Renate Blume:
Ihr Leben mit dem toten Dean Reed
Der Dean-Reed-Krimi
Sangers Fluch
Unter diesem Titel erscheint jetzt ein Buch, das den mysteriösen Tod des US-Sängers
in der DDR neu beleuchtet. Wir erfahren neue Enthüllungen, aber auch neue Rätsel.
SUPER ILLU sprach mit dem Kriminalautor Peter Schrenk (55)
Das Leben von Dean Reed ist eine verrückte Geschichte: Ein Ami aus dem Wilden Westen,
der im kalten Krieg die Fronten wechselt und im Arbeiter-und-Bauernstaat zum Star wird.
Um seinen mysteriösen Tod im Juni 1986 ranken sich Legenden. Stoff für einen
packenden Krimi. In Peter Schrenks Thriller
"Sangers Fluch"
ermittelt ein Kripo-Kommissar nach der Wende auf eigene Faust die Hintergründe von
Reeds Tod - der in dem Buch Dean Sanger heißt.
Das Gespräch mit Autor Schrenk:
In Ihrem Buch heißt Dean Reed "Sanger". Wieso haben Sie nicht seinen richtigen Namen verwendet?
Aus juristischen Gründen. Ich wollte Ärger mit Reeds Angehörigen vermeiden.
Alle Fakten über Deans Leben und seinen Tod, die ich in dem Buch enthülle,
sind aber authentisch - keine Fiktion. Und wie der Kripo-Kommissar in meinem Buch musste
auch ich mich bei meinen Recherchen dunkler Quellen bedienen.
Woher haben Sie denn Ihre Informationen über Reeds Tod?
Das ging Stück für Stück, über Jahre. Mit Annoncen suchte ich Zeitzeugen.
Dann bekam ich geheime Unterlagen zugesteckt: Ermittlungsakten der Kripo, das Obduktions-Protokoll
von Reeds Leiche, seinen Abschiedsbrief und seine Stasi-Akte. Im SED-Archiv fand ich Deans Briefe
an Kurt Hager.
Hat Reed sich nun umgebracht oder wurde er vom Geheimdienst ermordet?
Ich glaube fest, dass er sich umgebracht hat. Klar, Reed war auch für Geheimdienste interessant.
Ich fand Belege, dass der US-Geheimdienst CIA ihn in den 70er Jahren anwerben wollte. Später
wollte ihn auch die Stasi als Spion einsetzen, um die DDR-Botschaft der Amis auszuspitzeln. Reed hat
eine Weile mitgespielt, trug den Stasi-Decknamen "Victor". Aber nachdem er sich 1977 bei Honecker
persönlich über die Stasi-Leute beschwert hatte, ließen sie ihn in Ruhe. Bei CIA
und MfS galt er seitdem als naiver Spinner, der nicht zum Spion taugt. Es gab also keinen Grund
für diese Truppen, ihn zu ermorden.
Was trieb ihn in den Selbstmord?
Er war süchtig nach Erfolg, musste immer im Mittelpunkt stehen. Solange er im Osten ein Star war,
fühlte er sich hier wohl. Als seine Plattenverkäufe Anfang der 80er Jahre drastisch
zurückgingen und sein Stern sank, ging er Schritt für Schritt seelisch zugrunde. Als erstes
betäubte er seine Angst vor Misserfolg mit Beruhigungsmitteln und Schlaftabletten, Marke "Radedorm".
Sie schreiben, Dean Reed wollte die DDR damals verlassen?
Er hatte den Traum, in seiner Heimat USA als Star groß rauszukommen. Schon, als er noch ganz
oben war, litt er ja darunter, dass er nur im Osten berühmt war - aus seiner US-Sicht am Ende
der Welt, als Einäugiger unter Blinden. Ab 1985 reiste er mehrmals in seine Heimat und versuchte
dort, eine Karriere zu starten. Er fing in Denver ein Verhältnis mit einer drittklassigen
Musik-Managerin namens Dixie Schnebly an. Die versprach im Liebestaumel, ihn in den USA
groß rauszubringen.
Warum hat Dean Reeds US-Kariere nicht geklappt?
Er war nur ein mittelmäßiger Sänger und furchtbar schlechter Schauspieler. Trotzdem
hätte er eine kleine Chance gehabt, wenn er nicht politisch so auf den Putz gehauen hätte.
Im April 1986 erklärte er vor 50 Millionen Zuschauern in der großen US-Fernsehshow
"60 minutes", Reagan sei schlimmer als Stalin und die Mauer in der DDR ein Bollwerk gegen die
Faschisten und Imperialisten des Westens. Damit hatte er sich bei den sehr konservativen Amerikanern
natürlich selbst die Tür zugeschlagen. Ein
Kumpel aus Denver
rief ihn nach der Show in Ostberlin an und sagte: "Wenn du hier noch mal aufkreuzen willst, dann kauf'
dir vorher eine kugelsichere Weste."
Zu allem Übel hatte dann auch noch
Renate Blume
mitgekriegt, dass Reed sie mit seiner US-Managerin Dixie - und wohl auch mit anderen Frauen - betrog.
Sie drohte mit Scheidung, was für Reed finanziell das Ende bedeutet hätte. Er hat das nicht
verkraftet. So kam er in seinem Wahn auf die Idee: Wenn schon nicht als großer Star, so wollte
er wenigstens als großes Rätsel in die Geschichte eingehen. Das hat er im Grunde geschafft.
Denn: Auch wenn wir viele Hintergründe jetzt kennen, einiges bleibt mysteriös. Zum Beispiel,
dass nach Reeds Selbstmord im Juni 1986 seine US-Geliebte Dixie spurlos verschwand.
In seinem Abschiedsbrief gibt Reed Renate Blume die Schuld an seinem Selbstmord. Was ist da dran?
Es war ziemlich gemein von ihm, seine Frau so zu belasten. Sie leidet ja bis heute darunter. Reed war
so von sich eingenommen, dass er die Schuld auf andere schob. Der Streit mit seiner Frau war wohl kein
Grund, sich gleich umzubringen. Wie sollte Renate Blume denn wissen, dass Dean Reed so labil und krank
war, dass ein paar Worte der Kritik ihn gleich in den Tod treiben?
Interview: Gerald Praschl
Warum die Schauspielerin 12 Jahre nach seinem Tod noch immer mit der Tragödie leben muss
Renate Blume und der Fluch des Dean Reed
Wir sehen eine wunderschöne Frau mit 53 Jahren: Schauspielerin Renate Blume. Eine Frau, die
mitten im Leben steht, eine Frau, die so zauberhaft lächeln kann. Doch über ihrem Lächeln
liegt ein dunkler Schatten. Der Schatten des Dean Reed. 12 Jahre ist es her, dass er starb. Und doch
verfolgt sie sein Name, sein Schicksal bis heute.
Da ist dieser Abschiedsbrief. Deans Worte sind wie Peitschenhiebe. Worte, die in der Seele
brennen. Mit diesen bitteren Worten muss Renate Blume bis heute leben. Sie, die Schauspielerin,
die fürs TV dreht (u.a. "Ein besonderes Paar" mit Klausjürgen Wussow), die in München
und Dresden Theater spielt. Doch Schlagzeilen macht sie weniger als Schauspielerin.
Immer wieder dreht sich alles nur um ihren toten Mann. Dabei möchte sie nur eins: Endlich
Renate Blume sein - und nicht länger nur die Witwe von Dean Reed. "Warum werde ich immer
nur auf Dean angesprochen? Habe ich kein eigenes Leben? Es ist mir schon peinlich vor meinen Kollegen.
Ich mache zum Beispiel ein Interview über meinen ersten USA-Urlaub mit meinem Sohn - wir waren
bei der Hochzeit einer Cousine - und was steht hinterher in den Blättern? Dass ich auf den Spuren
Deans gewandelt sei!"
Leise Bitterkeit liegt in ihren Worten, mehr nicht. Renate Blume ist keine Frau des Zorns.
Sie hat ihn geliebt, diesen Dean Reed. Ihr Sohn Alexander
(30) trägt heute noch den Namen seines Stiefvaters, obwohl er aus 1. Ehe mit Star-Regisseur
Frank Beyer ist. "Sascha", wie Renate Blume ihren Sohn liebevoll nennt, ist in die Fußstapfen
seiner Mutter getreten, hat z.B. in "Schwester Stefanie" und "Der Hauptmann von Köpenick"
gespielt. Gerade dreht er die Krug-Verfilmung "Abgehauen".
Renate Blume lebt allein. Alexander ist aus dem Haus in Rauchfangswerder ausgezogen, ihn
zog's in den Trubel der Großstadt Berlin. Einen neuen Mann gibt es nicht im Leben von Renate
Blume. Ist es die Erinnerung an Dean Reed, die eine neue Liebe unmöglich macht? In einem
Interview gestand sie: "Mich überfallen seit Deans Tod immer wieder Phasen, wo ich in traurige
Gedanken versinke. Wenn ich hier allein bin, nichts zu tun habe. Ich kann mir diese Depressionen
nicht ausreden, muss sie durchleben. Zwei Tage, eine Woche... Einmal versuchte ich es mit einem
neuen Partner. Das ging schief. Seit Deans Tod bin ich für andere Männer wohl verloren."
Der Abschiedsbrief
Harte Worte
Renate quält und foltert mich seit Wochen, weil sie krankhaft eifersüchtig ist auf alle
Leute, die ich liebe ... Ich liebe sie trotzdem, aber ich finde keinen Ausweg ... Renate brauchte
für ihr Ego nur die berühmtesten Männer - und dann hat sie uns alle fertiggemacht.
Es tut mir leid für meine Tochter
Natascha,
die durch Renates Eifersucht leiden musste. Ich liebe ihren Sohn, aber darf nicht meine Tochter lieben.
Ich war gestern am Ende. Alles wäre besser geworden, wenn sie mich nicht heute wieder
Feigling genannt hätte.
Dean Reed
12/6/86
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