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Discography/Diskografie/Discografia

Ein Wigwam steht in Babelsberg

CD-Cover

Originalmusiken aus den DEFA-Indianerfilmen
BRD all score media ASM 002/1999

Mit Gojko Mitic, Dean Reed, Frank Schöbel, MTS, Express u.a.

  • Tokei-Ihto
  • Steine und Staub
  • Love your brother (Dean Reed)
  • Löscht das Feuer
  • Liebe Du das Meer
  • Ein Mann kann viel
  • Ein Pferd wie Du und ich
  • Ein Wigwam steht in Babelsberg
  • Severino-Thema
  • "Die Söhne der Großen Bärin" - Hauptthema und Suite 1/Suite 2
  • Saloon Song
  • "Die Söhne der Großen Bärin" - Beat-Thema/Suite 3/Hauptthema Reprise
  • Missouri
  • "Chingachgook" - Eröffnung und Suite 1
  • Der große Strom
  • "Chingachgook" - Trommeln und Suite 2/Liebesthema
  • Dazwischen
  • "Chingachgook" - Finale

Halt das Pferd fest!

Was wir im nächsten Jahrtausend vermissen werden: Die Lieder der DEFA-Indianer

Es ist die Zeit der Retrospektiven, und so wird in den Kinos immer öfter "Die Legende von Paul und Paula" angestimmt, und in den Dritten Fernsehprogrammen feiern selbst DDR-Staatsanwälte und HVA-Kundschafter fröhliche Urständ. Eine edle Spezies hingegen scheint für immer in die Ewigen Jagdgründe eingegangen zu sein; der DEFA-Indianer. Dabei entstanden seit 1965 in jährlichem Abstand sehenswerte Filme, die in der DDR ein Millionenpublikum in die Kinos zogen, sie gehören zur Ost-Biographie wie Club-Cola und Putzi-Zahnpasta. Freunden dieses Genres steht jetzt die Musik jener Filme als Erinnerungshilfe zur Verfügung, gebündelt auf der CD "Ein Wigwam steht in Babelsberg - Die Musik der DEFA-Indianerfilme".

Ein eigentümliches Sammelsurium oft nicht nur unterschwelliger Komik, die mehr als einmal ein entrücktes "Weißt du noch ..." bei den Eingeweihten hervorrufen wird. Denn schon der Untertitel der in den verblassten Farben der realsozialistischen Filmproduktion aufgemachten CD ist eine ausgemachte Flunkerei, beginnt der nostalgische Reigen doch mit Frank Schöbels stimm- und Echoeffekt-gewaltigem Schlager "Tokei-Ihto", der heute auf keiner Ostrock-Party fehlen darf. Gewidmet ist dieses Lied zwar dem Haupthelden des Filmes "Die Söhne der großen Bärin", war aber nie Bestandteil des Soundtracks, ebensowenig wie sechs weitere der insgesamt zweiundzwanzig Titel. Stört trotzdem nicht, denn eigentlich heißt Tokei-Ihto Gojko Mitic, und der war der oberste und edelste Häuptling aller Babelsberger Stämme, unangefochtener Publikumsliebling ganzer Generationen und damit mindestens so populär wie das Sandmännchen. Deshalb darf der wohlgeformteste Sozialismuskelmann auch als unerschrockener Krieger das Cover zieren. Mitic spielte in fast allen DEFA-Indianerfilmen die Hauptrolle, führte alle Stunts selbst aus, konnte reiten und mit Pfeil und Bogen umgehen. Nur singen konnte er nicht, und das darf er gleich viermal auf der CD beweisen. Hörenswert sind diese Lieder, zu deren Aufnahme er sich von AMIGA überreden ließ, dennoch, denn die Texte strotzen oft vor sozialistischer Lyrik: "Hier bleibt arm, wer da arm geboren ist ... Steine sind taub, doch das Herz zerschlägt den Stein zu Staub ..." Verzapft hat diesen ulkigen Quark Gisela Steineckert. In den Liedern "Ein Mann kann viel erzählen" und "Löscht das Feuer" klingt zudem ein latenter Machismo mit, der nach all den Jahren der Emanzipationsbemühungen schon fast rührend wirkt: "... Haltet eure Pferde fest, wenn ein Huf den Pfad verlässt, wird zu Hause eine sein, die ist dann verdammt allein..."

Wo Gojko ist, darf auch Dean Reed nicht fehlen, ein aus Colorado stammender schauspielernder Protestsänger und belächelter Möchtegern-Cowboy. Sein zur Schrammelgitarre gebrüllter Song "Love your Brother" wird ziemlich brutal ausgeblendet; es folgen die Blödelsongs "Ein Pferd wie du und ich" der Gruppe MTS und eben jener Schlager, welcher der CD den Namen gab.

Die eigentlichen Filmmusiken schließen sich mit dem "Severino"-Thema an, für das sich Filmkomponist Günther Fischer kurzerhand Ennio Morricones Elektrogitarren aus "Spiel mir das Lied vom Tod" ausgeborgt hat. Auch die Orchesterwerke aus den Filmen "Die Söhne der großen Bärin" und "Chingachgook, die Große Schlange" hätten ebenso beim "Schatz am Silbersee" erklingen können. Beim Anhören kommt ein Gefühl von Weite und Abenteuer auf, welches den Riesenerfolg dieser Filme in der kleinen DDR verständlich werden lässt. Das Große Rundfunkorchester Leipzig wartet mit vielen Bläsern und folkloristischen Elementen auf, dass man schier Lust bekommt, sich ans Lagerfeuer zu setzen und die Zähne in ein Stück rohe Büffellende zu schlagen. Natürlich durften auch bei den DEFA-Indianern zünftige Saloonszenen nicht fehlen, deren musikalische Untermalung für sich allein stehen kann. Insbesondere der von der Jazzsängerin Ruth Hohmann vorgetragene Titel "Missouri" ist von so eigentümlicher Melancholie und Gerry Wolffs Song "Der Große Strom" eine gekonnte Dixieland-Nummer, dass es verwundert, dass diese Musik nicht schon früher wiederentdeckt wurde.

So interessant das Hören dieser CD auch ist, hinterlässt es eine eigenartige Leere, die nur durch das Anschauen der dazugehörigen Filme gefüllt werden kann. Wer auch immer die DEFA-Indianer in seinen Archiven gefangenhält, lasse sie frei und wieder über die Leinwände und Bildschirme reiten. Hugh, ich habe gehört!

Maik Hölzel

Junge Welt 16.11.1999

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Dieses Album mit ausgewählten Melodien aus der ambitionierten (und leider oft unterschätzten) Indianerfilm-Reihe der DDR ist ein wahres Juwel für jeden Fan dieser Thematik. Mit der großartigen Musik, die einem Vergleich mit dem Soundtrack der westdeutschen Karl-May-Filme mehr als standhält, kommen die Erinnerungen an jene mitreißenden Filme zurück, in denen überwiegend wahre Begebenheiten aus der Zeit der Indianerkriege mit großer Gewissenhaftigkeit aufgearbeitet und mit Gojko Mitic im Mittelpunkt des Geschehens sehr eindrucksvoll umgesetzt wurden. Dean Reed selbst leistete dazu einen überaus bemerkenswerten Beitrag in dem seinerzeit sehr populären Film "Blutsbrüder".

Darüber hinaus ruft dieses Album vor allem auch Erinnerungen an die eigene Jugend wach, an eine Zeit, in der man im Rahmen der freudig herbeigesehnten DEFA-Indianerfilmwoche gespannt das Geschehen auf der Leinwand verfolgte, mental an die Schauplätze nach Nordamerika mitreiste und dabei von einem kleinen Hauch von Freiheit umweht wurde. Somit ist die Musik dieser Filme praktisch auch ein Spiegel in die eigene Vergangenheit.

Einziger Wermutstropfen: Die ungemein schöne Melodie aus "Tecumseh" (als Gojko Mitic sich von der Schwester seines weißen Freundes verabschiedet und aus dem Fort reitet) von Günter Fischer fehlt leider...

Harmonica, 17. August 2007

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Letzte Änderung: 2011-06-09