Filmspiegel 2, Januar 1975 zurück/back

Filmkritik: Abenteuerliches nach Jack London

"Kit & Co."

Filme nach Jack Londons "Der Ruf der Wildnis", "Der Schrei der schwarzen Wölfe", "Der Seewolf" liefen in der letzten Zeit in unseren Kinos. Romane und Erzählungen dieses weltberühmten Schriftstellers wie "Wolfsblut", "Abenteuer des Schienenstrangs", "Lockruf des Goldes" sind Bücher, die Jugendliche noch heute begeistern. Jack London gilt als der meist übersetzte amerikanische Autor. Die Anziehungskraft seiner Geschichten, Romane und Erzählungen mag darauf beruhen, dass sich sein unstetes, wechselvolles Leben in ihnen widerspiegelt. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, begann er mit 14 Jahren ein abenteuerliches Leben als Matrose, Zeitungsjunge, Fabrikarbeiter, Tramp, Student, Goldsucher in Klondike, Reporter in Korea und Mexiko. 1913 galt er als der populärste und höchstbezahlte Schriftsteller der Welt. In seinen Geschichten liegt oft ein Grundzug: den Kampf ums Dasein überlebt immer der Stärkere. Er erwies sich in vielen Werken als ein scharfer Kritiker der Wolfsmoral der kapitalistischen Gesellschaft.

Die DEFA gestaltet den Film "Kit & Co." nach Erzählungen von Jack London, genauer wohl nach "Smoke Bellew" ("Alaska-Kid"), in Zusammenarbeit mit Mosfilm und Barrandov. Die Fabel - nach dem Buch von Günter Karl, dem es darauf ankam, "die Ebene unserer Indianerfilme auszuweiten" - ist schnell erzählt: Glückssucher ziehen Ende des 19. Jahrhunderts nach Klondike, um Gold zu finden. Unter ihnen ist Christopher Bellew (Dean Reed), Kit genannt, ein junger Redakteur des Bürger-Journals "The Billow" in San Francisco. Ohne Kenntnis und Ausrüstung, ein Greenhorn, begegnet er in der Goldgräberstadt Dawson einem Mann namens Shorty (Rolf Hoppe), und sie ertragen nun unter der Bezeichnung Kit & Co. alles gemeinsam: Hunger und Frost, Gewinn und Verlust, Freundschaft und Lieben. Herrliche Landschaftsaufnahmen (Kamera: Hans Heinrich), gedreht in Karelien und der Hohen Tatra, zeigen gewaltige Bergmassive, Schneefelder, Schluchten und eine wilde Hundeschlittenjagd.

Warum fügt sich dennoch nicht alles so recht zusammen? Die Hauptursache mag darin liegen, dass die Fabelteile episodischen Charakter tragen, dass die drei Grunderlebnisse (Roulettespiel und Gewinn 25 Min., die Eierstory 35 Min., die Hundeschlitten-Wettjagd 25 Min.) relativ selbstständig nebeneinander existieren. Voraussetzung für das Gelingen eines Films in diesem Genre ist jedoch eine abenteuerliche, durchgehende Fabel, die spannend und gut erzählt werden muss. Held und Gegenspieler müssen Charaktere sein mit psychologischer Motivierung. Zeit. Milieu und Atmosphäre müssen im Detail stimmen. Deshalb hier einige kritische Anmerkungen, die mir gerade bei den vielen guten Bedingungen, die dieser Film hatte, notwendig erscheinen: Atemlose Spannung, Erregung, Anteilnahme am Helden, Bangen um sein Leben, Freude am Dialog, all das stellt sich gar nicht erst ein oder bleibt auf der Strecke. Der Dialog ist oft simpel.

Am schlechtesten kamen die beiden Frauengestalten, Renate Blume und Monika Woytowicz als Joy Gastell und Lucille, mit äußerst kargen Textpassagen weg. Die Kostüme allein (Renate Blume musste selbst beim letzten Schlittenrennen mehrere Pelzjacken vorführen), Augenaufschläge und stumme Blicke konnten nichts über Charakter und innere Entwicklung aussagen. Vielleicht liegt der ironische Unterton, dieses Die-Figur-nicht-ganz-ernst-Nehmen der Schauspieler als Haupthindernis zwischen dem Zuschauer und der Anteilnahme an ihrem Schicksal. Hier wäre mehr Konsequenz und Entschiedenheit in der Regie auch bei der Schauspielerführung am Platze gewesen. Rolf Hoppe spielt den Shorty als einen Sancho Pansa, er gibt ihn trottlig, tölpelhaft, statt einfältig, aber gewitzt, verschmitzt. Von Dean Reed hätte man mehr Aktionen, Einfälle und Dynamik erwartet. So zeigen Kit und sein Compagnon zwar, wie sie sich gegenseitig aus Pfützen helfen, wie sie Spott ertragen, wie sie Öfen anheizen, Eier braten - aber nicht wie sie lebensbedrohliche Situationen im goldfiebergeschüttelten Alaska begegenen, in einer Stadt mit Abenteurern und Heerscharen von Schürfern und Glücksuchern um jeden Preis, um schneller zu sein, der erste zu sein, das meiste zu haben und dem anderen abzujagen. Wie sie sich mit dieser Umwelt auseinandersetzen, um ihre Stärke zu beweisen und auf Charaktere prallen, das wurde nicht gestaltet. Noch eins: ein Saloon ist keine Eckkneipe. In dem abendlichen Treffpunkt einer Goldgräberstadt ging es primitiv und brutal zu; hier herrscht animalische Kraft, hier finden sich Trunkenbolde und leichte Mädchen, hier wird der Gewinn verspielt und vertrunken, hier finden sich alle, die dem Lockruf des Goldes gefolgt sind - und vor allem auch Frauen. Die Lucille der Monika Woytowicz darf nur einmal im Hintergrund singen.

Vieles hätte von der Regie besser herausgearbeitet werden müssen, dann wäre es ein Abenteuerfilm geworden.

Renate Seydel

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Letzte Änderung: 2010-10-25