut: Ich kann wieder reiten, wenn auch laut Filmrolle schlecht!" - Dean Reed wuchs in Denver/Colorado auf, am Stadtrand auf einer kleinen Ranch, war schon als Kind ein draufgängerischer Reiter, zähmte Pferde, gewann Cowboyspiele...

Doch zurück zur Hotel-Arbeitszimmer-Atmosphäre, zur Geigenprobe, zur musikalischen Seite des DEFA-Films. "Zehn Lieder muss ich in Deutsch in kürzester Zeit lernen", erzählt Dean Reed. Einige sind Originaltexte von Eichendorff, andere von den Drehbuchautoren Wera und Klaus Küchenmeister geschrieben, die den Stoff frei bearbeiteten. Man spürt, wie ihn, den jungen Amerikaner, die innere Welt der Klassikernovelle beschäftigt, wie er sich hineinvertieft, um filmisch darin zu leben, zu wirken.

Dass er auch physisch gefordert wird, entspricht der eigenen Neigung, ständig fit zu bleiben, zum Beispiel durch sportliche Morgentrainingsprogramme von beachtlicher Härte. Der Sänger-Schauspieler, einst mit 17 Jahren berühmt durch einen Super-Marathonlauf von 176 km in 22 Stunden in über 2.000 m Höhe, hat nie seine Elastizität verloren.

Wir schauen uns um. Auf dem Tisch die offene Schreibmaschine. Oft schreibt Dean Reed Gedichte, Essays, Lieder, erledigt sorgfältig jeden Briefwechsel, ist unerhört korrekt. "To my brave Angela" (Für meine tapfere Angela) heißt der Titel stark empfundener Verse. Anlass war die Freilassung Angela Davis', für die er sich - wie auch für das vietnamesische Volk - mit der ganzen Leidenschaft seines Herzens einsetzte. "We are the revolutionaries" - das uns schon bekannte Lied lesen wir wieder. Er widmete es der 50. Wiederkehr der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, als er bei den sowjetischen Freunden zu Gast war. Zeitungsartikel - Gedanken - immer wieder das echte Sich-Mitteilen-Wollen und -Müssen, das den Menschen, den Künstler charakterisiert und so liebenswert macht.

"Für die X. Weltfestspiele der Jugend 1973 - ich bin dort eingeladen und glücklich darüber - möchte ich ein Lied schreiben und komponieren, das auf einer Platte in englischer Sprache und deutscher Sprache verkauft wird zugunsten des Festivals." Pläne in jeder freien Minute! Dazu gehört auch die Schallplatte mit zwei eigenen Liedern, die für den afro-asiatischen Solidaritätsfonds gedacht ist, eine weitere, die er als Mitglied des Weltfriedensrates auf eigenen Vorschlag mit zwölf Sängern des Friedens zusammenstellt. Sie soll für die Weltfriedensbewegung verkauft werden, der er selbst immer wieder schon während seiner Wirksamkeit in Südamerika Erlöse von Konzerten und Schallplatten übersandte.

Auf dem Bildschirm und "in persona"

Schöpferische Unruhe - Freude am Geben, am Vermitteln der Kunst, aktive Parteilichkeit sind Grundelemente dieses tätigen Künstlerlebens, seiner Lied-Interpretation in vielen 'Farben'. Am Rande der Filmarbeiten erlebten 150 Patienten der Kliniken für Lungenkranke und Tbk in Pulsnitz Proben davon. Dean Reed fuhr mehrfach zum Inhalierens dorthin, bis eine Erkältung überwunden war. "Ein kleiner Dank", meint er und freut sich über die Zuneigung auch dort.

Ob wir ihn am Bildschirm wiedersehn? "Am 9. September im Jugendfernsehen, im Oktober Fernsehproduktion in Berlin. Dazwischen liegt die Teilnahme am Internationalen Schlagerfestival Sopot, liegen Dreharbeiten für den DEFA-Film in Rumänien." Im November Konzerte in der UdSSR, Reisen nach USA - wo er auf der schwarzen Liste steht - Pläne mit Jane Fonda, Besuche in Südamerika, Film in Italien. Und dann die Weltfestspiele. Vielleicht (hoffentlich!) Konzerte in der DDR? Nicht zu vergessen: "Zur Brigade 'Völkerfreundschaft' des Leipziger Bekleidungswerkes vestis habe ich auch Kontakte. Mein Versprechen, dort für die Arbeiterinnen zu singen, halte ich!" Der DEFA-Wagen, der ihn und uns nach Rammenau bringen sollte, setzt einen Schlusspunkt unter das Gespräch.

Ingeborg Stiehler

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