Junge Welt Dez. 1977

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Szenen aus dem Leben eines Sängers der Revolution

Der amerikanische Sänger und Schauspieler Dean Reed als Regisseur, Autor und Hauptdarsteller des DDR-Fernsehfilms "El Cantor"

Diese Gitarre,
die niemand mehr zu spielen vermag,
ohne die Saiten zu berühren des Schmerzes.
(Ulrich Grasnick)

El Cantor - der Sänger. Seine Gitarre ist revolutionäre Barrikade, errichtet aus Mut und Gesang. Sein Wirken ist Symbol eines kunst- und kampferfüllten Lebens - nicht schlechthin an der Seite des Volkes, sondern in dessen erster vorwärts schreitender Reihe. Victor Jara, der langjährige Freund, und Chile, seine zweite Heimat - das waren fü Dean Reed die gedanklichen Ausgangspunkte für seinen Fernsehfilm "El Cantor". In Anlehnung an Biografisches des unvergessenen Sängers, an Ereignisse, die zur schrankenlos grausamen Machtübernahme der Pinochet-Faschisten führten, aber auch in freier Fabelfindung werden lose aneinander gefügte Impressionen von der Beispielhaftigkeit jenes revolutionären Weges in Chile aufgezeigt, der auch unserer Solidarität stets sicher sein kann.

Wir erleben den Sänger, wenige Wochen vor dem Putsch, auf Versammlungen, in Kampfberatungen, in seiner Familie, bei Arbeitseinsätzen. In die nächtlichen Stunden der Ruhe dringen Detonationen, das Kochtopfgeklapper der Bürgerfrauen. Chile vorm September 73.

Chilenische Genossen als Mitwirkende

Dean Reed bemühte sich nicht um die genaue Rekonstruktion der politischen Prozesse. Er möchte uns einfach emotional jene Menschen nahe bringen, die das Tor zur glücklichen Zukunft aufstießen; er zieht uns hinein in einen (fast zu) heiter-sorglos dargestellten Alltag einer Revolution, deren wirksamste Waffe der halbe Liter Milch für die Kinder war. Nur kurz lässt er anfangs die Schatten faschistischer Verfinsterung auftauchen (sonnenbebrillt, zu offensichtlich die schurkische Gesinnung im Gesicht geschrieben); aber immer bedrohlicher werden diese Schatten - über Anschläge auf El Cantor bis hin zum Militärputsch breiten sie sich über das ganze Land aus. Statt Milch fließt Blut. Aus unserer Anteilnahme an der mit Begeisterung getragenen politischen Arbeit chilenischer Genossen werden wir angesichts des Todes von El Cantor in die Ruhe schmerzerfüllten Nachdenkens gerissen, ins aktivierende: "Trotz alledem!", das aus dem Erlebnis des Films hinüberführt zur tätigen Solidarität, die seit jeher zu den Selbstverständlichkeiten unseres Kampfes gehört.

Dean Reed hat einen Film gedreht, der in geistiger wie filmischer Hinsicht geradlinig und sehr durchsichtig erzählt wird. Jene Szenen überzeugen und rühren an, da er Menschen porträtiert und liebevoll, aus der eigenen Kenntnis des Landes, chilenischen Alltag einfängt. In überlegter Verzahnung werden aktionsreiche Bilder (die Verfolgung per Auto, der Putsch, die Verhaftungen) mit den fast lyrischen Einschüben eines Liebesfilms verbunden. Hans Heinrichs Kameraführung strahlt Ruhe und Übersichtlichkeit aus, Gesichter und ihre Regungen wurden bewusst und zielstrebig zu Spiegeln der Ereignisse. Die Mitwirkung chilenischer Genossen - allen voran Clodomiro Almeyda, Exekutivsekretär der Unidad Popular, sowie Isabel und Angel Para - verlieh dem zum großen Teil in Bulgarien gedrehten Film eine unmittelbar solidarische Kraft.

Solidarischer Aufruf ans junge Publikum

Dean Reeds Film ist nicht bewusst auf gedankliche Weiterführung und jene geschichtswertende Vertiefung zum Thema aus, die u.a. von solchen Spielfilmen wie "Das süße Wort Freiheit", "Es regnet über Santiago" und "Nacht über Chile" vorgelegt wurde. Aber er ist ein zweiter achtbarer Versuch, dieses internationalistische Thema auch bei uns in den Mittelpunkt künstlerischer Gestaltung zu stellen (nach Lutz Köhlerts Fernsehspiel "Salvador Allende - September '76").

Freilich hätte sein Streifen gewonnen, wenn er auf der Basis eines gestalterisch dichteren Szenariums gedreht worden wäre. So aber forderte die Personalunion von Regisseur, Hauptdarsteller und Autor doch ihre künstlerischen Opfer; und die Dialoge der meist impressionistisch angerissenen Vorgänge dienten oft nur der Mitteilung von Fakten zur politischen und wirtschaftlichen Situation. Viele Figuren gerieten daher lediglich zu Informationsträgern und konnten sich so wenig in Handlung und Sprache profilieren.

All das nimmt dem Streifen nichts an Redlichkeit und Aufrichtigkeit. Es lenkt seine Wirksamkeit und seinen solidarischen Aufruf vor allem auf ein sehr junges Publikum, das weitere (Er-)Kenntnisse zum Thema Chile sammeln möchte.

Hans-Dieter Schütt

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Letzte Änderung: 2008-05-31