Filmspiegel 3/1973, 31.01.1973 |
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Die Schöne auf dem SchimmelMit einem Mal ist der Reiter bei ihr, der Schimmel schnaubt erregt, tänzelt auf dem Rasen, der Reiter beugt sich zu ihr hinunter - dann heben sie auch schon seine Arme empor - der Himmel, das Schloss - alles stürzt für sie plötzlich durcheinander - die kichernde lärmende Gesellschaft, die maskenhaft verzerrten Gesichter sind verschwunden, vorbei wie ein Spuk - dann reitet er mit ihr davon über trommelnden Hufen - ein Traum schon zerstoben... Wenn ein Taugenichts träumt, dann können es eigentlich nur Gedankenschiffchen mit wenig Tiefgang sein, die er auf den Strom seiner Phantasie gleiten lässt. Der Taugenichts, aus dessen Leben Joseph Freiherr von Eichendorff in seiner poetisch-romantischen Novelle erzählt, ist ein junger Bursche aus dem Volk, dessen gesunden, unverfälschten Sinn er besitzt, ein träumerischer Junge, der die heimlich verehrte "Schöne" in einer Traumvision hoch zu Ross aus dem Panoptikum ihrer Gesellschaft entführt - auf einem Schimmel, versteht sich, denn der ist weiß und die sommerliche Natur grün und der Himmel blau, und das barocke Schloss leuchtet gerade so recht für einen Farbfilm durch die Landschaft, und als solcher entstand ja auch die Geschichte vom Taugenichts, der nicht nur seine "Schöne", sondern all das Schöne der Welt mit wachen Augen betrachtet und gar kein "Nur-Träumer" und Phantast ist und schon gar kein Taugenichts. Eichendorffs Novelle hatte es den Autoren Wera und Claus Küchenmeister schon lange angetan. Die Geschichte, die sich auf den zwei reizvollen Ebenen Traum und Wirklichkeit bewegt, wurde von ihnen frei nach der Novelle geschrieben. Die Autoren gaben der Romantik, was der Romantik gebührt - wohl wissend, dass diese für uns Heutige etwas anderes bedeutet als Flucht vor den Realitäten in eine "heile Welt", in ein Arkadien der Natur und des Gefühls wie im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts. Unter diesem Aspekt sieht Regisseur Celino Bleiweiß seinen Film, dessen Aufnahmen zum größten Teil in der Barockkulisse von Schloss Rammenau und in dessen Umgebung entstanden. Bleiweiß will eine "gewisse Leichtigkeit" (im poetischen Sinn) in den Film bringen, der auch für junge Menschen reizvoll werden soll. Hauptdarsteller Dean Reed nennt seinen ersten DEFA-Film ein Vorhaben, das der menschlichen Würde dient. Dean Reed kannte Eichendorffs Novelle nicht, er kannte nur das Drehbuch, als der Film entstand. Und es spricht für den Gehalt des Buches wie für Reeds subtiles Verständnis für seine Rolle, für sein Suchen nach dem Eigentlichen, dem Bedeutsamen (ein Zug seines Wesens), wenn er die Einheit von Gedanklichem und Erfassen der realen Welt in Eichendorffs Stoff ebenso betont wie seine Aktualität bezüglich der geistigen Weiterentwicklung des Menschen. "Aus dem Leben eines Taugenichts" ist Reeds erster Film, in dem er singt und Geige spielt. Als Taugenichts begegnet er der "Schönen" auf dem Schimmel in Gestalt der polnischen Schauspielerin Anna Dziadyk. Karl Knietzsch |
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www.DeanReed.de
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