Neues Deutschland 12.02.2007

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Von Interviewern und anderen Medienopfern

Weitere Highlights im Panorama-Programm

Von Hans-Günther Dicks

Filme übers Filmemachen gibt es zahlreiche, und bis auf Tom DiCillos "Living in Oblivion" gingen sie meist gnädig mit den Neurosen und Macken der Filmleute um. Filme über Journalisten hatten überwiegend rasende Reporter oder mutige Kämpfer für die Freiheit (der Presse oder anderer Bedrohter) zum Thema. Nun legt der Schauspieler Steve Buscemi - in DiCillos Film spielte er einen Regisseur bei heillos chaotischen Dreharbeiten - eine eigene Regiearbeit vor, die Film- und Journalistenwelt vereint und schlicht "Interview" betitelt ist. Fär die erste steht Katja, ein Starlet, bekannt mehr durch ihr von Boulevardblättern breit behandeltes Sexleben als durch die Figuren, die sie in zweitklassigen Filmen spielt. Ihr Mit- oder besser Gegenspieler ist Pierre, ein politischer Starreporter, den sein Chef aus zunächst unerfindlichen Gründen in die Provinz schickt, eben jene Katja zu interviewen, obwohl doch gerade in Washington sich eine Regierungskrise zusammenbraut.

Die Folge ist klar: Lustlos und unvorbereitet tut Pierre seine Pflicht, Katja merkt es und ist beleidigt, das Interview platzt. Aber dann kommt es doch ganz anders - anders übrigens auch als herkömmliche "boy meets girl"-Geschichten. Doch mehr sei hier nicht verraten, außer vielleicht, dass hinter all der intelligenten Komik Buscemis Frust doppelt herauszuspüren ist: Frust über die vielen Interviews und Interviewer, die er in seiner Karriere vertragsgemäß zu absolvieren hatte, aber auch über die zahlreichen "Brotrollen" in Hollywood-Blockbustern, mit denen er sich die kleine Freiheit für Anspruchsvolleres erkaufen musste. Wer sich als Zeitungsleser oft über die Inhaltsleere mancher "Interviews" gewundert hat, hier findet er einen Teil der Erklärung.

Einer, der mit dem sehr realen Medienrummel recht unterschiedliche Erfahrungen gemacht hat, war der Sänger und Schauspieler Dean Reed. In den Medien seines Heimatlandes USA als Nestbeschmutzer attackiert oder als politischer Naivling verspottet, konnte er sich in seinem Gastland DDR stets besonders wohlwollender Berichterstattung sicher sein. Diese beiden Pole deutet der Regisseur Leopold Grün im Titel seines Films "Der rote Elvis" an, konzentriert sich dann aber stärker auf Reeds Wirken und Resonanz in Chile und vor allem auf seine Jahre in der DDR, wo er als Vertreter des "anderen Amerika" höchst willkommen war bei der politischen Führung wie bei seinem meist jungen Publikum, das mühelos auch große Säle füllte. Grüns fleißige Recherche beschert uns Bilder, die die starken politischen Emotionen jener Jahre wieder lebendig werden lassen, so etwa Reeds Begegnung mit Allende oder sein Lied für den ermordeten Sängerkollegen Victor Jara. Dass sich um Reeds Frauenbeziehungen und seinen Tod in einem See allerlei Legenden und Mutmaßungen ranken, greift Grün ohne reißerische Spekulationen auf, bleibt aber dadurch auch manche Antwort schuldig.

Aus ganz anderen Gründen als Reed zog es den US-Bürger Hal Hartley nach Berlin. Mit Filmen wie "Simple Men", "Unbelievable Truth" und zuletzt "Henry Fool", als in jeder Hinsicht unabhängiger Filmemacher bekannt geworden, nahm er vor ein paar Jahren das Angebot an, in Berlin zu leben und zu arbeiten. Ein höchst vergnügliches Produkt dieser Arbeit ist der jetzt im Panorama gezeigte Spielfilm "Fay Grim", eine herrlich groteske Parodie auf das Genre des Agententhrillers, in der Hartley lustvoll, aber durchaus selbstironisch - so heißt eine der geheimnisvollen Figuren eben Henry Fool - mit den Mustern des Genres spielt. Ein Genuss mit hohem Wiedererkennungseffekt, der jedoch vor allem auf ein cineastisches Publikum zielt. Dagegen ist "Away From Her", die jüngste Regiearbeit der Schauspielerin Sarah Polley, auf ein breiteres und wohl auch älteres Publikum gerichtet. Die großartige Julie Christie als Alzheimerkranke Fiona und Gordon Pinsent als ihr Mann spielen darin das Drama einer zuvor undramatischen Ehe, in dem die Krankheit für beide manch verschüttete Erinnerung wieder aufbrechen lässt. Ein ganz und gar "erwachsenes Kino" von der Art, die so selten geworden ist, seit die Marktstrategen der Verleiher alles auf die "junge" Karte setzen.

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Letzte Änderung: 2011-05-06