Superillu 5/2001, 25.01.2001

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Schauspielerin Renate Blume (56): Zum 1. Mal spricht sie über alles

Neue Liebe! Und noch mehr Geheimnisse aus ihrem Leben

Warum sie nicht mehr Ehefrau sein will. Warum Gojko Mitic sie verließ. Warum sie Dean Reed nicht vergessen kann. Warum sie heute noch auf Stasi-Akten wartet

Sie hat den großen Namen, für den der rote Teppich ausgerollt wird. Seit ihrem Filmdebüt 1964 in "Der geteilte Himmel" erlebte Renate Blume (56) fast nur Hochs. Selbst die Wende überstand sie unbeschadet, blieb gefragt als Theaterschauspielerin. Nur der mysteriöse Tod ihres Mannes Dean Reed von 1986 brachte sie immer wieder in die Schlagzeilen. Sie hüllte sich jedes Mal in Schweigen, wollte nicht nur als Witwe gesehen werden. Jetzt öffnete sie SUPER ILLU ihr Haus am Zeuthener See - und vertrauensvoll auch ihr Herz.

Sie wohnen weit im Südosten Berlins, inmitten von Wäldern und Seen. Ist das für eine Frau nicht zu einsam?

Ich lebe seit 20 Jahren hier draußen. Alles ist mir vertraut. Wenn ich einen Text lerne, gehe ich gern dabei im Wald spazieren. Angst habe ich nicht. Außerdem bin ich ja als Schauspielerin viel unterwegs. Hier mal ein Auszug meines Jobmarathons: Bis September '99 arbeitete ich bei den Störtebeker-Festspielen in Ralswiek, danach spielte ich Theater in München. Nahtlos ging es bis zum Frühjahr ans Theater nach Düsseldorf und von da aus nach Oybin. Dem schlossen sich wieder Vorstellungen auf Rügen an. Den Rest des Jahres stand ich für den Kinofilm "Bruder Benjamin" und für eine MDR-Märchensendung vor der Kamera. Nach diesem Pensum habe ich ein großes Verlangen nach Ruhe.

Und wer heizte inzwischen das Haus und wartete auf Ihre Heimkehr?

Mein Sohn Alexander ist oft bei mir. Aber auf den spielen Sie sicher nicht an. Um es kurz zu machen: Einen anderen Mann in meinem Haus gibt es nicht. Aber in meinem Leben. Seit einem Jahr bin ich wieder verliebt.

Wer ist dieser neue Mann?

Das will ich nicht verraten. Nur so viel: Er ist kein Schauspieler.

Warum ziehen Sie mit Ihrer neuen Liebe nich zusammen?

Ich weiß nach all meinen Erfahrungen, dass ich nicht mehr mit einem Mann zusammenleben möchte. Das geht auch gar nicht in meinem Beruf, so wie ich ihn ausübe. Der Mann müsste mir ständig hinterher reisen. Außerdem genieße ich die Freiheit des Singles.

Sie müssen also alles allein bewältigen - auch die Mühen des Alltags?

Den Hang, alles selbst machen zu wollen, hatte ich bereits mit 21 Jahren. Ich hatte damals schon eine Rentenzusatzversicherung abgeschlossen. Der einfache Grund: Ich wollte nicht, dass ein Mann mich unterstützt oder gar bei mir bleibt, damit ich versorgt bin. Ich will unabhängig sein und immer diejenige, bei der man freiwillig bleibt. Ich will stets die Geliebte sein.

Trotzdem haben Sie schon als junge Frau geheiratet...

Das muss ja kein Widerspruch sein. Ich habe 1969 den Regisseur Frank Beyer geheiratet. Er war meine erste große Liebe. Es war eine wunderbare Zeit mit ihm. "Spur der Steine" wurde bei der DEFA abgesetzt und Frank kam nach Dresden, wo ich am Theater alles spielte, was mein Alter hergab. Wir hatten nur ein Zimmer und eine schmale Liege, die wir von der Wand abrücken mussten, damit wir beide draufpassten. Wenn wir fernsehen wollten, mussten wir das Kinderbett mit unserem Sohn Alexander in den Flur schieben. Wir hatten nicht viel Geld, ich bekam als Anfängerin gerade mal 450 Mark im Monat. Aber wir waren trotzdem glücklich.

Woran zerbrach diese Idylle?

Als Frank dann wieder ein Engagement hatte, lief vieles auseinander. Da hatten wir zwar Geld, aber keine Zeit mehr füreinander. Die Ehe fing an zu kriseln - bis ich 1974 die Scheidung einreichte. Ich erinnere mich noch, wie sauer ich reagiert habe, wenn mein Mann nach dem Essen plötzlich in seinem Zimmer verschwand und Drehbücher schrieb. Er war eben ein Arbeitstier. Heute sage ich, er war von uns beiden der Wichtigere - er hatte mehr Erfahrung, machte die besseren Filme. Doch damals fühlte ich mich und meinen Beruf zu wenig beachtet - und mir fiel die Ehe meiner Eltern ein.

Woran erinnern Sie sich genau?

Es gab zwischen Vater und Mutter eine echte Arbeitsteilung. Am Wochenende wurde gemeinsam gekocht. Vater brutzelte am liebsten Buletten mit Porrée, Mutter machte die Zuarbeit. Sie stritten nie und waren völlig abhängig voneinander. Mein Vater ging zum Beispiel nicht ins Bett, wenn meine Mutter die Zudecke nicht vorher aufschlug. Dann stand er wie ein kleiner Junge davor. Man hatte immer das Gefühl: Der eine ist für den anderen das beste Stück.

Töchter wollen oft anders sein als ihre Mütter. Sie nicht?

Ich wollte mein Leben einfach mehr genießen, als meine Mutter das konnte. Sie hat ja zu Gunsten der Kinder und des Mannes zurückgesteckt. Aber sie empfand das nicht als Opfer. Das war ihr Lebensinhalt. Bei mir war der Egoismus schon ausgeprägter. Ich war ehrgeizig und wollte eine gute Schauspielerin werden.

Das schafften Sie auch. Sie spielten neben zahlreichen Theaterrollen in mehr als 40 TV- und DEFA-Filmen - auf Kosten des privaten Glücks?

Ich habe mir oft die Frage gestellt: Warum hast du diesen wertvollen Menschen Frank Beyer verlassen? Er ist so ein integrer Mensch, obwohl er schwere Phasen erleiden musste. Und dass ich mir die Frage stellte, zeigt, dass da ein Funke von Reue vorhanden ist. Aber ich wäre nur Frau Beyer geblieben und hätte immer mehr von dem aufgegeben, was ich beruflich wollte.

Man behauptet, Sie hätten sich schnell mit Gojko Mitic getröstet.

Ich habe mich nie nach einer Trennung sofort an den nächsten Mann gehängt. Wenn eine Beziehung zu Ende ging, war ich erst einmal frustriert. Die Öffentlichkeit glaubte etwas anderes. Ich habe es nie dementiert. Ich lernte Gojko 1974 während der Dreharbeiten zu "Ulzana" kennen. Doch ich schwor mir: Nie mit einem Kollegen ein Verhältnis beginnen! Außerdem wollte ich nach der Trennung von Frank stark und selbstständig werden. Und das habe ich gelernt, wenn auch unter Schmerzen.

Gojko habe ich nach den Dreharbeiten zufällig in einem Porzellanladen in Berlin wiedergesehen. Aus dieser Begegnung wurde eine zweijährige intime Freundschaft. Es sollte nie eine Lebensgemeinschaft werden, geschweige denn eine Ehe. Dafür ist Gojko nicht geeignet. Er sage oft zu mir: "Spatzen fliegen im Schwarm, der Adler fliegt allein."

Wie endete Ihre Beziehung?

Die jungen Frauen standen bei Gojko Schlange. Irgendwann hatte er dann eine andere. Ich war sehr eifersüchtig, aber auch sehr konsequent.

Renate Blume: "Deans Tod ist die Last, die ich im Leben tragen muss"

Einer schaffte es dennoch, Ihr Vertrauen wiederzugewinnen - der amerikanische Sänger und Schauspieler Dean Reed.

Wir drehten 1974 zusammen den DEFA-Film "Kit & Co". Näher kamen wir uns erst nach Deans Scheidung. Eigentlich wollte ich keine feste Beziehung mehr eingehen. Doch Deans romantische Art nahm mich total gefangen. Einmal fuhr ich mit meinem Sohn in den Winterurlaub. Auf der Autobahn stoppte uns Dean und brachte uns ein warmes Milchmixgetränk. War er unterwegs, schickte er täglich Telegramme. Dean war von einer unglaublichen Aufmerksamkeit. Er gab mir immer zu verstehen, dass ich die tollste Frau in seinem Leben bin. Bald war mir klar: Wir gehören zusammen, ich kann es noch einmal wagen. 1981 war Hochzeit - im weißen Kleid aus Plauener Spitze.

Das Glück war nicht von langer Dauer. 1986 ist Dean Reed auf tragische und geheimnisvolle Weise im Zeuthener See ertrunken. Hat sich sein Tod mittlerweile aufgeklärt?

Ich kann nur sagen, es wäre längst bekannt, wenn alles eindeutig wäre. An Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen. Solange ich keine eindeutige Antwort geben kann, gebe ich lieber gar keine.

Wird an der Aufklärung weiter gearbeitet?

Uns wurde mitgeteilt, dass es noch Material in den Stasi-Archiven gibt. Da sind die Keller voll. Wir bekommen Bescheid, sobald neue Informationen Licht ins Dunkel bringen sollten.

Es war von Selbstmord die Rede. Haben Sie je daran geglaubt?

Eigentlich nie. Doch ich bemerkte, wie Dean verschlossener, unzufriedener wurde und mit Deutschland nicht mehr klar kam. Wenn er morgens den grauen Himmel sah, sagte er nur: "In Kalifornien ist jetzt blauer Himmel." Waren Leute hier unfreundlich, erinnerte er sich an die strahlenden Menschen in seinem Land. Gern wäre er mit uns nach Amerika gezogen. Aber ich wollte nicht. Ich hätte meinen Beruf aufgeben müssen. Vielleicht verletzte ihn das und vielleicht auch der Umstand, dass ich mehr Filme drehen durfte als er. Aber deshalb Selbstmord begehen?

Fünf Tage nach seinem Tod sollten die Dreharbeiten für einen neuen Film mit uns beiden starten. Um diesen Film hatte Dean Jahre gekämpft. Da bringt man sich doch nicht kurz vor dem Ziel um.

Empfinden Sie dennoch manchmal Schuldgefühle?

Ich stelle mir tausend Fragen: Was habe ich übersehen? Worüber haben wir nicht geredet? Was wollte ich nicht zu Ende diskutieren?

Fanden Sie eine Antwort?

Wir haben einfach zu wenig miteinander geredet.

Wie geht man mit so einem Schicksalsschlag um?

Er hat mich zunächst total aus der Bahn geschmissen. Ich dachte, das Leben ist zu Ende - und ich wollte auch nicht mehr. Erst die Arbeit an einem Zweipersonenstück mit Rolf Hoppe hat mich Monate später wieder ins Leben geholt und mich erkennen lassen: Ich kann meinen Sohn Alexander nicht länger mit meiner Depression belasten. Die Last, die ich fühlte, war für sein junges Leben zu schwer.

Seitdem ist er der wichtigste Mann in Ihrem Leben?

Das kann man so sagen. Der Tod von Dean hat mich und meinen Sohn sehr zusammengeschweißt. Er wurde auf einen Schlag erwachsen, fürchtete um seine Mutter. Als er sich eine eigene Wohnung nahm, war das ein herbe Einschnitt in meinem Leben. Jetzt habe ich aber gelernt loszulassen.

Kann man als Frau nach so einem tragischen Verlust des Partners jemals wieder glücklich sein?

Es gibt Frauen, die ihre Männer seit dem Krieg vermissen und heute noch in Ungewissheit leben. Ich sage mir deshalb in traurigen Momenten: "Nimm dich nicht so ernst. Das ist deine Last, die du tragen musst." Heute erlebe ich Glück anders. Glück ist nur ein Moment - und es wird flüchtig, sobald ich versuche, es festzuhalten.

Interview: Angela Kaiser

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Letzte Änderung: 2014-06-04