Junge Welt 17./18.04.1982 (Zeitung der Freien Deutschen Jugend)

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Zu Hause bei: Dean Reed

Dean Reed, Autogrammadresse: DEFA-Spielfilmstudio, 1502 Babelsberg

Ein wilder Mustang steht nicht in seinem Garten, und auch im Haus des singenden Cowboys fehlt es weitgehend an Attributen des wilden Westens. Nur ein Bärenfell streckt vor dem Kamin alle viere von sich - sicher Zeuge eines aufregenden Kampfes, in dem Dean Sieger blieb..... - "Nein, nein", wehrt er lachend ab, "der ist in einem Dresdner Zirkus an Altersschwäche gestorben." Auch die anderen zahlreich versammelten ausgestopften Viecher sind nicht eigenhändig gemeuchelt; keine Trophäen, sondern Erinnerungen an Begegnungen, Erlebnisse in Chile, Kuba, der Sowjetunion...

Gerade ist er von einer Konzertreise aus Moskau zurück, jetzt dreht er in Bagdad fürs irakische Fernsehen, vorher war er in den USA, wo fortschrittliche Filmleute einen Dokumentarfilm über Dean Reed machen wollen. Er ist nicht nur bei uns ein gefragter Mann, sicher zum Leidwesen seiner Fans in der DDR, die ihn Tag für Tag mit rund 100 Briefen bombardieren. Gerade als wir darüber sprechen, klingelt das Telefon, auf der anderen Seite macht einer mit piepsiger Stimme hi, hi und legt auf. Popularität hat eben auch ihre unerfreulichen Seiten, obwohl Dean das - von dem Telefon-Ärger mal abgesehen - keineswegs so verbissen sieht: "Berühmtheit, das ist für mich eine Verantwortung. Wenn ich berühmt bin, kann ich zu Millionen sprechen, kann ich viele Leute beeinflussen. Und der Frieden braucht Millionen, die für ihn kämpfen, Chile braucht Millionen, und Maidana braucht Millionen."

Zu Hause bei Dean Reed. Foto: JW-Bild Oberst

Solidarität und Frieden, das sind Stichworte, bei denen der einstige Western-Held und "Zorro"-Darsteller - oben im Arbeitszimmer erinnern noch einige alte Filmplakate an diese Zeit - beträchtliche Leidenschaft entwickelt. Er ist politischer Künstler, alles, was er macht, sieht er unter diesem Gesichtspunkt, aber es ärgert ihn, daß manche ihn allzu eilig mit dem Stempel "Friedenskämpfer" versehen: "Zum Kämpfen gehört doch auch das Lachen, die Freude am Leben."

Wohl auch deshalb hat er die Klamotte "Sing, Cowboy, sing" gedreht, die bei den Rezessenten (auch in der Jungen Welt) auf wenig Jubel stieß, dafür aber auf um so größeren beim jungen Publikum. Es wurde der meistbesuchte DEFA-Film 1981, ein absoluter Kassenschlager. "Das ist auch eine Antwort auf eure Kritik", sagte Dean, "sie war so hart und so ungerecht. Ich wollte ja gar nicht die größte Kunst meines Lebens machen, sondern die Leute einfach mal nur amüsieren. Aber da stürzen sich die Kritiker rauf - wenn es was Lustiges ist, ist alles erlaubt." Ob es wirklich lustig war, daüber streiten sich allerdings die Geister.

Dennoch hat er kein gestörtes Verhältnis zur Kritik: "Ich bin bereit, jede Kritik zu akzeptieren, die mir hilft, die den Sozialismus voranbringt. Aber ich habe was gegen Kritik, die uns kaputtmacht."

Als nächstes Projekt bei der DEFA hat Dean indessen einen Indianerfilm ins Auge gefaßt; es soll kein historischer Reißer sein, sondern einer über die heutigen Indianer, über Russell Means und Wounded Knee.

Dean Reed spricht ausgezeichnet deutsch, obwohl er ständig beteuert, daß er es nicht richtig kann. Vor allem grämt ihn, daß er die feinen Nuancen der Sprache noch nicht beherrscht und so manchen Witz nicht versteht, was ihn gelegentlich und zu Unrecht in den Ruf der Humorlosigkeit gebracht hat. Neun Jahre lebt er nun schon in der DDR, fühlt er sich hier auch zu Hause? "Jein, ich merke immer wieder, daß ich noch Ausländer bin, eure Mentalität ist nicht meine. Ich gehe z.B. jeden Tag im Wald spazieren, und bei uns in Amerika war es Tradition, daß jeder sagt 'Guten Tag' und 'Wie geht's' - aber hier gucken mich fast alle bloß völlig verblüfft an, wenn ich's tue."

Allerdings habe er auch kürzlich bei seinem Besuch in den USA gemerkt, daß er dort schon so was wie ein Ausländer ist: "Die Leute dort wissen nichts von Sozialismus und von der DDR, nichts, was in Chile und El Salvador vor sich geht. Die Amerikaner sind irgendwie ein Inselvolk - sie denken, daß alles, was bei ihnen gemacht wird, das Beste und einzige in der Welt ist."

Wir kommen noch einmal auf den Mustang zu sprechen, immerhin, hatte ich gelesen, war Dean irgendwann sogar mal Rodeo-Meister gewesen. Reizt es ihn nicht manchmal noch? Nein, für ein Pferd fehlt doch die Zeit, aber wenn ihm mal so ist, besteigt er sein Motorrad und feuert damit über die nahe Motocrossstrecke in Zeuthen. Ansonsten aber will Dean sich vor allem mehr der Familie widmen, seiner Frau, der Schauspielerin Renate Blume, und seinem Sohn Alexander, an dem er mit großer Liebe hängt. "Vater ist ja noch nicht, wer ein Kind hat", sagt er, "sondern wer da ist, wenn das Kind ihn braucht."

Holger Reischock

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Letzte Änderung: 2007-05-23