ND 12.05.1995 (Neues Deutschland) |
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Berliner KöpfeAgentin mit HerzBei mattscheibensprengender Serienflut muss wenigstens mit solidem schauspielerischen Handwerk gegengesteuert werden. Ob für Ilse Hofmanns Wirtschaftswundermär "Das Schwein", für die tristen "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" oder manch Krimihäppchen auf SAT 1: Wiebke Reeds Schauspielagentur liefert die passenden Gesichter. Begonnen hat die Akteursvermittlung, nachdem die bürokratischen Hürden im neubundesrepublikanischen Kulturalltag überwunden waren. "Man glaubt gar nicht, wie schwierig einem der Beginn gemacht wurde. Wäre ich schon in der staatlichen Vermittlung tätig gewesen, hätte man mir eine Bewilligung ohne weiteres ausgehändigt." Die ersten Künstler hat sie sich vom Ernst-Busch-Institut geholt. Da war sie als Englischlehrerin mit den sprachlichen Eigenheiten schon zu DDR-Zeiten so gründlich vertraut gewesen, dass sie gleich polyglotte Vielfalt im anspruchsvollen Schauspielergeschäft vermitteln konnte. Die ehemalige Frau vom "US-Dissidenten" Dean Reed hat die künstlerischen Pfade ausladend beschritten. Als Fotomodell hat sie sich die im Arbeiter- und Bauern-Staat mögliche Freizügigkeit erlaubt, dem DDR-Star Dean Reed war sie neben einer Ehefrau auch schon mal kreativer Geist im Hintergrund. Nach der Wende fand sie sich erst mal in Berlins Westen ein, als Chefin des Medien-Büros der Philharmoniker. "Das war zwar künstlerisch sehr erhebend, aber finanziell nun nicht eben sehr einträglich. Da kam mir die ehemalige Tätigkeit an der Ernst-Busch-Schule schon sehr zugute, denn ein gutes Händchen im Umgang mit Schauspielern habe ich eigentlich schon immer gehabt." Und das hat ihr schließlich auch den vielversprechenden Anfang im strengen Agentengeschäft ermöglicht. Menschlicher Umgang auch auf harter Geschäftsbasis muss bei ihr sein. "Wenn man seine Schauspieler nicht gründlich pflegt, kann man gar nicht so schnell schauen, wie die einem davonlaufen. Da ist man nicht nur Geschäfts-, sondern auch persönlicher Freund und Ratgeber bei privaten Sorgen." Große Mimennamen wie Horst Schulze, Ortwin Spieler oder Daniel Morgenroth betreut sie ebenso selbtsicher wie die Neuankömmlinge auf dem Medienmarkt. "Ich habe junge Kräfte in meiner Agentur, die oftmals ohne eine Stunde Schauspielunterricht schon staunenerregend gut sind." So viel künstlerischer Ehrgeiz lässt einige der Jungmimen dann schon mal des Serieneinerleis überdrüssig werden. Wenn von attraktiven Schauspieldamen offenbar nur noch das nötige Frischfleisch für voyeuristische Zuschauerblicke genutzt werden soll, dann streikt auch das künstlerische Gewissen. "Meine Schauspielerin Marie Bäumer etwa hat eine Fernsehfolge, in der sie lediglich als schöner Blickfang dienen sollte, für ein Engagement an Gerda Gmelins Hamburger Theater 'Im Zimmer' abgelehnt. Eine begabte Schauspielerin mit hohem Anspruch an die eigene Kunst und dazu noch aus meiner Agentur - was will man mehr." Timo Fehrensen |
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www.DeanReed.de
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