Tagesspiegel 16.02.1975

OST: Dean Reed

Sprachlich, sagte er, sei er ein wenig unsicher, noch nie habe er ein Interview auf deutsch gegeben: Dean Reed, Amerikaner aus Colorado, Sänger und Schauspieler, mit einer DDR-Bürgerin verheiratet, im "Porträt per Telefon". Locker und gesprächsbereit gab er Auskunft. "Ich habe keine Geheimnisse." Geheimnisse nicht, aber für Schauspieler ungewöhnliche biografische Merkmale, viermal im Gefängnis in vier Ländern, aus politischem Engagement. Ein Amerikaner, der während des Vietnamkrieges die Fahne seines Landes öffentlich symbolisch wusch, um sie von Blut zu reinigen. Ein revolutionärer Künstler? "Man kann nicht 24 Stunden am Tag Revolutionär sein." Deshalb singt er auch Schlager und macht Unterhaltungsfilme bei der DEFA. Aber bei jedem Solidaritätskonzert für Chile tritt er auf. "Allende und Neruda waren meine Freunde. Chile ist meine zweite Heimat." Stolz ist er auf seine Mutter, die mit 59 Jahren ein Soziologiestudium erfolgreich abschloss. Was er sein möchte? Politiker in Amerika. Und wie muss sein Freund sein? Einen Teil seines Lebens für die anderen Menschen in der Welt da sein. Dean ist es.

Ursula Schaaf