Ostseezeitung 16.02.2007

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Betroffenheit und Applaus für den "roten Elvis"

Film über den Sänger und Schauspieler Dean Reed lief auf der Berlinale. Der 90-minütige Dokumentarfilm erzählt die tragische Geschichte des US-Künstlers, mit dem die DDR einst Staat machte.

Berlin (dpa) Tom Hanks ("Forrest Gump") verfolgt seit Jahren sein Filmprojekt "Comrade Rockstar" über ein geheimnisvolles Pop-Idol aus der Zeit des Kalten Krieges: Das Leben des "roten Elvis" Dean Reed. Seit 2001 hat sich Hanks um die Filmrechte bemüht und sich mit Reeds Witwe, der Schauspielerin Renate Blume, sowie Ex-DDR-Staats- und Parteichef Egon Krenz in Berlin getroffen.

Bisher ist noch nichts daraus geworden, und so hatte gestern auf der Berlinale zunächst der Dokumentarfilm "Der rote Elvis" von Leopold Grün Premiere. Das differenzierte Porträt eines vielschichtigen Menschen mit doppeltem Gesicht, der schließlich zwischen Ruhm und Propaganda zerbrach, stieß auf ein großes Interesse des Festivalpublikums, das nach langem Schweigen der Betroffenheit dem Filmteam starken Beifall spendete. Der Film des 1968 in Dresden geborenen Regisseurs schließt mit dem Bild der am Seeufer liegenden Leiche des 47-jährigen Reed, ein Foto aus den Stasi-Akten, auf das die Filmemacher nach eigener Aussage in den USA stießen. Der 90-minütige Film kommt im August in die Kinos.

Der aus Colorado/USA stammende gut aussehende Sänger, Schauspieler, Friedenskämpfer, Rebell und Frauenschwarm lebte "als singender Cowboy der DDR" von 1972 bis zu seinem Freitod 1986 im deutschen "Arbeiter- und Bauern-Staat". Er war vor allem auch in lateinamerikanischen Ländern und im damaligen Ostblock populär. Befreundet mit dem chilenischen Präsidenten Salvador Allende und Palästinenserführer Jassir Arafat protestierte Reed auf der ganzen Welt gegen die US-Regierung, gegen Diktaturen und den Vietnamkrieg, wobei er sich auch mal mit der Gitarre in der einen und Maschinenpistole Kalaschnikow in der anderen Hand fröhlich tanzend fotografieren ließ. Viel populärer aber war Reed als Sänger von Country-Schlagern im DDR-Fernsehen oder siegreicher Cowboyheld auf der Leinwand.

Das einfühlsame und kritisch-nüchterne Porträt Reeds und seiner Tragik zwischen politischem Engagement, Starrummel, Naivität und Versagen lässt zahlreiche Zeitzeugen zu Wort kommen. Dazu gehören der Schauspieler Armin Mueller-Stahl, der Defa-Regisseur Günter Reisch und Freundinnen Reeds. Als eine von ihnen von Reed aus dem Haus geworfen wird, versteht sie die Welt nicht mehr: "Ich dachte, ich spinne - der große Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit in aller Welt schmeißt eine Frau einfach so aus dem Haus, soll sie doch bleiben wo sie will."

Aber auch sonst kam Reed immer weniger mit der Wirklichkeit zurecht. DDR-Volkspolizisten herrschte er 1982 laut Protokoll an, als sie ihn wegen einer Geschwindigkeitsübertretung anhielten: "Die Staatslimousinen, die mich gerade mit 160 km/h überholt haben, schreibt ihr nicht auf. Das ist ja wie ein faschistischer Staat hier. Ich habe das langsam wie die meisten der 17 Millionen in diesem Land bis hierher satt!" Reed war in der Krise. Er wurde auch als Sänger und Schauspieler in der DDR weniger gefragt, in dem Land, das vorher so viel Staat mit ihm gemacht hatte.

An den Tag seines Verschwindens im Juni 1986 erinnert sich seine Witwe im Film: "Er packte seine Tasche und sagte, er gehe zu den Menschen, die ihn lieben." Ohne konkretes Reiseziel. Es war der Zeuthener See bei Berlin, an dessen Ufer Dean Reed wenige Tage später tot gefunden wurde. Sein 15-seitiger Abschiedsbrief verschwand bis zum Ende der DDR in den Stasi-Akten.

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Letzte Änderung: 2007-03-04