Filmspiegel 05/1973, 26.02.1973

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...und mach mein Glück

Zu dem neuen DEFA-Film "Aus dem Leben eines Taugenichts" mit Dean Reed

Hier ist zu berichten von einem jungen Mann, dem andere nachsagen, dass er nichts tut und nur die Sonnenseiten des Lebens genießt, von einem, der nicht recht weiß, wo er sich niederlassen soll, um sein Leben so zu leben, wie er es sich vorstellt. Sie nennen ihn einen Taugenichts, ist er es?

"Die Welt will froh erobert sein..."

sagt er und macht sich auf den Weg, es zu tun, nachdem ihm der Müller kundtat, ihn nicht länger "füttern" zu wollen. So nimmt er denn seinen Ranzen mit der Geige. Mit seinem ständigen Weggefährten Bam, dem Hund, beginnt die Suche nach dem Glück seiner Welt. Ist es Zufall oder wollte es sein Schicksal, dass ihn die Gräfin und die Schöne mit aufs Schloss nehmen? Sieht so das Glück aus, das er herbeisehnt? Die Sense schwingen, Blumen pflanzen, Wassergräben säubern - ungewohnt für einen Taugenichts, doch er beweist, dass er es kann.

"Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?"

singt er der gnädigen Herrschaft vor, als er sie über den See rudern muss. Die Gräfin und die Schöne interessieren sich dabei nicht nur für seine Stimme, so dass er etwas verwirrt ist und fast das Rudern vergisst. Was aber verstehen die Herrschaften schon von seinem Lied? "...Weil das Leben so bitter, mir gar nicht gefällt", sagte er sich und weiter geht die Reise. Doch allzu weit kommt er nicht. Als man ihn wieder eingefangen hat, nimmt er eine neue Stelle im Dienste der Herrschaft an. Eine Stelle allerdings, wo er sein eigener Herr ist und wo er anfangs glaubt, es mit der Zeit "zu Großem in dieser Welt zu bringen". Doch die Welt, die er erobern möchte, hat er sich anders vorgestellt. Nichtstun allein macht ihn auch nicht glücklich. So fällt er sein Urteil:

"Für welche wie uns ist das nicht das Rechte hier".

Ob ihm ein anderes Land mehr Glück bringen wird? Findet er in Italien das Glück, das er sucht? Neue Welten eröffnen sich ihm in Gestalt einer neuen Schönen, wie überhaupt das Leben hier viele schöne Seiten hat. Oder zu haben scheint... Denn jedes Ding hat zwei Seiten. "Leb wohl, du Schöne, aber ich muss nun einmal diesen Weg wählen", womit ein neues Abenteuer in seinem Leben beginnt. Eines, wo er glaubt, seinem Hund Bam sagen zu müssen:

"Ich glaub, hier sind wir endlich angekommen".

Doch nicht lange währt sein Glaube, denn das Leben in der neuen Umgebung bringt ihm neben einer unerwarteten Anerkennung und unverhofften Aufstiegsmöglichkeiten eine neue Überraschung: Für ihn ist das Lob "In dir steckt Großes" weniger wert als die Nachricht, dass noch immer eine im Schloss auf ihn wartet.

"Lebt wohl Freunde, jetzt muss ich gehen..."

und er macht sich auf den Weg in die Heimat. "Das Glück ist nah..." hofft er, als man ihm von der bevorstehenden Hochzeit am Hof berichtet. Doch der Empfang für ihn fällt anders als erwartet aus. Groß ist seine Enttäuschung. Hilflos verlässt er die lärmende Gesellschaft. Was aber wäre das Leben unseres Taugenichts, wenn nicht auch in dieser schweren Stunde doch noch eine wäre, die auf ihn gewartet hat? Eine, von der er heimlich träumte...

Ist es das Glück, das er suchte?


Kein Müßiggänger - der die Muße liebt

Drei Fragen an die Autoren des Films "Aus dem Leben eines Taugenichts", Wera und Claus Küchenmeister

Was veranlasste Sie, die Eichendorff-Novelle als Vorlage für diesen Filmstoff zu wählen?

Es war ein alter Wunschtraum von uns, das "Leben eines Taugenichts" auf die Leinwand zu bringen. Der Plan dazu entstand bereits vor 12 Jahren. Allerdings handelt es sich nicht um die Verfilmung der Novelle schlechthin, sondern wir betrachten diesen Taugenichts aus der Sicht von heute und wollen mit der Aussage des Films auch den heutigen Zuschauer erreichen. Wir haben uns mit ungeheurem Spaß an die Arbeit gemacht und glauben, mit dem Film nicht nur DEFA-Neuland beschritten zu haben, sondern vor allem dem großen Publikumsbedürfnis nach ansprechender Unterhaltung mit viel Musik und großem Schauwert nachgekommen zu sein. Wir wollen den Zuschauer zur Literatur hinführen, weil es für uns keine Trennung zwischen anspruchsvoller Literatur und der Unterhaltung gibt.

Kann uns dieser Taugenichts, der in der Zeit der Romantik lebte, heute noch etwas sagen?

Der Taugenichts ist ja kein Müßiggänger, sondern einer, der die Muße liebt. Er ist dabei durchaus ein schöpferischer Mensch, der, sobald er vor bestimmte Situationen gestellt wird, sich Mühe gibt, diese zu meistern. In diesen Situationen erfindet er seine Lieder, ergreift er seine Ämter, ja selbst die Liebe macht ihn produktiv. Wenn man den Werdegang des Taugenichts im Film verfolgt, lässt sich sowohl eine gedankliche als auch eine emotionale Entwicklung ablesen. Dabei erhält er einmal die Möglichkeit, ein Philister zu werden, und später wird er fast ein Räuber. Doch in beiden Fällen rettet ihn seine schöpferische Lebendigkeit. Wir meinen, Taugenichtse konnten weder in der Zeit der Romantik noch in jeder anderen Klassengesellschaft bis heute sich in Übereinstimmung mit der herrschenden Klasse befinden. Aber jeder, und besonders der junge Mensch hofft, es doch zu tun. Und daraus entstehen dann, wie für unseren Taugenichts, Konflikte und Konfusionen. Konsequent erzählt bedeutete das für uns, die Schlussidylle des Eichendorff nicht beizubehalten.

Glauben Sie, dass man aus der Sicht des heutigen Zuschauers die Erlebniswelt des Taugenichts der Romantik erfassen kann?

Wir wollen über die Figur des Taugenichts und über dessen Erlebnisse den Zuschauer zur Muße ermutigen, wollen die Phantasie entwickeln helfen. Der Taugenichts ist ein Mensch, der jedes Ereignis aus seiner Umgebung in sich verarbeitet, der bewusst mit seiner Umwelt lebt. Bestimmt gibt es auch unter uns Menschen, die die Schönheit einer Landschaft, einer Blume oder auch eines Menschen wie der Taugenichts entdecken wollen, die Sehnsüchte dieser Art haben. In unserem Alltag wächst das Bedürfnis nach Phantasie. Unser Film soll helfen, sie so in das Leben einzubeziehen, dass sie hilft, es noch schöner zu gestalten.

Text und Interview:
Manfred Beckmann

Fotos:
DEFA-EBERT

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