Volksstimme 24.05.1973

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Erwartungen wurden nicht erfüllt

Zur DEFA-Verfilmung von Eichendorffs Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts"

Wir kennen die Schwierigkeiten der DEFA mit dem Lustspielfilm, die jahrelang sogar sprichwörtlich waren. Nun haben sich unsere Filmproduzenten für Spielfilme eine neue Bürde aufgeladen, mit der sie nicht zurechtzukommen scheinen: Die Verfilmung von Romantikern. Deuteten sich in "Die Elixiere des Teufels" schon die Schwierigkeiten an, werden sie in "Aus dem Leben eines Taugenichts", frei nach der gleichnamigen Novelle von Joseph Freiherr von Eichendorff, noch offensichtlicher. Mit einem singenden und Geige spielenden "zu seinem Glück wandernden" Jüngling inmitten von Schafherdenidyllen und Alpenglühen und einem Happy-End in hübsch bunter Elfenreigen-Manier erreicht die DEFA nicht das an guter und echter Romantik interessierte Publikum und schon gar nicht die Jugend. Die nun einmal geweckten Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Der "Glückssucher" Taugenichts, von jenen so genannt, denen echtes Lebensempfinden fremd geworden oder durch Erziehung fremd geblieben ist, wird von dem amerikanischen Sänger und Schauspieler Dean Reed verkörpert. Taugenichts also wandert singend und Lieder findend durch die Lande bis nach Italien, ist Gärtner und Zolleinnehmer, gerät unter die Räuber Rinaldo Rinaldinis, und ehe er doch noch seine Schöne (Anna Dziadyk) umarmen kann, hat er's mit einigen anderen Frauen zu tun, denen er aber ebenso entrinnt wie seinen "Arbeitsstellen". Wenn er also schon nicht die blaue Blume der Romantik sucht, so doch wenigstens erfolgreich die blonde (blauäugige?) Blume, mit der er nun das Land suchen kann, das seinen Liedern freundlich gesonnen ist.

Das Buch zum Film schrieben Wera und Klaus Küchenmeister. Sie fügten in ihr Buch nur ein Eichendorff-Lied ein, dazu aber Kunst- und Volkslieder des 18./19. Jahrhunderts und sogar eigene Lieder. Es gibt keinen Zweifel: Das entspricht nicht den Gepflogenheiten, die auch eine   f r e i e   Bearbeitung der Eichendorff-Novelle bietet, denn der Lyriker Eichendorff hat ja da auch einiges zu bieten. Die Konsequenz fehlt, der Zuschauer wird zwischen Dichter und Drehbuchautoren zu sehr hin- und hergerissen. Dean Reed, den ich als Sänger sehr schätze, müht sich sehr mit seiner Rolle, ist in diesem Streifen auch kein guter, aber ein charmanter Sänger. (Synchronsprecher Peter Reusses Stimme trifft genau den Duktus des romantischen Helden Dean Reed.) Die Regie (Celino Bleiweiß) scheint ihn mit all seinen Schwierigkeiten allein gelassen zu haben.

Die Kamera (Günther Jaeuthe) verweilt zu lange und vordergründig in schönen, nicht im Sinne des Wortes romantischen Bildern, und das rundet (siehe Einleitung der Bemerkungen) das Bild über einen misslungenen Film ab. Schade, denn das Bemühen um unsere romantische Dichtung ist äußerst verdienstvoll. Es sollten also trotz allem weitere Wege gesucht werden, die Romantik für das auslaufende 20. Jahrhundert zu erschließen.

J.-H. B.

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Letzte Änderung: 2012-08-16