Filmspiegel 19/1981

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Dean rief und alle, alle kamen.

Palast der Republik

Wir nutzten die Gelegenheit, die Künstler mit der Kamera zwischen Probe und Auftritt zu beobachten und mit ihnen zu sprechen. Am verblüffendsten war wohl, was Dagmar Frederic antwortete, als ich sie nach ihrem Verhältnis zum Film fragte: "Ich wäre gern bereit, ein halbes Jahr aus der Unterhaltung auszusteigen und zu lernen, zu arbeiten für etwas Neues. Aber bisher kam noch kein Regisseur auf die Idee, mir eine Filmrolle anzubieten. Wobei ich gar nicht an einen Musikfilm denke - die sind ja nicht unbedingt die Stärke der DEFA. Einen Kriminalkommissar würde ich gern spielen oder eine Rolle, in der ich reiten könnte, weil ich Abenteuerfilme und Krimis mag. Mit den Jahren der Berufspraxis habe ich ja gemerkt, was so in mir steckt, z.B. als Moderatorin zu arbeiten. Es kommt vor allem darauf an, einen wagemutigen Partner zu haben, der Vertrauen zu mir hat." Wenig hält Phil Everly vom Filmemachen: "Wenn sich eine Kamera oder ein Fotoapparat auf mich richtet, werde ich zur Marionette. Schon damals, vor 22 Jahren, als ich mit Dean in Hollywood zur Schauspielschule ging, zeichnete ich mich dadurch aus, dass ich besonders steif war. Ich habe beim Schauspielunterricht nichts gelernt, ganz im Gegensatz zu Dean." Einwurf Reed: "Phil hatte ja gar keine Zeit, regelmäßig zum Unterricht zu kommen, weil er damals schon ein Star war. Gemeinsam mit seinem Bruder Don war er viel auf Tournee. Immerhin verkauften die Everly-Brothers über 65 Millionen Schallplatten." "Aber inzwischen", sagte Phil Everly, "komponiere ich lieber - übrigens auch für den Film - und stehe nicht mehr so oft auf der Bühne. Die Vielseitigkeit vieler anderer Interpreten der Unterhaltungsbranche imponiert mir."

Natürlich nutzte Everly die Gelegenheit seines DDR-Aufenthaltes, sich "Sing, Cowboy, sing!" anzusehen: "Ich habe mich besonders darüber gefreut, dass es in diesem Film keine Grausamkeiten, kein Töten gibt, was so viele andere blutig und roh macht - ich liebe Filme für die ganze Familie, auch weil ich selbst zwei Söhne habe."

Mehr als nur ein attraktives Dekolleté kann Elke Martens präsentieren, die erstmals und zufällig ind Dean Reeds Babelsberger Westernstadt etwas Filmluft schnupperte. 1980 absolvierte sie die Dresdner Musikhochschule, gründete inzwischen die Gruppe "Megaphon" und erarbeitete ein eigenes Programm mit rockiger Musik. Aber auch darstellerische Elemente wie Tanz und Pantomime sollen bei ihr nicht zu kurz kommen; und da konnte sie während der Reed-Show von ihren Kollegen sicher manches abgucken. "In der politischen Bühne 'Schicht' im Kulturpalast Dresden habe ich fünf Jahre Theatererfahrungen sammeln können. Die und meine Musik möchte ich unheimlich gern mal in einem Film nutzen. Es müsste ein ganz moderner Musikfilm für junge Leute sein. Bei dieser Show imponiert mir vor allem Josef Laufer. Leider haben wir bei uns keinen, der so vielseitig ist, wie er. Was er auf der Bühne bietet - diese Beweglichkeit, Variabilität, dieses Temperament, das möchte ich auf meine Weise auch erreichen." Ja, Laufers musikalische, tänzerische, mimische, pantomimische, kabarattistische und sprecherische Qualitäten sind faszinierend. Doch nicht nur auf der Bühne zeigt er seine universelle Begabung: Er komponiert, schreibt Drehbücher, absolvierte ein zusätzliches Regiestudium und arbeitete als Regisseur in Warschau, Katovice und Bratislava. Der studierte Schauspieler, der u.a. auch im Prager Nationaltheater "nicht schlecht in der dramatischen Theaterspielerei" war, stand schon in mehreren Hauptrollen vor Fernsehkameras. Laufer, der in sieben Sprachen perfekt ist, meint: "Wenn ein Sänger eine Stimme hat, so hervorragend singt, wie z.B. Ella Fitzgerald, dann reicht das aus. Aber von mir erwartet mein Publikum anderes - ich bin ein Komödiant, ein Entertainer."

"Sänger sollten auch Schauspieler sein", meint auch Marion Scharf, die vor allem durch Gospel und Soul, aber auch durch balladenhafte eigene Titel bekannt wurde und die Besucher des Konzerts im Palast der Republik durch ihr innig vorgetragenes "Guten Abend, gut Nacht" verblüffte und gewann. "Mit Unterstützung des Komitees für Unterhaltungskunst möchte ich Schauspielunterricht nehmen - das würde meiner Interpretation auf der Bühne sehr gut tun", sagt sie. "Gerade für ein gemischtes Publikum ist Vielseitigkeit sehr wichtig. Oh ja, ich hätte auch Lust, einmal einen Film zu machen - aber dazu muss ich noch viel lernen, um z.B. die Sicherheit zu bekommen, die Dean Reed hat."

Der meint: "Beim Film ist's gar nicht so einfach: Erst etwa ein Jahr nach der Arbeit im Atelier erfährst du im Kino, ob bei den Leuten ankommt, was man macht. Bei der Show auf der Bühne ist das wie ein Pingpongspiel - das Publikum reagiert auf uns und wir reagieren aufs Publikum. Das ist ein unmittelbares Erlebnis, das befriedigt ganz anders. Aber: Frage eine Mutter von fünf Kindern, welches sie am meisten liebt - sie wird dir sagen: jedes. Und so geht es mir - ich liebe jede Arbeit, die ich mache und hoffe, dass mein Publikum das spürt."

Constanze Pollatschek

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Letzte Änderung: 2007-04-24