Leipziger Volkszeitung 23.02.2007 |
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Dean Reed - Die frühen LiederBear Family Records hat auf der CD "The Red Elvis" seine Singlesongs aus den drei Capitol-Jahren in Hollywood ausgegrabenVon Norbert Wehrstedt Er war zwölf, da schenke ihm sein Vater eine Gitarre. Er war 16, da himmelte er Schulfreundin Lindy Myers an - und schrieb ihr seinen ersten Song (Don't Let Her Go). Er war 20, da hatte es der Junge von der Hühnerfarm in Denver (Colorado) geschafft: Sieben-Jahre-Plattenvertrag mit Captitol Records in Los Angeles. Präsident Voyle Gilmore persönlich hörte ihn sich an. Die junge Hoffnung des Lables musste noch nicht einmal groß den Namen wechseln. Aus Dean Cyril Reed wurde Dean Reed. Reichte schon. Am Abend des 28. November 1958 ging er erstmals mit sechs Musikern für vier Stunden ins Capitol-Studio in Hollywood - für drei Songs (The Search, Don't Let Her Go, Annabelle). Zwei Stücke stammten aus seiner Feder. Das eine davon (The Search) sollte sein einziger Hit in den US-Billboard-Charts werden: Platz 96 im Februar 1959. Eine Woche lang. Alles andere ist Legende. "The Search" klingt, wie Songs damals eben klangen: fließende Gitarrenakkorde, Rhythmuswechsel vor dem Refrain, schmelzende Stimme. Aber die Stimme trägt wirklich. Frisch, fröhlich, freundlich. Die B-Seite "Annabelle" legt in der Fröhlichkeit dann doch etwas zu. Ein Drauflosgeher, der sich nicht nur ein wenig an Buddy Holly anlehnt. Woher Dean Reed kommt, ist unüberhörbar - vom Country und von jenen Jukebox-Dauerläufern, zu denen Petticoats und Entenschwanzfrisuren wippten. Dean Reed fiel in den 50ern schließlich nicht vom Himmel ins Musikgeschäft. Obwohl sein Vater wollte, dass er studierte, schmiss er nach vier Semestern das Studium von Geologie und Meteorologie an der Uni Boulder (Colorado) und tingelte lieber als Musiker. Elvis hatte gerade die Hüften zum Schwingen gebracht, auch wenn der stockkonservative Dick Clark in seiner Show "American Bandstand" ihn nur bis zum Gürtel zeigen ließ. Dean Reed wollte nicht unbedingt wie Elvis sein, aber er wollte sein Glück in Kalifornien machen. Also brach er auf, Manager Roy Eberhart ebnete die Wege - und kassierte dafür 25 Prozent der Gage. Was Dean Reed eigentlich für Musik in den späten 50ern machte, war zu DDR-Zeiten ein Rätsel. Zwar holte er mal Phil Everly, mit dem er auf der Warner-School of Stars war, in seine DDR-Fernseh-Show und sang dessen Hits, doch seine eigene Capitol-Records-Ware blieb unbekannt. Bis Bear Family Records Hambergen sich dafür interessierte und die alten Sachen hervorkramte: sieben Singles von Captiol und eine, die bei Imperial erschien. Vielleicht muss man jetzt ein bisschen ein schlechtes Gewissen bekommen, denkt man an all die Herablassung, die Dean Reed in den 80ern zusehends in der DDR spürte. Dabei war er damals, wenn man ihn traf, noch genauso wie er auf dieser CD "The Red Elvis" zu hören ist: unkompliziert, charmant, locker, fröhlich. Ein blauäugiger Bilderbuch-Amerikaner mit samtener Stimme aus dem Wilden Westen. Kein Wunder, dass zwei der 18 frühen Songs (ein Lied gibt's in Englisch und Spanisch, ein anderes in Alternativversion) dann auch als Kino-Western-Titel-Melodien durchgehen könnten (Hummingbird, Pistolero). Dean Reed war in den 50ern ein musikalisches Kind seiner Zeit, mischt Herzens-Ballade mit angerocktem Country und swingt auch schon mal heftig (No Wonder). Dass er nie den großen Chartsprung schaffte, verwundert schon etwas. Denn ein paar der Songs sind richtig eingängige Ohrwurm-Stücke. "I Ain't Got You" bekommt man kaum aus dem Kopf, die vertwistete "Donna Donna" nicht aus den Beinen und die todtraurige Liebesklage "You By My Side" nicht mehr aus dem Herzen. Fünf Mal ist Dean Reed zwischen dem 28. November 1958 und dem 7. Juli 1961 ins Capitol-Aufnahmestudio in Hollywoods Vine Street gegangen. Am 4. Februar 1959 sang er in der Fernseh-Sit-Com "Bachelor Father Show" in Folge 61 "Twirly Twirly (auch in "American Bandstand" trat er im September 1961 damit auf). Eine Aufnahme, die verloren gegangen ist. Drei seiner Lieder für Imperial, die nicht erschienen sind, blieben unauffindbar. Dass Dean Reeds selbst geschriebene Ballade "Our Summer Romance" am 4. Oktober 1959 auf Platz 2 (hinter "Shout" von den Isley Brothers und vor "A Worried Man" vom Kingston Trio) in den US-Top-50 stand, wie auch in seiner von Hans-Dieter Bräuer geschriebenen DDR-Autobiografie steht, gehört ins Reich der Fantasie (obwohl das Lied eine Million Mal weltweit verkauft wurde). Der auch auf der Dean-Reed-Website gezeigte Ausriss ist lediglich eine Playlist des Radiosender KIMN aus Denver - wie Stefan Ernsting herausfand. Dean Reed sollte in der DDR einfach ein richtiger US-Popstar sein, der die richtige Seite gewählt hat. |
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www.DeanReed.de
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