2004 - Interview mit Francisco Caraballo

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"Der Sozialismus ist die Zukunft der Menschheit"

Das Interview wurde von "A Verdade" (Zeitung der Revolutionären Kommunistischen Partei Brasiliens) geführt und in der Februarnummer 2004 veröffentlicht

Francisco Caraballo

Warum bist du im Gefängnis?

Seit 43 Jahren habe ich mich ununterbrochen an revolutionären Aktivitäten beteiligt. Ich habe an der Gründung der Kommunistischen Partei Kolumbiens (ML) und der Volksbefreiungsarmee (EPL) teilgenommen. Ich habe beständig für grundlegende soziale und politische Veränderungen in unserem Land gekämpft. Deshalb habe ich an den verschiedensten revolutionären Aktivitäten teilgenommen. Als Rebell habe ich mich immer im Gegensatz zu unserem gesellschaftlichen System und zu dem Staat, der es verteidigt, befunden. Viele Jahre lang wurde ich von den Unterdrückungsorganen des Staates wütend verfolgt. Mehrmals wurde mein Tod bekanntgegeben. Für meine Gefangennahme - tot oder lebendig - wurde in Wildwestmanier ein Kopfgeld ausgelobt. Ich bin jetzt seit zehn Jahren im Gefängnis. Zuerst war ich in einer Einrichtung der Artillerieschule der Armee, dann beim Batallion der Militärpolizei in Bogota und schließlich wurde ich in das Hochsicherheitsgefängnis in Itagüi-Antiochia gebracht. Nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches habe ich meine Strafe längst verbüßt. Wie auch immer, ich bin zu vierzig Jahren Gefängnis verurteilt. Aber hier wird deutlich, dass der Staat seine eigenen Gesetze bricht. Es wird auch deutlich, dass sich das Recht den Interessen des Kampfes zwischen denen, die den Status quo verteidigen und denen, die diesen radikal ändern wollen, unterordnet.

Kolumbien besitzt große Reichtümer, aber das Volk lebt im Elend. Welche Ursachen hat die Armut in Kolumbien?

In Kolumbien leben 44 Millionen Menschen; 67% von ihnen sind jünger als dreißig Jahre. Seine Fläche beträgt 1.338.000 km2. Es gibt große topographische und klimatische Unterschiede. Landwirtschaft und Viehhaltung sind die Grundlagen der Wirtschaft. Hauptexportprodukt ist Kaffee. In Kolumbien wird - verteilt auf alle Klimazonen - eine große Bandbreite von landwirtschaftlichen Produkten hergestellt. Es gibt günstige Bedingungen für die Ausweitung der Viehwirtschaft und des Fischereiwesens. Allerdings sind diese Bereiche zugunsten des Imports zurückgefahren worden. Es gibt große Öllagerstätten - Erdöl macht schon 30% des Exports aus. 40% der Steinkohlevorräte Lateinamerikas lagern in Kolumbien. Und es gibt Erdgas, Smaragde, Gold, Silber, Platin, Eisen, Nickel, Uran und Kobalt. Auf dem Territorium Kolumbiens existiert ein reiches biologisches Erbe. In der Industrie - 20% des Bruttonationalprodukts - werden u.a. Textilien, Lebensmittel und Chemieprodukte hergestellt. Es gibt auch eine metallurgische Industrie. Doch trotz dieser vielversprechenden Realität ist die überwältigende Mehrheit der Kolumbianer ins Elend geworfen und wird an den Rand der Gesellschaft gedrückt, während eine kleine Elite alle Privilegien und Vorteile genießt. Die Oligarchie, die eng mit dem großen übernationalen Kapital verbunden ist, ist verantwortlich für die meisten ernsten Probleme des Landes, für die Rückständigkeit und die Armut. Denn diejenigen, die die Macht haben, haben beständig die Diktate des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank erfüllt. Sie haben nämlich das neoliberale Modell und die "Öffnung der Wirtschaft" verfolgt und haben so die Produktion in der Landwirtschaft, der Viehwirtschaft und der Industrie verringert. Sie haben außerdem die Ausbeutung der Arbeitskraft und die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen auf Kosten der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter und Arbeiterinnen vorangetrieben.

Die Beherrschung durch den Imperialismus, die Fortschritte in der Konzentration und Zentralisation der Produktion und des Kapitals, die Verfolgung einer neoliberalen Politik und die Stärkung des Finanzsektors haben den Graben zwischen großen Teilen der Gesellschaft und einer kleinen Gruppe großer Kapitalisten immer breiter werden lassen. Es ist genau diese Gruppe, die am meisten für die Rückständigkeit, das Elend und die Gewalt verantwortlich ist, worunter die Mehrheit der Kolumbianer leidet.

Welche Veränderungen fordert eure Partei in Kolumbien?

Strategisches Ziel der Kommunistischen Partei Kolumbiens (Marxisten-Leninisten) ist die Verwirklichung einer demokratischen, antiimperialistischen Revolution, die sich auf den Sozialismus orientiert. Der Aufbau des Sozialismus wird als komplexe und langandauernde Aufgabe verstanden, die logischerweise grundlegende Veränderungen im politischen Bewußtsein, in der Beziehung der Kräfte, die sich einander gegenüber stehen, erfordert. Es ist auch nötig, dass größere Erfahrungen in den Klassenauseinandersetzungen gesammelt werden. Es ist notwendig, die Hindernisse zu beseitigen, die dem gesellschaftlichen Fortschritt, der Ausübung einer wirklichen Demokratie und der Verbesserung der Lebensbedingungen der bis jetzt ausgeschlossenen Mehrheit entgegenstehen.

In taktischer Hinsicht fordert die Partei:

  • Kampf für die Verteidigung der nationalen Souveränität; dazu beizutragen, die Einheit der Völker Lateiamerikas und den Internationalismus in der Arbeiterklasse zu stärken. Dies alles muss in Verbindung mit den Mobilisierungen gegen die Einmischung der Regierung der USA in die Angelegenheiten gesehen werden, die einzig und allein unser Volk etwas angehen.
  • Die Zurückweisung der neoliberalen Politik, und, natürlich, Kampf für die Verteidigung und Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterklasse.
  • Die Entwicklung von Aktionen für eine wirkliche Demokratie, für das Recht auf Leben, für Menschenwürde und Menschenrechte, gegen den Staatsterrorismus, die paramilitärischen Verbände und gegen alle Arten der Unterdrückung von Volkskämpfern.
  • Die Förderung der Einheit auf den unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen als unerläßliche Bedingung für die Durchführung der großen Umwälzungen, die Kolumbien braucht.
  • Alle politischen und sozialen Aktionen, die unsere Partei durchführt, sind darauf gerichtet, die Bedingungen zu schaffen, die mit dem - oben beschriebenen - Charakter der Revolution übereinstimmen.

Vor kurzem hat die Regierung von Uribe in einer Volksabstimmung eine große Niederlage erlitten. Warum hat das kolumbianische Volk Nein zu Uribe und zur Politik des Internationalen Währungsfonds gesagt?

Man muss sich daran erinnern, dass die großen Medien, die wichtigsten Wirtschaftsgruppen und einige politische und soziale Vereinigungen nach seinem Sieg in den Präsidentschaftswahlen von 2002 die Vorstellung verbreitet haben, dass die Kolumbianer einmütig die gesamte Politik des Präsidenten Alvaro Uribe unterstützen - und er selbst hat das wohl auch geglaubt. Aber die Mehrheit der Kolumbianer unterstützt weder die Gewalt, die der Staat zunehmend gegen das Volk ausübt noch die fortgesetzte Einmischung der Bush-Regierung in die inneren Angelegenheiten Kolumbiens und auch nicht die Unterordnung unter die Forderungen des Internationalen Währungsfonds. Das kolumbianische Volk weist die Politik des Hungers und der Unterdrückung durch die gegenwärtige Regierung zurück. Das erklärt, warum Präsident Uribe - nach nur vierzehn Monaten im Amt - einen Misserfolg nach dem anderen erlitten hat, einschließlich der Zurückweisung des Referendums. Die Militarisierung aller nationalen Verhältnisse und die Politik der "Sicherung der Demokratie" haben allen möglichen Formen der Willkür freien Raum gegeben. Präsident Uribe hat in wichtigen Fragen Bankrott erlitten: es gelang ihm nicht, eine pro-Uribe Partei zu organisieren und er erhielt keine Unterstützung für seinen Vorschlag einer Änderung der Wiederwahlmöglichkeit des Präsidenten. Mit diesem Vorschlag wollte er seine Amtszeit verlängern. Er hat die einmütige Unterstützung der großen Medien verloren. Er hat es nicht geschafft, durch politische Manöver die Referendum-Idee wiederzubeleben. Der Spezialvertrag über den Schutz kolumbianischer Immigranten in den USA konnte nicht in Kraft gesetzt werden. Als Folge all dieser Ereignisse ist die Unzufriedenheit mit und die Kritik an der Politik Uribes gewachsen. Das eröffnet dem Kampf des Volkes enorme Möglichkeiten. Vor allem auch dann, wenn man bedenkt, dass in diesem Jahr neue Maßnahmen angekündigt sind, die große Teile der Bevölkerung betreffen.

Was ist der "Plan Kolumbien"? Und was ist die "Regional-Initiative Anden"?

Der "Plan Kolumbien" ist Teil der Strategie der USA ihre Herrschaft auf dem amerikanischen Kontinent zu verstärken. Diese imperialistische Politik hat ihre Vorläufer in der Strategie des "Kalten Krieges" und in der Doktrin der "nationalen Sicherheit". Bestimmende Faktoren der lateinamerikanischen Realität, insbesondere der Realität in Kolumbien, das wegen seiner geographischen Lage wichtig ist, wurden dadurch beeinflusst. Präsident Andres Pastrana hat den "Plan Kolumbien" im Dezember 1998 unter dem Deckmantel "Veränderung um den Frieden zu schaffen" vorgestellt. Mit dieser Losung sollten die wahren Absichten des Plans vertuscht werden. Anfangs wurde - jedenfalls formal - das Schwergewicht auf den Kampf gegen den Drogentransport gelegt. Aber schon ein Jahr später wurde der militärische Inhalt des Plans klar: die Rechtfertigung der Neustrukturierung, Verstärkung und Modernisierung des Militärs. In Zusammenhang damit wurde die Zahl der in Kolumbien stationierten Truppen verstärkt. Nachrichtendienste, Pioniereinheiten und Elitetruppen des Pentagon operieren auf dem Gebiet Kolumbiens. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihr Flugverbot verstärkt und Radareinrichtungen in verschiedenen Gegenden des Landes aufgebaut. Alle diese Aktivitäten wurden nach dem 11. September unter dem Deckmantel des von Herrn Bush so genannten Kampfes gegen den Terrorismus erheblich ausgebaut.

Neben der militärischen Komponete - und das ist die Hauptkomponente - hat der "Plan Kolumbien" auch noch andere Bestandteile: in wirtschaftlicher Hinsicht ist er auf die Interessen der wichtigen Ölkonzerne der USA und Großbritanniens ausgerichtet, nämlich auf ihr Bestreben, ihre Hand auf die Energievorräte des Landes zu legen. Diese Konzerne haben sich an der Abfassung der Dokumente beteiligt, haben große Investitionen getätigt, um die Ressourcen durch Abkommen mit den paramilitärischen Gruppen zu schützen. Auf der politischen Ebene sind Unterdrückungsmaßnahmen ins Werk gesetzt worden, die sich gegen die Kräfte richten, die in Opposition zur Regierung stehen oder gegen die Regierung kämpfen. Vor kurzem hat der Kongress ein Gesetz gegen den Terrorismus verabschiedet, das ohne Zweifel zu verstärkten Willkürakten gegen die Bevölkerung führen wird. Heute ist die Bilanz negativ und insgesamt gesehen sind das alles gefährliche Entwicklungen nicht nur für Kolumbien, sondern auch für die gesamte Region.

Es ist offensichtlich, dass die USA und die übernationalen Konzerne ihre Anstrengungen verstärkt haben, die Ressourcen der Region zu kontrollieren und zwar nicht nur in Zusammenhang mit der Ausbeutung der Erdölvorräte. Genannt seien hier beispielhaft der Plan, einen Korridor zwischen den Ozeanen, zwischen Tumaco, Manaos und Belem do Para einzurichten; der Plan, einen Kanal zwischen den Ozeanen, zwischen Atranto und Truando zu graben; der Plan, den Amazonas zu kontrollieren. Ihr Hauptinteresse gilt der Kontrolle der Amazonasregion, die lebenswichtig für die Zukunft der Menschheit ist. Dort werden 40% des Sauerstoffbedarfs der Erde produziert, dort gibt es die größte Bandbreite an biologischen Ressourcen. Außerdem ist die Amazonasregion eine riesige Frischwasserquelle. Aber vor allem müssen die außerordentlichen Ölvorkommen in der Region betrachtet werden. Denn das Öl ist untrennbar mit den Kriegen verbunden, die die USA führen.

Die "Regional-Initiative Anden" ist die zweite Stufe des "Plans Kolumbien". Ursprünglich wurde sie als Strategie für Kolumbien vorgestellt, aber nach und nach werden ihre wirklichen Dimensionen präsentiert. Bis zu einem gewissen Grad zeigen sich damit die Wirklichkeit und die Ziele der Regierung der Vereinigten Staaten. Was unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Drogentransporte begann, wird immer mehr zu einem Kampf gegen die Völker und gegen alle, die in diesen Ländern gegen die Einmischung und Herrschaft der USA opponieren. Präsident Bush nutzt jeden Vorwand für Aggressionen und Krieg aus. In Zusammenhang mit der militärischen Komponente des "Plans Kolumbien" muss man sich daran erinnern, dass Präsident Uribe, als treuer Agent der Regierung der Vereinigten Staaten, die Politik Bushs rechtfertigt und unterstützt. Er hat nämlich gesagt, dass Kolumbiens Problem für alle Demokratien des Kontinents eine Gefahr ist und dass die kolumbianischen Gruppen, die auf Gewalt setzen, ein destabilisierendes Potential für alle Demokratien der Region sind.

Für uns ist das ein Warnsignal, dass das Pentagon plant, den Militärstützpunkt in Alcantara im Nordosten Brasiliens in ein Zentrum militärischer Operationen der Vereinigten Staaten zu verwandeln. Die Stationierung von US-Truppen in der Militärbasis Manta in Ekuador, die Verstärkung der Kontrollpunkte zu Lande, in der Luft und auf See in der Region, die Absicht des "Oberkommandos Süd" (SOUTHCOM), die an Kolumbien angrenzenden Staaten in seinen Plan einzubeziehen, einen "Krieg gegen die Aufrührer" zu führen - all das verletzt die nationale Souveränität und das Recht der Völker auf Selbstbestimmung.

Auf die Politik, die die Regierung der Vereinigten Staaten in Lateinamerika betreibt, müssen wir vor allem damit antworten, dass wir die Kräfte und die Kämpfe der Völker Lateinamerikas vereinigen, die für Souveränität, wirkliche Demokratie und Menschenwürde kämpfen.

Die E.P.L. (Volksbefreiungsarmee), E.L.N. (Armee der Nationalen Befreiung) und die F.A.R.C. (Revolutionäre Bewaffnete Kräfte Kolumbiens) sind die wichtigsten Guerrilla-Kräfte in Kolumbien. Können diese Kräfte um ein gemeinsames Programm vereinigt werden?

Ich glaube, das ist nicht nur möglich, es ist unerlässlich. Es ist notwendig für die Entwicklung der revolutionären Bewegung. Nur die Einheit wird den Kräften, die für revolutionäre Veränderungen in unserem Land, für eine bessere Zukunft für die Kolumbianer kämpfen, größere Stärke verleihen. Ich bin davon überzeugt, dass alle Organisationen den Wunsch haben, Fortschritte auf dem Weg zur Einheit zu machen, denn wir stehen denselben Feinden gegenüber und wir haben gemeinsame strategische Ziele, lassen uns in der Hauptsache von denselben Idealen leiten. Aber wir müssen auch sehen, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit ein Unterschied ist. Das ist die Wahrheit.

Wie kannst du für die Freiheit kämpfen, wo du doch ein Gefangener bist, verurteilt zu vierzig Jahren Haft?

Man kann - in größerem oder kleinerem Umfang - immer für die Freiheit kämpfen, wie groß auch die Schwierigkeiten sein mögen, denen man gegenübersteht. Die Hauptsache ist, den Willen zu haben, das zu tun. Die Strafe, die der kolumbianische Staat gegen mich verhängt hat, ist Ausdruck seiner Rache. Dafür hat der Staat in meinem Fall seine eigenen Gesetze verletzt. In meinem Fall handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern um eine politische Angelegenheit. Die Richter haben das so verstanden. Von dem Augenblick an, als sie es ablehnten, mich dieser Farce zu unterwerfen, als ich die Unmoral des Staates angeklagte und erklärte, dass die Gerichte nicht dafür zuständig sind, über mein Verhalten und meine revolutionäre Aktivitäten zu urteilen, war das klar. Ich habe das verstanden und das hat mir geholfen, der Situation die Stirn zu bieten. Ich habe es gelernt, in Übereinstimmung mit den Bedingungen, denen ich unterworfen bin, zu handeln. Mein Hauptinteresse war es, politisch und als Revolutionär nicht im Abseits zu stehen. Das erfordert ständige Anstrengungen, um die zahlreichen und ständigen Hindernisse zu überwinden. Ich bin mir darüber im klaren, dass der Kampf für meine Freiheit verbunden ist mit dem Kampf, den so viele Männer und Frauen außerhalb dieser Gefängnismauern für ihre wirkliche Freiheit führen.

Im November gedenken wir des 86. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution. Ist deiner Meinung nach der Sozialismus die Zukunft der Menschheit?

"A Verdade" hat mir die Gelegenheit gegeben, mich auf zwei Aspekte dieser Frage zu beziehen.

  1. Die Katastrophe, die in der Sowjetunion stattgefunden hat, ist eine wichtige historische Tatsache. Einige Theoretiker und Historiker haben in diesem Zusammenhang enthusiastisch das "Ende der Geschichte" - nämlich den endgültigen Sieg des kapitalistischen Systems über den Sozialismus - verkündet. Was wir aber wirklich gesehen haben, ist der totale Bankrott eines Gesellschaftsmodells und eines Staates, dessen Verfall vorhersehbar war, der schon lange nichts mehr mit dem Sozialismus zu tun hatte. Schon seit den sechziger Jahren - als sich neue marxistisch-leninistische Organisationen zu bilden begannen und als die Spaltung in der kommunistischen Weltbewegung offenkundig wurde - sind die Abweichungen der sowjetischen Führer gebrandmarkt worden. In dieser Zeit ist auch der unumkehrbare Degenerationsprozess des sogenannten sowjetischen Modells, so wie er dann tatsächlich auch passiert ist, beschrieben worden. Der Weg zum Niedergang des sozialistischen Systems und des sowjetischen Staates wurde von dem Moment an eingeschlagen als das Ende der Widersprüche und des Klassenkampfes verkündet wurde; als der "Staat des ganzen Volkes" errichtet wurde; als die liberale Demokratie bekräftigt wurde, die die wirkliche Demokratie mit der Beteiligung der Arbeiter erstickte; als eine Führungsclique die Macht im Staat auf dem Rücken des Volkes die Macht an sich riss; als die kommunistische Bewegung, im Widerspruch zum proletarischen Internationalismus, bestraft und beschimpft wurde. Was dann geschah war nur die logische Fortsetzung. Und das geschah nicht von einem Augenblick zum anderen, sondern über einen längeren Zeitraum. Die heutige Wirklichkeit zeigt die tiefe Krise des kapitalistischen Systems, nämlich die Zuspitzung der wirtschaftlichen Lage und damit verbunden die Verschlechterung der Lage der "Entwicklungsländer", nämlich die Vertiefung der sozialen Probleme, die Zunahme des Hungers, der Arbeitslosigkeit, der Marginalisierung usw., nämlich die Ausweitung von Kriegen und bewaffneten Konflikten in verschiedenen Regionen der Welt.
  2. Als wissenschaftliche Theorie behält die marxistisch-leninistische Theorie ihre Gültigkeit, auch wenn einige versucht haben und versuchen, das zu leugnen oder diese Theorie zu verfälschen, was auf dasselbe rauskommt. Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass der Marxismus die revolutionären Aktionen, die die Gesellschaft umwälzen, leiten muss. Damit meine ich, dass der Marxismus als Leitlinie, als Referenz für unser Handeln dient. Ich meine damit nicht, dass er formelhaft oder als Rezept benutzt werden sollte.Ich bin davon überzeugt, dass der Sozialismus eine zutreffende Perspektive für die revolutionären Veränderungen der Gesellschaft gibt. Der Sozialismus ist die Zukunft der Menschheit, daran gibt es keinen Zweifel.

Aus "A Verdade", Zeitung der Revolutionären Kommunistischen Partei Brasiliens, Februar 2004.
Aus dem Englischen von der Redaktion des Roten Morgen übersetzt
Quelle: www.kpd-online.info
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung ® Verlag Roter Morgen, Postfach 900 753, 60447 Frankfurt/M.

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Letzte Änderung: 2004-08-09