"Alaska"-Report aus Karelien, Teil 2: Bei den Tschuktschen
Bericht von den Außenaufnahmen zu dem neuen Abenteuerfilm der DEFA
"Kit & Co."
Der strenge Winter von Alaska gestattete nur ein Transportmittel: den Hundeschlitten. Diese Tatsache
war die große Unbekannte der DEFA-Filmproduktion "Kit & Co." (Regie:
Konrad Petzold). Wir konnten nicht auf eigene oder
die Erfahrungen anderer befreundeter Studios zurückgreifen. Drehbuchautor Günter Karl
übernahm von Jack London sogar ein Hundeschlittenrennen, ein Wettrennen um einen Goldclaim
im Werte von einer Million Dollar. Die Favoriten: Kit (Dean Reed) und Wild Water Bill
(Manfred Krug).
Alaska schied als Drehort aus, aber vis-à-vis liegt Freundesland. Tschukota, die
Tschuktschen-Halbinsel. Das Mosfilm-Studio recherchierte, und da dieser Ferne Osten für unsere
mitteleuropäischen Gemüter wohl doch zu ungastlich ist, mussten wir uns anderweitig
treffen. Wir legten zu diesem Zweck ganze 1.800 Flugkilometer zurück, während die
Schlittenhunde 8.000 km zu überwinden hatten.
Fünf Gespanne brachten sie mit. Das waren 53 Hunde. Weiße und schwarze, braune und bunte;
langhaarig mit spitzen, aufrechtstehenden Ohren. Ein großer Moment, als uns zum ersten Mal die
Gespanne vorgeführt wurden. Obwohl der Klimawechsel den Tieren zu schaffen machte (sie schwitzten
bei den "hohen" Temperaturen um -10°C), war es eine tolle Jagd, als sie aus dem Stützpunkt
preschten. Unsere Drehorte lagen im Seengebiet bei Petrosawodsk in Karelien. Wenn der milde Winter
und die ständig wechselnden Schneeverhältnisse die Arbeit auch sehr erschwerten, so
blieben doch interessante Erinnerungen, vor allem an die Begegnung mit den tschuktischen Freunden.
Sie kamen von der Kolchose "Lenin", die 3.000 Mitglieder hat und sich über das ganze
Tschukotagebiet erstreckt. Ein riesiges Territorium! Die Männer betreiben die Jagd auf Robben,
Polar- und Rotfüchse, die Frauen widmen sich der Pelz- und Rentierzucht. Hundeschlitten sind
im Winter das einzig mögliche Fortbewegungsmittel bei der Jagd. In den Weiten der baumlosen
Tundra hat jede Brigade ihren Stützpunkt, das sind einfache Schutzhütten. Timofe, der
Leiter der Gruppe, erzählte uns, dass ihn erst kürzlich ein Schneesturm überraschte,
er den Weg verfehlte und nich weiter kam. Aller 15 Minuten hat er die Hunde hochgehetzt, denn bei
40° unter Null bedeutet Einschlafen den Tod. Ein anderer war bei der Robbenjagd im Beringmeer auf
einer Eisscholle abgetrieben. Nur glücklichen Umständen hatte er es zu verdanken, dass er
noch in der Lage war, uns, den staunenden Filmleuten, davon zu berichten.
Die ungewohnte, harte Filmarbeit empfanden "unsere" Tschuktschen als Auszeichnung und absolvierten
sie mit bewundernswertem Einsatz. Geduldig brachten sie unseren Schauspielern das Lenken der
Hundegespanne bei. Und es war schon etwas aussichtsreicher, wenn Dean Reed,
Rolf Hoppe, Renate Blume
und Manfred Krug es mit Tschuktschisch versuchten, statt den Hunden deutsch zu kommen.
Dass "Ha, ha, ha..." losfahren, "Rjä, rjä" halten, "Stje, Stje" nach rechts und "Tach, tach"
nach links heißt, ist schließlich selbstverständlich... für die Hunde.
Übrigens, und da waren sich alle einig, am besten bekam Renate Blume ihr Gepann in den Griff;
bei ihr liefen die Hunde bei "Tach, tach, tach..." tatsächlich nach links. Doch, ob und wie
es läuft, wird letztlich das Publikum entscheiden - demnächst in "Kit & Co.".
Dirk Jungnickel, Regieassistent
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