Tagesthemen 28.07.2007, ARD, 21:45 Uhr

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Der "Rote Elvis"

Dokumentarfilm über Dean Reed

"Ho-Ho-Ho Chi Minh", das war ein Schlachtruf bei den Anti-Vietnamkriegs-Demonstrationen der 60er und 70er Jahre. An der Wand hingen damals Poster von Mao und Che Guevara, und aus den Lautsprechern schallte Rockmusik. Aber der Kommunismus, der war nur ein Ideal. Nach Osten rübermachen, um im real existierenden Sozialismus zu leben, das taten nur wenige Rockfans oder Rock- oder Popmusiker.

Einer war der Amerikaner Dean Reed. Er nahm gewissermaßen den Sonderzug nach Pankow. Die Machthaber der DDR waren entzückt. Endlich ein bisschen Pepp im spießigen Honecker-Staat. Dort galt Reed dann auch schnell als "Roter Elvis", und so heißt auch ein Dokumentarfilm über sein ungewöhnliches Leben. Er hatte heute in Berlin Premiere, und Justus Kliss hat ihn sich für uns angeschaut.

Musik "Venceremos"

In Chile beginnt Dean Reeds Aufstieg, erst als Musiker, dann engagiert er sich auch politisch, unterstützt Salvador Allende. Dadurch wird er noch populärer, legt sich mit der chilenischen Regierung an, wird verhaftet und abgeschoben.

Er besucht die UdSSR und tritt in der DDR auf. Für die SED ist der sozialistische Rocker aus Colorado mit Zahnpasta-Lächeln die ideale Figur. Vor allem die weiblichen Fans himmeln ihn an.

Celino Bleiweiß:
"Also, mit Dean Reed konnte man Staat machen in der DDR. Da wurde eben ein Konzertsaal voll, wenn er sang. Und dann gleichzeitig konnte man erzählen: Das ist eben ein Kritiker der amerikanischen Politik."

In der DDR ist der Exot schnell ein Star, darf fast alles, vor allem reisen. Doch als er sich in eine Ostdeutsche verliebt, zieht er in die DDR, wird ostdeutscher Staatsbürger. Dem politischen System begegnet er ziemlich unvoreingenommen.

Leopold Grün:
"Dean Reed ist von der Stasi auf jeden Fall angesprochen worden und er hat die erstmal auch ganz freundlich empfangen, hat gedacht: Ja, das sind ja die richtigen Leute, das sind die Kommunisten, mit denen rede ich natürlich. Und in sofern war das für ihn gar kein Problem. Und er merkte aber auch irgendwann: Die wollen aber 'ne ganze Menge wissen. Das ging auch in intime Bereiche, aber eben zum Beispiel auch bei seinen Reisen in die Palästinenser-Gebiete. Und da hat er dann Stopp gemacht. Dort hat er gesagt, jetzt ist Schluss, und gab keine Auskunft mehr. Und dann war die Akte auch geschlossen."

Leopold Grün beleuchtet in seinem Dokumentarfilm neben der politischen Figur des Kämpfers für den Weltfrieden auch die private Rolle des "Roten Elvis".

Wiebke Reed:
"Diese ganze soziale Ader, die er hatte, die sich nachher in unserer Trennung ..., also da war nichts von sozial mehr zu spüren. Er hätte ja auch sagen können: Ihr bleibt in dem Haus, ich suche mir eine Wohnung. Ihr geht hin egal wo, wohin Du willst. Du kannst nach Leipzig zurückgehen, egal wo mit dem Kind, mir egal, Hauptsache raus hier."

Der "Rote Elvis" ist ein politischer Film. Seine Stärke sind die unterschiedlichen Zeitzeugen. Dadurch entsteht ein unterschiedliches, vielschichtiges, kritisches Bild des sozialistichen Cowboys. Dean Reed selbst wollte in keine Schublade passen.

Dean Reed:
"Ich weigere mich, einen Stempel zu haben. Ich weigere mich, dass jemand sagt: Dean Reed ist der Friedenkampfsänger. Das bin ich a u c h, aber nicht nur."

Musik "Blue Suede Shoes"

Dean Reed fühlt sich nicht verstanden, scheint innerlich zerrissen. Mit nur 48 Jahren stirbt er in der DDR an einer Überdosis Schlaftabletten.


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Letzte Änderung: 2008-10-23