Neue Zeit 27.08.1986 |
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Ein letztes Mal zu Gast bei Dean ReedAm Bildschirm notiertNoch immer bewegt der so plötzliche Tod Dean Reeds die Gemüter all jener Menschen in unserem Lande, die ihn als Sänger, Liedermacher und Schauspieler mochten, die ihn wegen seiner selbstlosen, konsequenten politischen Haltung aus tiefstem Herzen achteten. Und so waren wohl viele seiner Freunde, insbesondere Liebhaber zünftiger Country- und Westernmusik, froh, diesen sympathischen, urwüchsigen Musikanten am vergangenen Sonnabend noch einmal auf dem Bildschirm erleben zu können. "Dean Reed und seine Lieder" - so der Titel einer Fernsehshow, die das DDR-Fernsehen nur wenige Wochen vor seinem tragischen Tod aufgezeichnet hatte. Diese abwechslungsreich gestaltete Show, in der nicht nur beliebte und populäre Country-Klassiker künstlerisch perfekt geboten wurden, sondern sich auch Cowboy- und Cowgirl-Kostüme (Isolde Bauernfeind) sowie das von Joachim Bette geschaffene Szenenbild (angedeutete kleine Stadt im Westen Amerikas, Prärielandschaft mit knorrigen Bäumen und kahlen, trutzig-aufragenden Felsen) harmonisch ins Gesamtbild einfügten, atmete typisches Westernkolorit. Ein Kompositum von Impressionen und Klängen aus der Heimat Dean Reeds. Unterhaltung im besten SinneDer Künstler hatte sich prominente Gäste aus dem In- und Ausland eingeladen, die allesamt 75 Minuten Unterhaltung im besten Sinne boten (Redaktion: Heinz Quermann; Regie: Jürgen Brill). Langeweile konnte aufgrund des klugen dramaturgischen Wechsels von Besinnlich-Ernstem, Lustig-Derbem, Urfröhlichem und auch Bekenntnishaftem sowie des geschickten Einbaus instrumentaler Intermezzi und kurzweilig-amüsanter Einlagen gar nicht erst aufkommen. Dean Reed erwies sich als einfühlsamer, bescheidener Gastgeber, der seine Kollegen geradezu enthusiastisch ankündigte (Texte: Wolfgang Brandenstein). Beschwingt plaudernd schuf er nahtlose Übergänge, servierte er Kunst und Künstler sehr persönlich, ohne Effekthascherei und mit dem ihm eigenen Charme und Temperament, so dass das Publikum immer begeisterter mitging. Erstaunlich, mit wie viel Pfiff, Frische und Stilempfinden die sehr junge, hübsche Schlagersängerin Inka, zweifache Gewinnerin des "Silbernen Bong" und derzeit Studentin an der Berliner Musikhochschule, ihre Countrys schmetterte und sich dazu gewandt bewegte. Mit Schwung und guter Laune war auch der Jürgen-Erbe-Chor dabei, der bekannt ist für seinen differenzierten Background-Gesang. Ebenso freute man sich, dem profilierten Country-Sänger Michael Tucny und der wohl besten Band der CSSR innerhalb dieses musikalischen Genres, der Schauspielerin und Sängerin Ludmila Solodenko (UdSSR), dem genialen Gitarristen Neil Jacobs (USA) und den kauzig-komischen, urmusikantischen Ward-Brothers (Irland) zu begegnen, die das Publikum zum Lachen, Singen und Klatschen herausforderten. Bei Jacobs, der auf seiner voluminösen doppelchörig bespannten Westerngitarre durch seine atemberaubende Virtuosität ungeheure Klangeffekte hervorzauberte, hätte man sich allerdings nähere Angaben zu den beiden Titeln gewünscht. Dean Reed überzeugte insbesondere mit dem von ihm komponierten, seiner 72jährigen Mutter in liebevoller Verehrung gewidmeten Lied "Mama" (Text: Gisela Steineckert) sowie der sich fast sinfonisch steigernden Beethoven-Adaption "Song off Joy" (Freude schöner Götterfunken") - Liebeslied und Protestsong zugleich, mit dem Dean Reed auch in Chile unter schwierigsten Auftrittsbedingungen seiner nicht versiegen wollenden Hoffnung auf eine gerechte, friedvolle Zukunft für alle Menschen beseelt und engagiert zugleich Ausdruck verlieh. Credo eines Künstlers, eines politisch denkenden und verantwortungsvoll handelnden Menschen, der uns unvergessen bleiben wird. Christine Schulz |
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www.DeanReed.de
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